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pauli 15.06.07 23:12

Rotierende Scheibe
 
Angenommen wir haben eine ultraleichte und ultrafeste dünne Scheibe von 3km Umfang (d=954,93m), sie dreht sich im Vakuum, fast reibungsfrei gelagert. Ein gewaltiger Motor mit der Energie ganzer Kraftwerke versetzt die Scheibe in Rotation.

U/sec - Geschwindigkeit/s Scheibenmitte - Geschwindigkeit/s Scheibenrand
1 / 1,5km / 3km
100 / 150km / 300km
1.000 = 1.500km / 3.000km
10.000 / 15.000km / 30.000km
100.000 / 150.000km / 300.000km = c

Sicher ist auch für einen rotierenden Scheibenrand c nicht erreichbar, aber wie wirkt sich hier die SRT aus? Wie kann man sich hier die Situation mit der Zeitdilatation oder gar Längenkontraktion vorstellen, insbesondere wenn Scheibenmitte und Scheibenrand verglichen werden?
Oder ist eine Rotation keine Relativbewegung und SRT nicht anwendbar?

danke!

rene 16.06.07 00:01

AW: Rotierende Scheibe
 
Hi pauli

Der Radius der Scheibe (im Laborsystem), verändert sich bei der Beschleunigung nicht. Aber der Umfang U unterliegt der Lorentz-Kontraktion. Dieser scheinbare Widerspruch zeigt nur, dass starre Körper im allgemeinem nicht kompatibel zur Relativitätstheorie sind. In einem perfekt starren Körper wäre die Schallgeschwindigkeit unendlich.

Ein gradlinig und mit konstanter Geschwindigkeit bewegter Körper ist im Ruhesystem in Bewegungsrichtung kontrahiert, während im System des Körpers die invariante Eigenlänge unverändert ist. Übertragen wir das auf eine rotierende Scheibe mit konstanter Drehzahl, führt dies zum kontrahierten Umfang bei gleichbleibendem Radius der Scheibe, was die Zugspannungen und Materialverformungen erklärt.

Die Zentrifugalkräfte werden sich zwar schon weit unterhalb relativistischer Umfangsgeschwindigkeiten bemerkar machen und die Scheibe zerreissen; aber lassen wir das mal weg.

Das Paradoxon der rotierenden Scheibe ist die konsequente Anwendung der am Scheibenrand maximalen Umfangsgeschwindigkeit in einem System mit insgesamt nicht konstanten Umfangsgeschwindigkeiten. Also konstant in Bezug auf eine bestimmte radiale Entfernung, aber nicht konstant innerhalb des ganzen Bereichs des Scheibenradius!

Ein mitrotierender Beobachter am Punkt r=r'=0 hat keine Relativgeschwindigkeit zu einem anderen Punkt auf der Scheibe; ein Beobachter auf r' hat eine von diesem Abstand abhängige Umfangsgeschwindigkeit zum Laborsystem, so dass für jeden radialen Punkt von 0 bis r' ein verschiedenes Koordinatensystem zu verwenden ist. Obwohl zwischen zwei verschiedenen radialen Abständen keine Relativbewegung auf der rotierenden Scheibe vorhanden ist, muss jeder Punkt darauf einem anderen nicht-inertialen System zugeordnet werden, was zur nicht-euklidischen Geometrie der rotierenden Scheibe führt und somit ihre Kontraktion abhängig von r' - trotz fehlender Relativbewegung im Scheibensystem – auch dort widerspruchsfrei erklärt.
Die Physik der Ereignisse darf sich ja durch die Auswahl der Bezugssysteme (Beobachterrolle) nicht verändern!

Grüsse, rene

pauli 17.06.07 15:33

AW: Rotierende Scheibe
 
hab Dank für die Erklärung, rene, auch wenn ich mich mit dem Verstehen noch etwas schwer tue, aber das wird schon noch :)


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