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Timm 28.03.19 17:16

Thermal Interpretation
 
https://www.mat.univie.ac.at/~neum/ms/foundII.pdf

Zitat:

Abstract. This paper presents the thermal interpretation of quantum physics. The insight from Part I [36] of this series that Born’s rule has its limitations – hence cannot be the foundation of quantum physics – opens the way for an alternative interpretation – the thermal interpretation of quantum physics. It gives new foundations that connect quantum physics (including quantum mechanics, statistical mechanics, quantum field theory and their applications) to experiment.
The thermal interpretation resolves the problems of the foundations of quantum physics revealed in the critique from Part I [36] of this series. It improves the traditional foundations in several respects:

• The thermal interpretation reflects the actual practice of quantum physics, especially regarding its macroscopic implications.

• The thermal interpretation gives a fair account of the interpretational differences between quantum mechanics and quantum field theory.

• The thermal interpretation gives a natural, realistic meaning to the standard formalism of quantum mechanics and quantum field theory in a single world, without introducing additional hidden variables.

• The thermal interpretation is independent of the measurement problem. The latter becomes a precise problem in statistical mechanics rather than a fuzzy and problematic notion in the foundations. Details will be discussed in Part III [37].
Die "thermal interpretation" wird hier heiß diskutiert. Handelt es sich um eine eigenständige oder bei genauerer Betrachtung um eine verkappte statistische Interpretation (was aber eher eine Einzelmeinung zu sein scheint)?
Wie ist diese Behauptung "The thermal interpretation is independent of the measurement problem" wohl zu deuten? Sie klingt für mich vermessen, sofern sie die Lösung des Messproblems bedeutet. Man könnte die räumliche Nähe von Neumeier zu Zeilinger in Betracht ziehen (beide Wien), für den - wie schon des öfteren hier diskutiert - die Kollaps Problematik a priori gar nicht erst existiert.

TomS 28.03.19 20:32

AW: Thermal Interpretation
 
Der Kollaps ist immer dann kein Problem, wenn man den Anspruch aufgibt, dass die Gleichungen eine externe Realität beschreiben.

Timm 29.03.19 09:29

AW: Thermal Interpretation
 
#281
Zitat:

The Thermal Interpretation isn't identifying Jμ(x) with the observed quantity, it's saying that it is an actual property of the system.

The whole notion of statistics in the TI arises because, as mentioned in my summary, the observed quantities don't accurately reflect this underlying ontic quantity.
:)

#280 A. Neumaier
Zitat:

The measurement result is primarily a property of the detector, and is computable - up to measurement errors - from the state of the detector (e,g., from the position
⟨q⟩ of the center of mass q of the pointer).

TomS 30.03.19 08:53

AW: Thermal Interpretation
 
Ich habe das schon mehrfach versucht zu verstehen.

Für mich ist diese Darstellung nicht wirklich geschlossen. Ich habe immer nur viele Worte gesehen, was anders ist, welche anderen Begriffe man verwenden müsste usw. Ich vermisse eine präzise Formulierung im Sinne einiger Axiome oder Posulate.

DarMM in #268 leistet das nicht. Hendrik (van Hees) identifiziert recht umsichtig die Schwächen diverser Interpretationen, er selbst bezieht sich gerne - wie viele Physiker - auf eine pragmatische Sammlung von Regeln, ohne dass daraus eine konsistente Darstellung resultiert.

Ich sehe ein wesentliches Problem in der Sprache:

Zitat:

Q-Expectations and Q-correlators are physical properties of quantum systems, not predicted averages.
Das erklärt nicht den Charakter der fundamentalen Größen, und es erklärt nicht das Verhältnis der mathematischen Beschreibung zu einem einzelnen Quantensystem. Ich halte das ganze für eine Variante der Ensemble-Interpretation, die mich wenig interessiert, weil sie über das einzelne System nichts aussagt.

Ich finde auch keine klare Aussage zum Kollaps. Ich habe immer den Eindruck, Ensemble-Interpretationen mogeln sich ein bisschen darum herum.

Timm 11.05.19 10:19

AW: Thermal Interpretation
 
Die Thermische Interpretation wird weiterhin in verschiedenen Threads heiß diskutiert, etwa hier.

Eine Widerlegung scheint nicht in Sicht. Ist es richtig, daß eine Widerlegung die Verletzung des Formalismus an irgendeiner Stelle aufzeigen müßte? Wenn das nicht der Fall ist, mag sie einem gefallen oder nicht.

Interessant ist eben der Anspruch der TI:

Wahrung der Unitarität, kein Kollaps der WF und dennoch nur eine Welt!

Soweit ich sie verstanden habe, ist der Meßwert (hier genannt q-expectation, was genau ist das?) nicht 0 oder 1, sondern 1/2 und damit lediglich eine untere Grenze für die Genauigkeit der Messung. Es sind zufällige Fluktuationen im Detektors, die über den Zeigerausschlag entscheiden.

TomS 11.05.19 11:40

AW: Thermal Interpretation
 
Ich halte das weiterhin für extern unklar.

Neumaier vermeidet konsequent die Diskussion isolierter mikroskopischer Systeme - das tut die Ensemble-Interpretation auch - und er schreibt q-expectation values eine physikalische Realität zu. Das funktioniert mit einem rein epistemischen Realitätsbegriff, scheitert jedoch, sobald ich nach der Natur eines einzelnen, vollständig isolierten Systems ohne bzw. vor einer Messung frage.

Meiner Meinung nach löst die thermische Interpretation dieses ontische Problem nicht, sie ignoriert es bzw. sie „definiert es weg“. Ob sie darin „besser“ ist als vergleichbare Interpretationen interessiert mich nicht wirklich.

https://www.mat.univie.ac.at/~neum/physfaq/cei
https://www.mat.univie.ac.at/~neum/p.../QMSingle.html

https://www.physicsforums.com/thread...-wrong.970038/
https://www.physicsforums.com/thread...tation.971699/

In beiden Threads sehe ich starke Argumente gegen Neumaier; er zaubert mir zu viel aus dem Hut.

Timm 11.05.19 13:11

AW: Thermal Interpretation
 
Wie PeterDonis mehrfach aufzeigt, beruhen vielfach Kritiken auf Aussagen, die auf Interpretationen beruhen. Mein Eindruck ist eher, daß eine strikte Widerlegung bisher nicht gelungen ist.

TomS 11.05.19 15:41

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 91456)
Wie PeterDonis mehrfach aufzeigt, beruhen vielfach Kritiken auf Aussagen, die auf Interpretationen beruhen.

Neumaier gelingt m.E. trotzdem keine treffsichere Darstellung. Der implizit vorhandene philosophisch Unterbau bleibt schwammig.

Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 91456)
Mein Eindruck ist eher, daß eine strikte Widerlegung bisher nicht gelungen ist.

Das würde ich auch nicht erwarten. Die Fomulierung ist noch zu unklar, um explizit falsch zu sein.

TomS 11.05.19 16:38

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

I found a very simple way to present the basics: Instead of interpreting expectations as a concept meaningful only for frequent repetition under similar conditions, I interpret it for a single system in the following way, consistent with the practice of thermal statistical mechanics, with the Ehrenfest theorem in quantum mechanics, and with the obvious need to ascribe to particles created in the lab an approximate position even though it is not in a position eigenstate (which doesn't exist).

The basic thermal interpretation rule says:

Upon measuring a Hermitian operator A the measured result will be approximately ⟨A⟩ with an uncertainty at least of the order of σA. Compared to the Born rule (which follows in special cases), this completely changes the ontology: The interpretation applies now to a single system, has a good classical limit for macroscopic observables, and obviates the quantum-classical Heisenberg cut. Thus the main problems in the interpretation of quantum mechanics are neatly resolved without the need to introduce a more fundamental classical description.
Zitiert von https://www.physicsoverflow.org/2461...ntum-mechanics

Damit wird doch klar, dass Neumaier das System an sich gar nicht betrachtet.

Timm 11.05.19 16:45

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 91458)
Neumaier gelingt m.E. trotzdem keine treffsichere Darstellung. Der implizit vorhandene philosophisch Unterbau bleibt schwammig.


Das würde ich auch nicht erwarten. Die Fomulierung ist noch zu unklar, um explizit falsch zu sein.

Das kannst du besser beurteilen.

Was ist denn mit “q-expectation” gemeint. Das und wie man’s definiert scheint eine entscheidende Rolle zu spielen. Es macht schließlich einen Unterschied, ob man darunter den Wert 1/2 oder den Zeigerauschlag 1 bzw. -1 versteht, s.o.
Wenn ich es richtig verstanden habe ist “q-expectation” zu unterscheiden von Eigenzustand.

Timm 25.10.19 13:59

AW: Thermal Interpretation
 
https://www.degruyter.com/view/product/537801

The thermal interpretation featured in this book succeeds without any change in the theory. It involves one radical step, the reinterpretation of an assumption that was virtually never questioned before - the traditional eigenvalue link between theory and observation is replaced by a q-expectation link: Objective properties are given by q-expectations of products of quantum fields and what is computable from these. Averaging over macroscopic spacetime regions produces macroscopic quantities with negligible uncertainty, and leads to classical physics.

Hawkwind 26.10.19 08:27

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 92361)
https://www.degruyter.com/view/product/537801

... - the traditional eigenvalue link between theory and observation is replaced by a q-expectation link: ...

"q-expectation link" sollte einem als Physiker also was sagen?
Nie gehört ... kommt mir vor.

Timm 26.10.19 08:56

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 92362)
"q-expectation link" sollte einem als Physiker also was sagen?
Nie gehört ... kommt mir vor.

Die TI wurde hier länglich diskutiert. Auf der 1. Seite findet man q-expectation mittels Strg+F 24 mal. Die Erläuterungen sagen dir bestimmt mehr als mir.

Die erste:

But the formalism of the thermal interpretation is completely deterministic, with a conservative dynamics for the collection of all q-expectations. It produces statistical results only in its coarse-grained approximations where the dynamics is (as in all practical applications) reduced to a collection of relevant q-expectations.

link aus #1 dieser Diskussion:

https://www.mat.univie.ac.at/~neum/ms/foundII.pdf


• The thermal interpretation reflects the actual practice of quantum physics, especially
regarding its macroscopic implications.
• The thermal interpretation gives a fair account of the interpretational differences between
quantum mechanics and quantum field theory.
• The thermal interpretation gives a natural, realistic meaning to the standard formalism
of quantum mechanics and quantum field theory in a single world, without introducing
additional hidden variables.
• The thermal interpretation is independent of the measurement problem. The latter
becomes a precise problem in statistical mechanics rather than a fuzzy and problematic
notion in the foundations. Details will be discussed in Part III.

TomS 26.10.19 10:40

AW: Thermal Interpretation
 
Vorweg: ich habe nie längere Fachartikel von Arnold Neumaier gelesen.

Mir kommt seine Behauptung, die Thermal Interpretation wäre realistisch, philosophisch sehr extravagant vor. Nach meinen Verständnis setzt er alle berechenbaren und messbaren Größen als realistisch bzw. ontisch an, nicht jedoch die fundamentalen mathematischen Objekte. Er bewegt sich eher auf der epistemischen Ebene der Ensemble-Interpretation, und löst m.E. das Messproblem auf Ebene des Zustandes eines einzelnen Quantensystems nicht; er diskutiert es nur anders weg - siehe z.B. hier:

https://www.physicsoverflow.org/2461...ntum-mechanics

D.h. natürlich ist das eine diskutierbare, jedoch keine ontische Interpretation. Der Begriff realistisch wird von Physikern ohnehin schwammig verwendet. Ich habe aber auch nicht den Eindruck, dass Arnold Neumaier an derartigen Fragen Interesse hat.

Timm 26.10.19 13:24

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 92364)
Er bewegt sich eher auf der epistemischen Ebene der Ensemble-Interpretation, und löst m.E. das Messproblem auf Ebene des Zustandes eines einzelnen Quantensystems nicht; er diskutiert es nur anders weg - siehe z.B. hier:

https://www.physicsoverflow.org/2461...ntum-mechanics

Könnte sein, da schreibt er Ende 2014

The main novelty in the thermodynamic interpretation is to regard that what is usually called an ensemble mean as in fact being an observable value. Thus quantum mechanics is at the same time a classical and a quantum theory; the natural hidden variables are Wigner-type multi-correlation functions.

Und in#44 (2019) des oben genannten links

Then I prove that under certain other circumstances and especially for ideal binary measurements (rather than assume that always, or at least under unstated conditions), Born's interpretation of the formal Born rule as a statistical ensemble mean is valid. Thus I recover the probabilistic interpretation in the cases where it is essential, and only there, without having assumed it anywhere.

Das scheint mir ein hoher Anspruch zu sein. Dabei sind mit "Ensemble" nicht wiederholte Messungen gemeint, wie ich zunächst dachte:

Neumaier:

What you call the minimal statistical or standard probabilistic interpretations uses this representation for defining irreducible probabilities of measurement in an ensemble of repeated observations, and thus introduces an ill-defined notion of measurement (and hence the measurement problem - though you close your eyes to it) into the very basis of quantum mechanics.

Ich habe da gelegentlich quer gelesen. Dabei blieb unklar, wie er das Messproblem löst. Eine Rolle spielen hier thermische Fluktuationen im Detektor (vermutlich daher Thermal Interpretation), die letztlich zu einem definitiven Zeigerausschlag führen. Möglicherweise schafft das aus seiner Sicht den Kollaps aus der Welt, keine Ahnung.

Hawkwind 27.10.19 07:46

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 92364)
Vorweg: ich habe nie längere Fachartikel von Arnold Neumaier gelesen.
...

BTW, ich "kenne" ihn von Diskussionen vor "Urzeiten" in den alten Foren de.sci.physik(?); er ist eigentlich mehr Mathematiker als Physiker:
https://www.mat.univie.ac.at/~neum/

TomS 27.10.19 08:20

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 92366)
er ist eigentlich mehr Mathematiker als Physiker:
https://www.mat.univie.ac.at/~neum/

Weiß ich ... aber kennst du ihn auch bzgl. seiner Interpretation der Quantenmechanik / Quantenfeldtheorie? Ich habe den Eindruck, dass er das eigentliche Problem nicht löst sondern ignoriert.

Hawkwind 29.10.19 07:44

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 92367)
Weiß ich ... aber kennst du ihn auch bzgl. seiner Interpretation der Quantenmechanik / Quantenfeldtheorie? Ich habe den Eindruck, dass er das eigentliche Problem nicht löst sondern ignoriert.

Nein, seiner thermischen Interpretation kann ich auf Anhieb nicht folgen. Habe keine Meinung dazu.

Jakito 04.07.21 15:07

AW: Thermal Interpretation
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 91073)
Ich sehe ein wesentliches Problem in der Sprache:

Zitat:

Q-Expectations and Q-correlators are physical properties of quantum systems, not predicted averages.
Das erklärt nicht den Charakter der fundamentalen Größen,

Die Q-Expectations sind zunächst mal schlicht die formalen Erwartungswerte der QM selbst, wie sie im Ehrenfest-Theorem vorkommen. Aus der Gesamtheit dieser formalen Erwartungswerte lässt sich die Dichtematrix rekonstruieren, d.h. der Quantenzustand. Somit scheint die Thermal Interpretation eine Everett-artige Interpretation zu sein. Nun merkt man aber bei der Lektüre von Neumaier schnell, das er Kopenhagen und Ensemble-Interpretationen nahesteht. Er versucht Bohm- und Viele-Welten Interpretationen nach Möglichkeit erst gar nicht zu erwähnen. Ausserdem interpretiert die Thermal Interpretation auch die Quantenfeldtheorie, und in diesem Kontext wird es schwieriger, Q-Expectations and Q-correlators zu definieren und zu interpretieren. (s.u.)

Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 91073)
und es erklärt nicht das Verhältnis der mathematischen Beschreibung zu einem einzelnen Quantensystem. Ich halte das ganze für eine Variante der Ensemble-Interpretation, die mich wenig interessiert, weil sie über das einzelne System nichts aussagt.

Ich finde auch keine klare Aussage zum Kollaps. Ich habe immer den Eindruck, Ensemble-Interpretationen mogeln sich ein bisschen darum herum.

Es gibt, bzw. gab (bereits 2007) eine klare Aussage zum Kollaps, unter "S33. Was wird aus dem Superpositionsprinzip?" schrieb Neumaier:

Zitat:

Man kann nämlich nicht ganze Universen superponieren. Jedenfalls wüsste ich nicht, wie das präpariert werden soll. Es gibt in der Thermischen Interpretation nur _einen_ Zustand, den des gesamten Universums. Alles andere sind Derivate.

Das Superpositionsprinzip gilt nur für Systeme, die so klein sind, dass man sie innerhalb dieses Universums in praktisch beliebiger Anzahl herstellen und manipulieren kann. Makroskopische Systeme gehören definitiv nicht mehr dazu!

Diese Einschränkung bringt Wigners klassisches Argument zu Fall, das die Unvereinbarkeit von uneingeschränkter Unitarität, dem uneingeschränkten Superpositionsprinzip und dem Kollaps des Zustands bei einer Messung beweist.
Das ist harter Tobak. In Bezug auf verschiedene Unmöglichkeitstheoreme muss man dies wohl als das Superdeterminismus Schlupfloch bezeichnen. In späteren Darstellungen scheint Neumaier dies dann ein wenig wegpoliert zu haben. Zumindest war dies mein Eindruck, den ich auch in meinem Review zum Ausdruck gebracht habe. Die Verbindung zum Superdeterminismus ist auch auf PhysicsForums angesprochen worden. Dabei wurde klar, dass Neumaier seine Interpretation nicht als superdeterministisch ansieht.

Einerseits ist Superdeterminismus natürlich super negativ besetzt, so dass es kaum verwundern kann, dass Neumaier diese Assoziation vermeiden will. Andererseits ist es aber tatsächlich so, dass die Situation in Bezug auf die Interpretation der Quantenfeldtheorie noch ein wenig komplizierter ist. Zunächst mal ist gar nicht klar, ob es in diesem Zusammenhang zulässig oder sinnvoll ist, beliebige Q-correlators als Teil des Zustands (bzw. physical properties) zu betrachten. Vor einiger Zeit äusserte ich die Vermutung, dass nur raumartige Korrelationen zulässig sein sollten:
Zitat:

Examples of such questions for the thermal interpretation would be whether spacelike or timelike quantum correlations are observable, not just by fiat but also within the interpretation/QM theory itself by a suitably modeled measurement setup. My guess is that only spacelike quantum correlations are observable in that sense.
Diese Einschränkung war wohl ein wenig zu stark, angemessener wäre wohl die Vermutung, dass der (Anti-)Kommutator der korrelierten Größen quasi verschwinden sollte. Diese Überlegungen zeigen jedoch, dass ein zeitlicher Anfangszustand dem Zustand des Universums im Sinne der Thermal Interpretation nicht angemessen ist. Stattdessen müsste man wohl eher den aktuellen Zustand betrachten, und zwar aktuell sowohl in Bezug auf die Zeit als auch auf den Ort. Dies wäre in unserer Umgebung vermutlich ein überwiegend thermischer Zustand. Damit wäre das Problem superdeterministischer Interpretationen, keine saubere wissenschaftliche Vorhersagekraft zu haben, weitestgehend entschärft. (Aber eben nur weitestgehend, in Bezug auf Kosmologie ist man trotzdem kaum weiter als mit Kopenhagen.) Insofern war es etwas unglücklich, dass ich damals ein (bei Jan-Markus Schwindt gefundenes) kosmologisches Beispiel verwendet habe, um Gedankengänge im Umfeld des Superdeterminismus akzeptabler erscheinen zu lassen.


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