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-   -   Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=3822)

rudiraspel 11.09.20 09:17

Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Hallo,
beim Doppelspaltversuch führt ein Messvorgang zum Kollaps der Wellenfunktion und des Interferenzmusters. Da jede Wechselwirkung der Photonen, z.B. mit Luftmolekülen, einem Messvorgang entspricht, stelle ich es mir schwierig vor, einen Versuch aufzubauen ohne diese Wechselwirkungen. Ein Hochvakuum würde ich mindestens vorraussetzen.
Mein Nachbau des Experimentes mit Laser, Doppelspalt und Schirm unter Atmosphäre zeigt jedoch, meiner Meinung nach, ein Interferenzmuster.

https://1drv.ms/u/s!Ash7C9PuoihxvBBU...380bt?e=JfYP7R

Wie ist dies zu erklären?

Gruß
Rudi

Joachim 11.09.20 14:15

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Das liegt daran, dass Luft für sichtbares Licht transparent ist. Das Licht wird kaum abgeschwächt, es findet kaum Wechselwirkung mit der Luft statt, die meisten Photonen werden nicht von Luftmolekülen beeinflusst.

TomS 13.09.20 09:36

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von rudiraspel (Beitrag 93586)
Da jede Wechselwirkung der Photonen, z.B. mit Luftmolekülen, einem Messvorgang entspricht ...

Das ist gemäß der orthodoxen Interpretation gerade nicht der Fall, und damit letztlich die Ursache des sogenannten Messproblems.

Die Wechselwirkung ist gemäß der orthodoxen Interpretation kein Messvorgang.


Die Axiome der Quantenmechanik besagen:

1. Die Beschreibung eines Quantensystems erfolgt im Rahmen eines separablen Hilbertraumes

2. Der Zustand eines einzelnen Quantensystems wird durch einen normierten Vektor |ψ> Element dieses Hilbertraumes beschrieben.

3. Die Zeitentwicklung eines einzelnen isolierten Quantensystems wird durch einen unitären Zeitentwicklungsoperator U(t) = exp[-iHt] beschrieben; ist dabei H der Hamiltonoperator. Diese Regel ist vollständig äquivalent zur Schrödingergleichung.

4. Eine beobachtbare Größe, d.h. eine Observable A eines Quantensystems wird durch eine selbstadjungierten Operator A repräsentiert, der auf die Zustandsvektoren wirkt.

5. Die möglichen Messwerte a einer Observable A entsprechen dem Spektrum des korrespondierenden selbstadjungierten Operators A.

6. Sei das Quantensystem in einem Zustand präpariert, der mittels des Zustandsvektors |ψ> repräsentiert wird. Wird eine Messung einer Observablen A – repräsentiert durch den Operator A – durchgeführt, so ist die Wahrscheinlichkeit p(a) den Messwert a zu erhalten gegeben durch

p(a) = <ψ|a><a|ψ>

Dies ist die sogenannte Bornsche Regel.

7. Im Falle aufeinanderfolgender Messungen am selben Quantensystemen kann eine Messung mit Messwert a aufgefasst werden als Präparation des Systems in einen neuen initialen Zustand repräsentiert durch den Zustandsvektor |a>, der in der Folge für die Berechnung der weiteren Zeitentwicklung sowie weitere Messungen verwendet wird. Dies ist das sogenannte von-Neumannsche Projektionspostulat.


(3) und (7) sind mathematisch unvereinbar; (3) ist unitär, stetig und reversibel bzw. invertierbar; (7) ist nicht-unitär, unstetig und irreversibel bzw. nicht-invertierbar.

Die Wechselwirkung entspricht gemäß der orthodoxen Interpretation (3), die Messung des Ortes dagegen (7).

Das löst dein Problem nicht, es zeigt lediglich, dass dieses Problem bis heute nicht wirklich gelöst ist!

rudiraspel 13.09.20 10:27

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Vielen Dank.
Anscheinend muss man weiter nach Paulis Zitat agieren: Wenn man nur lange genug wartet, dann wird einem die Lösung aufgetan. Oder so ähnlich.
Na dann warten wir halt weiter ab.....
Trotzdem vielen Dank.

Gruß
Rudi

TomS 13.09.20 14:38

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Ich habe nicht gesagt, dass es keine weiteren Ansätze gibt, lediglich, das es nach der orthodoxen Lesart keine gibt. Diese ist inzwischen jedoch ziemlich überholt.

Hawkwind 13.09.20 14:53

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93597)
...
(3) und (7) sind mathematisch unvereinbar; (3) ist unitär, stetig und reversibel bzw. invertierbar; (7) ist nicht-unitär, unstetig und irreversibel bzw. nicht-invertierbar.

In (3) ist die Rede von einem einzelnen isolierten Quantensystem und in (7) von Messungen an einem Quantensystem. Ein System, an dem Messungen durchgeführt wird, ist sicherlich nicht isoliert. Von daher kann ich den Widerspruch zwischen (3) und (7) nicht nachvollzuiehen.

TomS 13.09.20 16:45

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Der Widerspruch besteht darin, dass es kein Problem darstellen sollte, das zu messende System sowie das Messgerät als größeres und nun insgesamt abgeschlossenes System zu betrachten.

Das funktioniert jedoch nicht, weil man damit sofort den Zugang zur Messung mit eindeutigem Ergebnis verliert, denn nach dem Superpositionsprinzip plus (3) würde eine Superposition von Zuständen des zu messenden Systems unmittelbar zu einer Superposition des Messgerätes führen. Da derartige Superpositionen jedoch gerade nicht beobachtet werden, müssen nach von Neumann weitere Postulate und insbs. (7) eingeführt werden.

Wenn man (7) nicht einführt, wäre bei einer zweiten Messung der selben Observablen A das Ergebnis nicht zu 100% wieder der selbe Messwert a wie bei der ersten Messung.

Nach dieser Logik der orthodoxen Interpretationen ist (7) zwingend, und damit eine Messung gemäß (7) keine normale Wechselwirkung gemäß (3).

Wir kennen einige Auswege, insbs. die Everettsche Interpretation, die das Konzept des eindeutigen Messergebnis aufgibt und Wahrscheinlichkeit durch Multiplizität ersetzt. Allerdings bringt dieser Zugang natürlich andere Probleme mit sich, insbs. die Notwendigkeit der logischen Folgerung der Bornschen Regel sowie der Begründung der praktischen bzw. epistemischen Gültigkeit des Projektionspostulates (7). Dies wird teilweise - nicht vollständig- durch die Dekohärenz gelöst.

Zusammenfassend ist das Messproblem im Rahmen der orthodoxen Quantenmechanik nicht prinzipiell gelöst, lediglich praktisch irrelevant; ich denke, das ist weitgehend Konsens. Bzgl. weiterer Lösungsansätze besteht jedoch keine Einigkeit.

soon 14.09.20 04:48

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Hallo Joachim,
Zitat:

Zitat von Joachim (Beitrag 93587)
Das liegt daran, dass Luft für sichtbares Licht transparent ist. Das Licht wird kaum abgeschwächt, es findet kaum Wechselwirkung mit der Luft statt, die meisten Photonen werden nicht von Luftmolekülen beeinflusst.

So ähnlich habe ich auch mal auf eine ähnliche Frage geantwortet.
[Die Beiträge finde ich leider nicht wieder, weil die Suchfunktion des Forums immernoch defekt ist]

Mittlerweile halte ich die Antwort für 'zu einfach'.

Begründung:

Richard P. Feynman, QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie

epub Seite 25 ff (Hervorhebung von mir):
Zitat:

Wenn ich von dieser teilweisen Reflexion des Lichts durch Glas spreche, tue ich so, als würde das Licht lediglich an der Oberfläche des Glases zurückgeworfen. In Wirklichkeit ist eine Glasscheibe ein wahres Monster an Komplexität – Unmengen Elektronen wimmeln da herum. Ein auftreffendes Photon gerät nicht nur mit den Elektronen an der Oberfläche in Wechselwirkung, sondern überall im Glas. Photon und Elektronen vollführen eine Art Tanz, der schließlich dasselbe Ergebnis zeitigt, als hätte das Photon nur die Oberfläche getroffen. Aus diesem Grund möchte ich den Vorgang zunächst so vereinfacht betrachten und Ihnen erst später zeigen, was im Glas tatsächlich passiert, damit Sie begreifen, warum es im Endeffekt aufs selbe hinauskommt.

Ich werde Ihnen nun ein Experiment beschreiben, das zu verblüffenden Ergebnissen führt. Bei diesem Versuch sollen von einer Lichtquelle (vgl. Abb. 2) einige Photonen derselben Farbe – sagen wir von rotem Licht – auf einen Glasblock emittiert werden. Ein Photoelektronen-Vervielfacher über dem Glas in A soll die an der Oberfläche reflektierten Photonen auffangen; ein im Glas selbst, in B, plazierter soll messen, wie viele Photonen die Oberfläche passieren. Wie wir diesen Photo-Multiplier ins Glas hineinpraktiziert haben, soll uns hier nicht weiter kümmern. Uns interessieren die Resultate des Experiments.
...
Von 100 Photonen, die auf das Glas auftreffen, landen durchschnittlich 4 in A und 96 in B. In diesem Fall bedeutet »partielle Reflexion« also, daß 4 Prozent der Photonen an der Oberfläche des Glases zurückgeworfen werden, während die restlichen 96 Prozent durchgelassen werden. Und damit fangen unsere Schwierigkeiten bereits an: ...
Man könnte nun vermutlich ein Doppelspaltexperiment mit zwei Doppelspalten und zwei Detektoren konstruieren. Die eine Anordnung steht in oder hinter der Glasscheibe, die andere Anordnung steht vor der Glasscheibe und verarbeitet ausschliesslich reflektierte Photonen. Alle reflektierten Photonen unterliegen Wechselwirkungen bzw. einer Messung (reflektiert oder nicht reflektiert?).

Das Interferenzmuster wird mMn trotzdem entstehen.

Wenn das stimmt, dann sind Messungen der Photonen möglich, die für den Versuchsausgang nicht relevant sind.

Hawkwind 14.09.20 07:52

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von soon (Beitrag 93608)
Hallo Joachim,


So ähnlich habe ich auch mal auf eine ähnliche Frage geantwortet.
[Die Beiträge finde ich leider nicht wieder, weil die Suchfunktion des Forums immernoch defekt ist]

Mittlerweile halte ich die Antwort für 'zu einfach'.

Begründung:

Richard P. Feynman, QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie

epub Seite 25 ff (Hervorhebung von mir):
Man könnte nun vermutlich ein Doppelspaltexperiment mit zwei Doppelspalten und zwei Detektoren konstruieren. Die eine Anordnung steht in oder hinter der Glasscheibe, die andere Anordnung steht vor der Glasscheibe und verarbeitet ausschliesslich reflektierte Photonen. Alle reflektierten Photonen unterliegen Wechselwirkungen bzw. einer Messung (reflektiert oder nicht reflektiert?).

Das Interferenzmuster wird mMn trotzdem entstehen.

Wenn das stimmt, dann sind Messungen der Photonen möglich, die für den Versuchsausgang nicht relevant sind.

Ja, warum auch nicht?
Eine Reflexion an der Glasscheibe bewirkt keine Lokalisierung der Wellenfunktion auf den Ort des Spaltes; diese verursacht erst der (Doppel-)Spalt.

soon 15.09.20 12:31

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93611)
Eine Reflexion an der Glasscheibe bewirkt keine Lokalisierung der Wellenfunktion auf den Ort des Spaltes; diese verursacht erst der (Doppel-)Spalt.

Würde ein Glasscheibe zwischen Doppelspalt und Detektor das Interferenzmuster zerstören?

Bernhard 17.09.20 06:47

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93601)
Von daher kann ich den Widerspruch zwischen (3) und (7) nicht nachvollzuiehen.

Ein instantaner Kollaps im Sinne eines einfachen Projektionsoperators ist offensichtlich und im Gegensatz zur Zeitentwicklung per Hamiltonian kein unitärer Operator mehr.

Den Kollaps verstehe ich als pragmatisches Argument. D.h. das System Quantenobjekt + Messapparatur wird aus Gründen der Komplexität nicht mehr als Quantenobjekt behandelt.

Hawkwind 17.09.20 08:11

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 93628)
Ein instantaner Kollaps im Sinne eines einfachen Projektionsoperators ist offensichtlich und im Gegensatz zur Zeitentwicklung per Hamiltonian kein unitärer Operator mehr.

Den Kollaps verstehe ich als pragmatisches Argument. D.h. das System Quantenobjekt + Messapparatur wird aus Gründen der Komplexität nicht mehr als Quantenobjekt behandelt.

Ja, ich denke, diese Schwäche der Kopenhagener Deutung ist uns allen bewusst: sie ist so eine Art "Ausrede" und kann nicht wirklich befriedigen. :)

TomS 17.09.20 09:21

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Fairerweise muss man dazu sagen, dass die genannten Probleme verschwinden, wenn man darauf verzichtet, die Quantenmechanik als Beschreibung der Realität anzusehen und sie stattdessen als reines Rechenwerkzeug begreift.

Zeilinger:

Die Annahme, dass sich diese Wahrscheinlichkeitswellen tatsächlich im Raum ausbreiten, ist also nicht notwendig - denn alles, wozu sie dienen, ist das Berechnen von Wahrscheinlichkeiten. Es ist daher viel einfacher und klarer, die Wellenfunktion ψ nicht als etwas Realistisches zu betrachten, das in Raum und Zeit existiert, sondern lediglich als mathematisches Hilfsmittel, mit Hilfe dessen man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Zugespitzt formuliert, wenn wir über ein bestimmtes Experiment nachdenken, befindet sich ψ nicht da draußen in der Welt, sondern nur in unserem Kopf […] Der Kollaps der Wellenfunktion ist aber dann nicht etwas, was im wirklichen Raum stattfindet.”

Dieser Instrumentalismus insbs. nach Bohr wurde jahrzehntelang schon geradezu krampfhaft verfochten, ist jedoch recht bald bald den Philosophen sowie inzwischen auch bei ernstzunehmenden Physikern zunehmend in Verruf geraten (schon die Darstellung, das Bohr in der berühmten Debatte über Einstein “gesiegt” hätte, ist nicht aufrechtzuerhalten; Bohr hatte natürlich recht, dass man sehr genau wisse, wie die Quantenmechanik funktioniere und wie nicht, das bedeutet aber natürlich nicht, dass man auch versteht, warum sie funktioniert). Der vorgeschobene Glaube, man würde ausschließlich berechnen und dabei nichts über die Natur verstehen wollen, ist schon reichlich absurd. Man sollte diese pragmatische Haltung, die im Zuge der eigenen Forschung offene Fragen ausblendet - was ok ist - jedoch nicht zum Dogma erheben, d.h. den Kollegen und Studenten einimpfen, nichts über die Natur verstehen zu dürfen.


Ein paar Zitate insbs. aus Kopenhagen, die m.M.n. den Begriff “Dogma” durchaus rechtfertigen:

zu Bohm

We consider it juvenile deviationism.
No one had actually read the paper.
We don’t waste our time ... If we cannot disprove Bohm, then we must agree to ignore him
Oppenheimer nach dem Vortrag Bohms in Princeton, zitiert nach Max Dresden, aus David Peat (Biograf Oppenheimers)

zu Everett

http://jamesowenweatherall.com/SCPPR...heelerOxon.doc

This work suffers from the fundamental misunderstanding which affects all attempts at ‘axiomatizing’ any part of physics. The ‘axiomatizers’ do not realize that every physical theory must necessarily make use of concepts which cannot in principle be further analyzed. … The fact, emphasized by Everett, that it is actually possible to set-up a wave function for the experimental apparatus and a Hamiltonian for the interaction between system and apparatus is perfectly trivial, but also terribly treacherous; in fact, it did mislead Everett to the conception that it might be possible to describe apparatus + atomic object as a closed system. … This, however, is an illusion.
(Rosenfeld to Bergmann, 1959; Hervorhebung von mir)

With regard to Everett neither I nor even Niels Bohr could have any patience with him, when he visited us in Copenhagen more than 12 years ago in order to sell the hopelessly wrong ideas he had been encouraged, most unwisely, by Wheeler to develop. He was undescribably [sic] stupid and could not understand the simplest things in quantum mechanics.
(Rosenfeld to Belifante, 1972)

zu Zeh

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/...andp.201570056

At that juncture, Zeh's senior at Heidelberg, the Nobel Prize winner J. H. D. Jensen decided to ask Rosenfeld's advice on the paper. Rosenfeld's opinion was devastating. “I have all the reasons in the world to assume that such a concentrate of wildest nonsense [decoherence, Zeh’s re-discovery of many-worlds] is not being distributed around the world with your blessing, and I think to be of service to you by directing your attention to this misfortune.
(H‐D Zeh, Foundations of Physics, 1, 69–76 (1970). Rosenfeld to Jensen, 14 Feb 1968)


Bei Zeilinger erkennt man übrigens den Fortschritt auch bei pragmatischen Physikern, denn während er einerseits den realistischen Anspruch ablehnt, erkennt er doch an, dass die Quantenmechanik eben nicht - siehe oben - auf die Mikrowelt beschränkt ist, sondern auch für makroskopische Systeme gültig sein sollte - was im Licht auch seiner eigenen Experimente naheliegend ist.

Ich würde Zeilinger als Vertreter eines - vermutlich recht großen - Teils der Physiker ansehen, denen inzwischen klar geworden ist, dass die “Kopenhagener Deutung” nicht wirklich sinnvoll und konsistent ist - sie also durchaus ihre Probleme damit haben - jedoch keine bessere Alternative sehen.

TomS 17.09.20 09:30

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Folgende interessante Zusammenfassung habe ich noch gefunden:

In der Standardformulierung – oder orthodoxen Interpretation – der Quantentheorie kommen zwei Arten von Gesetzen vor, die einander […] widersprechen:
Erstens die deterministische Dynamik der linearen, reversiblen Schrödinger-Gleichung. Sie gilt für ein unbeobachtetes Quantensystem. Es befindet sich in Superposition […]
Und zweitens der zufällige, nicht determinierte und diskontinuierliche so genannte Kollaps der Wellenfunktion zu einem „scharfen" Eigenzustand der Observablen (der Messgröße), wenn das System gemessen wird. Daher können wir immer nur bestimmte, eindeutige Eigenschaften messen. Hier kommt es also zum Übergang vom Mikro- zum Makrokosmos und von der Reversibilität zur Irreversibilität, denn der Messprozess lässt sich nicht mehr rückgängig machen.

Das berüchtigte Messproblem in der Quantenphysik entsteht, weil diese beiden dynamischen Gesetze nicht miteinander kompatibel sind – und kein System gleichzeitig beiden gehorchen kann, wenn man Messgeräte (oder auch Beobachter mit Bewusstsein) als gewöhnliche physikalische Systeme versteht.

Obwohl sich die Quantentheorie für alle praktischen Zwecke bewährt hat, lässt die orthodoxe Lehrbuch-Interpretation der Quantenmechanik von Bohr und Heisenberg – die so genannte Kopenhagener Deutung – offen, was eigentlich eine Messung konstituiert und wie es folglich zum Kollaps der Wellenfunktion kommt. Auch ist deren Bedeutung bis heute nicht klar.

Schrödingers Kollege Erich Hückel brachte die Verwirrung schon früh poetisch auf den Punkt:
ˋGar manches rechnet Erwin schon
Mit seiner Wellenfunktion.
Nur wissen möcht man gerne wohl
Was man sich dabei vorstell'n soll.´

(Rüdiger Vaas, Bild der Wissenschaft).

Timm 17.09.20 15:33

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93630)
Fairerweise muss man dazu sagen, dass die genannten Probleme verschwinden, wenn man darauf verzichtet, die Quantenmechanik als Beschreibung der Realität anzusehen und sie stattdessen als reines Rechenwerkzeug begreift.

Zeilinger:

Die Annahme, dass sich diese Wahrscheinlichkeitswellen tatsächlich im Raum ausbreiten, ist also nicht notwendig - denn alles, wozu sie dienen, ist das Berechnen von Wahrscheinlichkeiten. Es ist daher viel einfacher und klarer, die Wellenfunktion ψ nicht als etwas Realistisches zu betrachten, das in Raum und Zeit existiert, sondern lediglich als mathematisches Hilfsmittel, mit Hilfe dessen man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Zugespitzt formuliert, wenn wir über ein bestimmtes Experiment nachdenken, befindet sich ψ nicht da draußen in der Welt, sondern nur in unserem Kopf […] Der Kollaps der Wellenfunktion ist aber dann nicht etwas, was im wirklichen Raum stattfindet.”

Dieser Instrumentalismus insbs. nach Bohr wurde jahrzehntelang schon geradezu krampfhaft verfochten, ist jedoch recht bald bald den Philosophen sowie inzwischen auch bei ernstzunehmenden Physikern zunehmend in Verruf geraten ...

Soweit ich das überblicke ist Zeilingers Instrumentalismus nicht in Verruf geraten.
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93630)
Bei Zeilinger erkennt man übrigens den Fortschritt auch bei pragmatischen Physikern, denn während er einerseits den realistischen Anspruch ablehnt, erkennt er doch an, dass die Quantenmechanik eben nicht - siehe oben - auf die Mikrowelt beschränkt ist, sondern auch für makroskopische Systeme gültig sein sollte - was im Licht auch seiner eigenen Experimente naheliegend ist.

Ich würde Zeilinger als Vertreter eines - vermutlich recht großen - Teils der Physiker ansehen, denen inzwischen klar geworden ist, dass die “Kopenhagener Deutung” nicht wirklich sinnvoll und konsistent ist - sie also durchaus ihre Probleme damit haben - jedoch keine bessere Alternative sehen.

Ist es nicht vielmehr so, dass Instrumentalismus (Zeilinger: Wellenfunktion ist nicht real, sondern reine Rechenvorschrift) und Gültigkeit der QM für makroskopische Systeme (vermitttels Dekohärenz) keineswegs in Widerspruch zueinander sind?

Im Übrigen besteht nach Zeilinger's pragmatischer Deutung keine Notwendigkeit überhaupt von einem Kollaps der WF verstanden als Rechenvorschrift zu sprechen.

Hawkwind 17.09.20 15:50

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93632)
...
Im Übrigen besteht nach Zeilinger's pragmatischer Deutung keine Notwendigkeit überhaupt von einem Kollaps der WF verstanden als Rechenvorschrift zu sprechen.

Der Kollaps ist keine Rechenvorschrift; er ist ja eher Metaphysik.
Eine - in diesem Sinne "minimale" - Deutung der Quantenphysik sieht dagegen die Wellenfunktion selbst als reines Hilfsmittel zur Berechnung quantitativer Vorhersagen an, und spricht ihr die "physikalische Realität" ab.

Timm 17.09.20 16:08

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93633)
Der Kollaps ist keine Rechenvorschrift; er ist ja eher Metaphysik.
Eine - in diesem Sinne "minimale" - Deutung der Quantenphysik sieht dagegen die Wellenfunktion selbst als reines Hilfsmittel zur Berechnung quantitativer Vorhersagen an, und spricht ihr die "physikalische Realität" ab.

Den ersten Satz verstehe ich nicht. Sagt das jemand?

Nach Zeilinger macht es dann Sinn, von einem Kollaps der Wellenfunktion zu sprechen, wenn man dieser physikalische Realität zuspricht. Denn dann zieht sich bei der Messung etwas physikalisch Reales instantan zusammen, was wiederum eine unphysikalische Vorstellung ist.

TomS 17.09.20 17:51

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93632)
Soweit ich das überblicke ist Zeilingers Instrumentalismus nicht in Verruf geraten.

Auch wenn sich das immer nicht nicht rumgesprochen hat, bei einigen Freigeistern doch - s.u.

Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93632)
Ist es nicht vielmehr so, dass Instrumentalismus (Zeilinger: Wellenfunktion ist nicht real, sondern reine Rechenvorschrift) und Gültigkeit der QM für makroskopische Systeme (vermitttels Dekohärenz) keineswegs in Widerspruch zueinander sind?

Im Übrigen besteht nach Zeilinger's pragmatischer Deutung keine Notwendigkeit überhaupt von einem Kollaps der WF verstanden als Rechenvorschrift zu sprechen.

Die Anwendung auf makroskopische Systeme ist mittels sicher möglich; diese erklärt auch das Auftreten makroskopischer Eigenschaften. Sie ersetzt jedoch nicht den Kollaps. Dieser wird entweder als Rechenvorschrift benötigt - oder man glaubt an viele-Welten, die die Dekohärenz ja mathematisch explizit vorhersagt.

Auch wenn man die Wellenfunktion instrumentalistisch auffasst, kann Zeilinger - bisher letztlich kein Instrumentalist - erklären, wann nun die Regel für die unitäre Zeitentwicklung und wann der Kollaps anzuwenden ist. Diese Erklärungslücke ist dem Instrumentalismus an sich geschuldet. Und das ist es, was durchaus in Verruf gerät - s.u.

Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93633)
Der Kollaps ist keine Rechenvorschrift; er ist ja eher Metaphysik.
Eine - in diesem Sinne "minimale" - Deutung der Quantenphysik sieht dagegen die Wellenfunktion selbst als reines Hilfsmittel zur Berechnung quantitativer Vorhersagen an, und spricht ihr die "physikalische Realität" ab.

Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93634)
Nach Zeilinger macht es dann Sinn, von einem Kollaps der Wellenfunktion zu sprechen, wenn man dieser physikalische Realität zuspricht. Denn dann zieht sich bei der Messung etwas physikalisch Reales instantan zusammen, was wiederum eine unphysikalische Vorstellung ist.

Dass ein Kollaps = das von Neumannsche Projektionspostulat rechnerisch anzuwenden ist, ist im Falle wiederholter Messungen am selben System offensichtlich.

Das Problem wird durch den Instrumentalismus sozusagen von der Realität in die mentale Ebene verlagert. Zwar liegt kein offensichtlicher Widerspruch in unser Beschreibung der Natur vor, jedoch existiert eine Erklärungslücke, da wir nicht sagen können, wann genau und warum dieses Projektionspostulat anzuwenden ist. Natürlich stört das einen Instrumentalisten nicht, solange die Vorgehensweise funktioniert.

Warum benötigt man das Projektionspostulat? Wenn man z.B. bei wiederholter Orts- oder Spin-Messung die Wahrscheinlichkeit für "Outcome A" und "Outcome B" berechnet, muss man nach tatsächlichem Vorliegen des Ergebnisses "Outcome A" diesem die Wahrscheinlichkeit 100% zuweisen - also eine Projektion des Zustandes durchführen - um für die Berechnung der folgende Messung am selben Quantenobjekt tatsächlich korrekterweise diese 100% zu erhalten. Wenn zunächst p(A) = 50% ist und anschließend A gemessen wird, dann muss für die folgende Messung rechnerisch p(A|A) = 100% gelten. Ohne Projektion bliebe es aber bei 50%. D.h. die Komponente |B> des Zustandes wird nach Messung von A "wegprojiziert, man verwendet für die folgende Messung |A> mit p(A) = 100%. An dieser Vorschrift von Neumanns ändert sich nichts; letztlich handelt es sich um bedingte Wahrscheinlichkeiten im quantenmechanischen Gewand.

Natürlich kann man rein pragmatisch von einem "Update" des Wissens über das System" sprechen und auf die Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung verweisen. Dennoch bleibt die Frage nach dem Wann und dem Warum offen. Der Instrumentalismus beantwortet diese Frage nicht, er behauptet lediglich, sie wäre unphysikalisch oder irrelevant.

Wie gesagt, die Kritik an dieser lediglich verlagerten Erklärungslücke bleibt bestehen - siehe folgender Beitrag.

Bernhard 17.09.20 20:28

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93635)
Dennoch bleibt die Frage nach dem Wann und dem Warum offen.

Eine Beschreibung mit Wahrscheinlichkeiten macht mMn immer dann Sinn, wenn physikalisch ununterscheidbare Systeme kein eindeutig vorhersagbares Verhalten zeigen.

TomS 17.09.20 22:05

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Bernhard (Beitrag 93636)
Eine Beschreibung mit Wahrscheinlichkeiten macht mMn immer dann Sinn, wenn physikalisch ununterscheidbare Systeme kein eindeutig vorhersagbares Verhalten zeigen.

Es geht noch nicht einmal darum, dass Wahrscheinlichkeiten genutzt werden müssen, sondern wann.

Der Punkt ist, dass Wahrscheinlichkeiten dann genutzt werden, wenn die Messung ins Spiel kommt. Und die Messung ist irgendwie etwas anderes als die unitäre Zeitenwicklung, für die man eben keine Wahrscheinlichkeiten nutzt, ohne dass jemand eine saubere Grenze ziehen kann.

Das fundamentale Problem der Quantenmechanik ist letztlich die Unfähigkeit, den Begriff “Messung” zu definieren. Und das frappierende ist, dass die Regeln der Quantenmechanik - die diesen undefinierten Begriff “Messung” enthalten - perfekt funktionieren.

Erinnert ein bisschen an die Rezepte meiner Schwiegermutter: “Und dann mussd midd Wasser nachgieß’n.” “Wann? Und wieviel?” “Des sigsd na scho.” Sie hat keine Ahnung, wie man Schäufala macht, aber es wird jedesmal perfekt.

Mich treibt aber das Messproblem mehr um, als das Schäufala-Problem; beim Schäufala bin ich Positivist.

TomS 17.09.20 23:50

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zur Einleitung ein paar meiner Lieblingsbeispiele aus Dänemark

When asked about an underlying quantum world, Bohr would answer, “There is no quantum world. There is only an abstract quantum physical description. It is wrong to think that the task of physics is to find out how nature is. Physics concerns what we can say about Nature.“
(Niels Bohr)

This work suffers from the fundamental misunderstanding which affects all attempts at ‘axiomatizing’ any part of physics. The ‘axiomatizers’ do not realize that every physical theory must necessarily make use of concepts which cannot in principle be further analyzed. […] The fact, emphasized by Everett, that it is actually possible to set-up a wave function for the experimental apparatus and a Hamiltonian for the interaction between system and apparatus is perfectly trivial, but also terribly treacherous; in fact, it did mislead Everett to the conception that it might be possible to describe apparatus + atomic object as a closed system. […] This, however, is an illusion.
(Leon Rosenfeld über Everett)

Letter Everett to Petersen
Letter Rosenfeld to Bergmann

At that juncture, Zeh's senior at Heidelberg, the Nobel Prize winner J. H. D. Jensen decided to ask Rosenfeld's advice on the paper. Rosenfeld's opinion was devastating. “I have all the reasons in the world to assume that such a concentrate of wildest nonsense [decoherence] is not being distributed around the world with your blessing, and I think to be of service to you by directing your attention to this misfortune.”
(H‐D Zeh, Foundations of Physics, 1, 69–76 (1970). Rosenfeld to Jensen, 14 Feb 1968)

Eine gute Zusammenfassung siehe

Olival Freire Jr.: From the margins to the mainstream: Foundations of quantum mechanics, 1950–1990

Es ist einfach, weitere derartige Zitate bzgl. des Denkverbots aus Kopenhagen zu finden, aber das soll’s erst mal gewesen sein …

… dennoch, Zeilinger (als Beispiel) beruft sich auch heute im Wesentlichen auf diese Ansicht

It is also suggested that the austerity of the Copenhagen interpretation should serve as a guiding principle in a search for deeper understanding.
(Anton Zeilinger)

I have purposely not dealt with questions like: Is there a border between micro- and macro physics? Is a new form of logic necessary for quantum processes? Has one's awareness an active, dynamic influence on the wave function? Such or similar positions were proposed by several physicists, but in my opinion they would all fall victim to Occam's razor: Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem. It is the beauty of the Copenhagen interpretation that it operates with a minimal set of entities and concepts.
(Anton Zeilinger)

Das ist eine explizit instrumentalistische Position “im Geist von Kopenhagen” wenn auch nicht dogmatisch vertreten. Zeilinger weicht letztlich nur insofern ab, als auch makroskopische Objekte der Quantenmechanik gehorchen und durch ihre Gesetze beschrieben werden - falls nicht ein Messprozesses vorliegt. Die o.g. Erklärungslücke, wann genau dies der Fall sein soll, bleibt damit bestehen.


Nachdem wir nun wissen, womit wir es zu tun haben, im Folgenden gegenteilige Ansichten, die „Kopenhagen“ und/oder den Instrumentalismus sowie seine Spielarten explizit ablehnen: Zunächst Einstein sowie einige Philosophen – da wäre auch noch Feyerabend zu nennen, ebenso Quine

The important thing is not to stop questioning. Curiosity has its own reason for existing.
(Albert Einstein)

True ignorance is not the absence of knowledge, but the refusal to acquire it.
(Sir Karl Popper)

It is not intuitive ease I am after, but rather a point of view which is sufficiently definite to clear up some difficulties, and to be criticized in rational terms. (Bohr's complementarity cannot be so criticized, I fear; it can only be accepted or denounced - perhaps as being ad hoc, or as being irrational, or as being hopelessly vague.)
(Sir Karl Popper)

A scientific theory is usually felt to be better than its predecessors not only in the sense that it is a better instrument for discovering and solving puzzles but also because it is somehow a better representation of what nature is really like. One often hears that successive theories grow ever closer to, or approximate more and more closely to, the truth. Apparently, generalizations like that refer not to the puzzle-solutions and the concrete predictions derived from a theory but rather to its ontology, to the match, that is, between the entities with which the theory populates nature and what is “really there.”
(Thomas Kuhn)

There’s nothing particularly quantum-mechanical about instrumentalism. It has a long and rather sorry philosophical history: most contemporary philosophers of science regard it as fairly conclusively refuted. But I think it’s easier to see what’s wrong with it just by noticing that real science just isn’t like this. According to instrumentalism, paleontologists talk about dinosaurs so they can understand fossils […] and particle physicists talk about the Higgs Boson so they can understand the LHC. In each case, it’s quite clear that instrumentalism is the wrong way around. Science is not “about” experiments; science is about the world, and experiments are part of its toolkit.
(David Wallace, einer der führenden Philosophen zur Quantentheorie, mit exzellenter Ausbildung als Physiker)

A physical theory should clearly and forthrightly address two fundamental questions: what there is, and what it does. The answer to the first question is provided by the ontology of the theory, and the answer to the second by its dynamics. The ontology should have a sharp mathematical description, and the dynamics should be implemented by precise equations describing how the ontology will, or might, evolve […]
There is little agreement about just what this approach to quantum theory postulates to actually exist or how the dynamics can be unambiguously formulated. Nowadays, the term is often used as shorthand for a general instrumentalism that treats the mathematical apparatus of the theory as merely a predictive device, uncommitted to any ontology or dynamics at all […] Such an attitude rejects the aspiration to provide a physical theory, as defined above, at all. Hence it is not even in the running for a description of the physical world and what it does.

(Tim Maudelin, ebenfalls einer der führenden Philosophen zur Quantentheorie; s.u.a. Maudlin-Trilemma)

Damit sollte klar sein, dass maßgebliche Positionen gegen den Instrumentalismus existieren - auch wenn sich das nicht überall herumgesprochen hat.



Zur Einstein-Bohr-Debatte

The mid-twentieth century “Bohr-Einstein debate” about quantum theory is often misinterpreted as a personal clash between wizards. So counter-intuitive are quantum theory’s predictions that, under the leadership of one of its pioneers, Neils Bohr, a myth grew that there is no underlying reality that explains them. Particles get from A to B without passing through the intervening space, where they have insufficient energy to exist; they briefly “borrow” the energy, because we are “uncertain” about what their energy is. Information gets from A to B without anything passing in between – what Einstein called “spooky action at a distance.” […] So, while most accounts say that Bohr won the debate, my view is that Einstein, as usual, was seeking an explanation of reality, while his rivals were advocating nonsense.
(David Deutsch)

Der Punkt ist, dass Bohrs Ansicht natürlich funktioniert – was seitens Einstein letztlich nicht in Zweifel gezogen wurde. Einsteins Frage zielte tiefer, aber auf diese Argumentation geht Bohr nicht ein.

Deutsch ist hier nicht der einzige Physiker, der Bohr et al. für diese Haltung kritisiert, bzw. feststellt, dass beide (u.v.a.m) letztlich aneinander vorbeigeredet haben.

Daraus folgen zwei Erkenntnisse: Bohr hatte recht bzgl. des Formalismus und der Vorhersagen der Theorie. Daraus folgt jedoch nichts (!) bzgl. der tieferen Fragen von Einstein. Das wird bis heute oft falsch verstanden, und man findet diverse Zitate namhafter Physiker, die den Unterschied nicht sehen.

Letztlich geht es um die fundamentale Frage nach dem Gegenstand physikalischer Forschung.



Sehr interessant ist John Bells Meinung. Er war wohl für den Nobelpreis nominiert, als er recht früh und unerwartet verstarb.

The Copenhagen interpretation is a very ambiguous term. Some people use it just to mean the sort of practical quantum mechanics that you can do — like you can ride a bicycle without really knowing what you're doing. It's the rules for using quantum mechanics and the experience that we have in using it. […] Then there's another side to the Copenhagen interpretation, which is a philosophy of the whole thing. It tries to be very deep and tell you that these ambiguities, which you worry about, are somehow irreducible. It says that ambiguities are in the nature of things. We, the observers, are also part of nature. It's impossible for us to have any sharp conception of what is going on because we, the observers, are involved. And so there is this philosophy, which was designed to reconcile people to the muddle; You shouldn't strive for clarity— that's naive.
(John Stewart Bell)

Andere sagen es direkter:

Niels Bohr brain-washed a whole generation of physicists into believing that the problem [interpreting quantum theory] had been solved fifty years ago.
(Murray Gell-Mann; The Nature of the Physical Universe, the 1976 Nobel Conference)

Die Kritik richtet sich nicht gegen Details der Theorie, sondern gegen den Diskurs.

TomS 17.09.20 23:52

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Auch wenn von ihm keine längeren Beiträge zu diesem Themenkomplex existieren, hat sich Steven Weinberg doch intensiv mit der Problematik befasst.

Zunächst „Kopenhagen“:

All this familiar story is true, but it leaves out an irony. Bohr's version of quantum mechanics was deeply flawed, but not for the reason Einstein thought. The Copenhagen interpretation describes what happens when an observer makes a measurement, but the observer and the act of measurement are themselves treated classically. This is surely wrong: Physicists and their apparatus must be governed by the same quantum mechanical rules that govern everything else in the universe. But these rules are expressed in terms of a wave function (or, more precisely, a state vector) that evolves in a perfectly deterministic way. So where do the probabilistic rules of the Copenhagen interpretation come from? […] The Copenhagen rules clearly work, so they have to be accepted. But this leaves the task of explaining them by applying the deterministic equation for the evolution of the wave function, the Schrödinger equation, to observers and their apparatus.
(Steven Weinberg)

Dann die Frage nach der Erklärung

If the time-dependent Schrödinger equation described the measurement process, then whatever the details of the process, the end result would be some definite state, not a number of possibilities with different probabilities. This is clearly unsatisfactory. If quantum mechanics applies to everything, then it must apply to a physicist’s measurement apparatus, and to physicists themselves. On the other hand, if quantum mechanics does not apply to everything, then we need to know where to draw the boundary of its area of validity. Does it apply only to systems that are not too large? Does it apply if a measurement is made by some automatic apparatus, and no human reads the result?
(Steven Weinberg)

Und zuletzt die Philosophie dahinter:

Where then does this radical attack on the objectivity of scientific knowledge come from? One source I think is the old bugbear of positivism, this time applied to the study of science itself. If one refuses to talk about anything that is not directly observed, then quantum field theories or principles of symmetry or more generally laws of nature cannot be taken seriously […] But scientists have the direct experience of scientific theories as desired yet elusive goals, and they become convinced of the reality of these theories.
(Steven Weinberg)

Weinberg fragt nach einer Erklärung – das ist natürlich keine instrumentalistische Position.



Sehr intensiv hat sich David Deutsch damit auseinandergesetzt, warum er eine rein positivistische Position, die keine Erklärungen liefert, für absurd hält.

Let me define ‘bad philosophy’ as philosophy that is not merely false, but actively prevents the growth of other knowledge. In this case, instrumentalism was acting to prevent the explanations in Schrödinger’s and Heisenberg’s theories from being improved or elaborated or unified. The physicist Niels Bohr […] then developed an ‘interpretation’ of the theory which later became known as the ‘Copenhagen interpretation’. It said that quantum theory, including the rule of thumb, was a complete description of reality. Bohr excused the various contradictions and gaps by using a combination of instrumentalism and studied ambiguity. He denied the ‘possibility of speaking of phenomena as existing objectively’ —but said that only the outcomes of observations should count as phenomena. He also said that, although observation has no access to ‘the real essence of phenomena’, it does reveal relationships between them, and that, in addition, quantum theory blurs the distinction between observer and observed. As for what would happen if one observer performed a quantum-level observation on another, he avoided the issue […]
Some people may enjoy conjuring tricks without ever wanting to know how they work. Similarly, during the twentieth century, most philosophers, and many scientists, took the view that science is incapable of discovering anything about reality. Starting from empiricism, they drew the inevitable conclusion (which would nevertheless have horrified the early empiricists) that science cannot validly do more than predict the outcomes of observations, and that it should never purport to describe the reality that brings those outcomes about. This is known as instrumentalism. It denies that what I have been calling ‘explanation’ can exist at all. It is still very influential.

(David Deutsch)

The overwhelming majority of theories are rejected because they contain bad explanations, not because they fail experimental tests.
David Deutsch

Science is objective. And in my view, we cannot take any experimental results seriously except in the light of good explanations of them.
(David Deutsch)



Zuletzt Zeh; wir erinnern uns an “such a concentrate of wildest nonsense”.

The dishonesty of the Copenhagen interpretation consists in switching concepts on demand and regarding the (genuine or apparent) collapse as a “normal increase of information” – as though the wave function represented no more than an ensemble of possible states.
(Dieter Zeh)

According to my attempts to understand them, reality is systematically denied in the Copenhagen interpretation in order to circumvent consistency problems […]. If there is no reality, one does not need a consistent description!
(Dieter Zeh)

I expect that the Copenhagen interpretation will some time be called the greatest sophism in the history of science, but I would consider it a terrible injustice if—when some day a solution should be found—some people claim that ‘this is of course what Bohr always meant’, only because he was sufficiently vague.
(Dieter Zeh)

Zunächst mal keine weitere Diskussion, lediglich die Feststellung, dass der Instrumentalismus – seit langem – keineswegs eine unumstrittene philosophische Position einnimmt, noch die instrumentalistische Auslegung a la „Kopenhagen“ eine Deutungshoheit beanspruchen kann.



Abschließend die zentrale Fragestellung

This poses the obvious problems of (i) when is an interaction between two systems to count as a measurement by one system of a property of the other? and (ii) what happens if there is an attempt to restore a degree of unity by describing the measurement process in quantum mechanical terms rather than the language of classical physics which is normally used? There is no universally accepted answer to either of these questions.
(Chris Isham)

The first charge against 'measurement', in the fundamental axioms of quantum mechanics, is that it anchors there the shifty split of the world into 'system' and 'apparatus'. A second charge is that the word comes loaded with meaning from everyday life, meaning which is entirely inappropriate in the quantum context.
(John Bell)



Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.

TomS 18.09.20 13:42

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93641)
Verstehe nicht dass Zeilinger als gelernter Mathematiker einen Raum bestehend aus Möglichkeiten nicht als real akzeptiert.
Alle anderen Sichtweisen die ich kenne führen zu Mißverständnissen
und benötigen nur unnötigen Input.

Er akzeptiert diesen Raum sicher als “real” im Sinne der Mathematik, lehnt — als Instrumentalist — jedoch die Vorstellung ab, dass dieser “mathematische” Raum auch eine tatsächlich in der Natur vorhandene Realität repräsentiert.

Siehe oben:

Zitat:

When asked about an underlying quantum world, Bohr would answer, “There is no quantum world. There is only an abstract quantum physical description. It is wrong to think that the task of physics is to find out how nature is. Physics concerns what we can say about Nature.“
(Niels Bohr)

Timm 19.09.20 15:35

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93639)
Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.

Was nützen denn die Interpretationen?
Wir sollten unsre Nerven schonen
und wenn wir wieder etwas messen
das wie warum vergessen.

TomS 19.09.20 15:48

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93649)
Was nützen denn die Interpretationen?
Wir sollten unsre Nerven schonen
und wenn wir wieder etwas messen
das wie warum vergessen.

Steht schon oben:

The important thing is not to stop questioning. Curiosity has its own reason for existing.

Hawkwind 23.09.20 09:17

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93634)
Den ersten Satz verstehe ich nicht. Sagt das jemand?
Zitat:

Zitat von Hawkwind
Der Kollaps ist keine Rechenvorschrift; er ist ja eher Metaphysik.

...

Da die Standard-Interpretationen via Experiment nicht voneinander zu unterscheiden sind (so auch die Relevanz des Kollaps) ordnen Autoren sie gelegentlich der Metaphysik zu, auch wenn das sicher nicht ganz mit dem übereinstimmt, was Philosophen unter Metaphysik verstehen.

Bin nicht sicher, ob das überhaupt noch stimmt. Ich meine, gelesen zu haben, dass etwa Interferenzen zwischen den Welten der Viele-Welten-Deutung im Prinzip durchaus beobachtbar sein müssen: wie immer keine Ahnung. :)

TomS 23.09.20 10:55

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93683)
Da die Standard-Interpretationen via Experiment nicht voneinander zu unterscheiden sind (so auch die Relevanz des Kollaps) ordnen Autoren sie gelegentlich der Metaphysik zu, auch wenn das sicher nicht ganz mit dem übereinstimmt, was Philosophen unter Metaphysik verstehen.

Bin nicht sicher, ob das überhaupt noch stimmt. Ich meine, gelesen zu haben, dass etwa Interferenzen zwischen den Welten der Viele-Welten-Deutung im Prinzip durchaus beobachtbar sein müssen: wie immer keine Ahnung. :)

Ich denke, der "Kollaps" ist nur dann Metaphysik, wenn man ihn realistisch interpretiert (aber dann ist eigtl. die realistische Interpretation als Ganzes Metaphysik).

Niemand hat ein Problem damit, den Kollaps als Rechenvorschrift anzuwenden; man kann ihn ja "von Neumannsches Projektionspostulat" nennen, das klingt weniger metaphysisch aufgeladen.

Und ja, es hat häufig wenig mit der Metaphysik der Philosophen zu tun sondern eher mit einem abwertenden Sprachgebrauch (siehe auch die Story zu Feynman und seinem Philosophieseminar). Der Punkt ist, dass viele Physiker, die ich kenne, und die der shut-up-and-calculate Deutung anhängen, von Interpretationen der Quantenmechanik (auch von "Kopenhagen", was ohnehin nur eine krude Sammlung teilweise widersprüchlicher Ideen ist), von Philosophie und Metaphysik nicht den Hauch einer Ahnung haben. D.h. nicht dass "shut-up-and-calculate" nicht als persönliche Position zulässig wäre. Es heißt jedoch, dass jemand, der von nichts Ahnung hat, weil es ihn nicht interessiert, und der der deswegen "shut-up-and-calculate" predigt, sich aus allen weiteren Diskussionen, von denen er keine Ahnung hat, raushalten soll. Leider sind viele Diskussionen - nicht hier (!) - gerade deswegen so mühsam.

Dazu kommt, dass - und dazu dienten meine Beiträge oben - die Ansicht, Positivismus (bei den Philosophen) und Instrumentalismus (bei den Physikern) wäre die vorherrschende Einstellung.

Bei ersteren ist das sicher falsch, und zwar schon seit Jahrzehnten, nur hat es von den meisten Physikern keiner gemerkt, weil sie sich nie (!) damit befasst haben (welcher Physiker hat wirklich dazu Bücher gelesen oder Seminare besucht?? n meinem Studium im Rahmen der Physikveranstaltungen niemand, weil es nicht angeboten wurde; eine Handvoll evtl. bei den Philosophen, dann jedoch nicht zur Quantenmechanik).

Und bei letzterem muss man m.E. unterscheiden zwischen "ich vertrete eine bestimmte Interpretation, nachdem ich mich damit befasst habe" und "shut-up-and-calculate, mir doch egal". Rechnet man letztere raus - was fair ist - dann sieht die Sache ganz sicher anders aus.



Zum letzten Punkt der experimentellen Unterscheidung zwischen Kollaps- und der Everettschen-Quantenmechanik: Letztere besagt explizit, dass nie - unter keinen Umständen - ein tatsächlicher Kollaps stattfindet. Sämtliche Kollaps-Interpretationen nehmen jedoch an, dass im Zuge der Messung irgendwie und irgendwann ein Kollaps stattfindet. Daraus folgt rein logisch, dass eine experimentelle Unterscheidung prinzipiell möglich ist.

Allerdings haben wir zwei Probleme:
1) Die Szenarien bzw. Effekte sind messtechnisch nicht (wahrscheinlich nie) zugänglich
2) Die Kollaps-Interpretatione legen sich nie fest, was genau einen Kollaps verursacht und wann genau dieser eintritt

Timm 23.09.20 18:41

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93691)
Ich denke, der "Kollaps" ist nur dann Metaphysik, wenn man ihn realistisch interpretiert (aber dann ist eigtl. die realistische Interpretation als Ganzes Metaphysik).

Niemand hat ein Problem damit, den Kollaps als Rechenvorschrift anzuwenden; man kann ihn ja "von Neumannsches Projektionspostulat" nennen, das klingt weniger metaphysisch aufgeladen.

Heißt "realistisch interpretiert" die Wellenfunktion breitet sich real im Raum aus und zieht sich bei der Messung instantan auf einen Punkt zusammen?

Genau das verneint Zeilinger. Für ihn bedeutet Kollaps lediglich, dass die Wahrscheinlichkeit 1 eingetreten ist und dieses "mentale Konstrukt damit seinen Zweck erfüllt hat. In diesem Sinne ist der Kollaps eine "simple Denknotwendigkeit".

TomS 23.09.20 18:59

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93692)
Heißt "realistisch interpretiert" die Wellenfunktion breitet sich real im Raum aus und zieht sich bei der Messung instantan auf einen Punkt zusammen?

Ja.

Eine realistische Interpretation bedeutet, dass die Regeln der Quantenmechanik genau das beschreiben, was tatsächlich passiert, d.h. 1) vor der Messung breitet sich das Quantensystem real im Raum aus und 2) zieht sich bei der Messung instantan auf einen Punkt zusammen.

Dazu gibt es verschiedene Schulen:
- die einen lehnen diese realistische Interpretation ab,
- andere akzeptieren sie, d.h. (1) und lehnen lediglich den Kollaps (2) ab,
- wieder andere ...

Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93692)
Genau das verneint Zeilinger. Für ihn bedeutet Kollaps lediglich, dass die Wahrscheinlichkeit 1 eingetreten ist und dieses "mentale Konstrukt damit seinen Zweck erfüllt hat. In diesem Sinne ist der Kollaps eine "simple Denknotwendigkeit".

Ja, Zeilinger ist - wie wir oben gesehen haben - Instrumentalist der alten Schule (außer dass er die Quantenmechanik nicht von der makroskopisch-klassischen Welt trennen möchte, ohne jedoch die daraus resultierenden Inkonsistenzen lösen zu können - was für ihn als Instrumentalist nicht notwendig erscheint).

Timm 23.09.20 21:34

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93693)
Ja.

Eine realistische Interpretation bedeutet, dass die Regeln der Quantenmechanik genau das beschreiben, was tatsächlich passiert, d.h. 1) vor der Messung breitet sich das Quantensystem real im Raum aus und 2) zieht sich bei der Messung instantan auf einen Punkt zusammen.

Wenn das so ist, dann frage ich mich schon, welcher Physiker die realistische Interpretation ernst nimmt, wenn er die Kröte schlucken muss, dass ein instantanes Zusammenziehen von etwas real Existierendem unphysikalische ist.

Diese Problematik gibt es bei der epistemischen Deutung a la Zeilinger erst gar nicht.

TomS 23.09.20 22:10

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Timm (Beitrag 93697)
Wenn das so ist, dann frage ich mich schon, welcher Physiker die realistische Interpretation ernst nimmt, wenn er die Kröte schlucken muss, dass ein instantanes Zusammenziehen von etwas real Existierendem unphysikalische ist.

Diese Problematik gibt es bei der epistemischen Deutung a la Zeilinger erst gar nicht.

Zu deinem Schlusssatz: diese sogenannte “Deutung” erklärt erst mal gar nichts. Sie ist eher ein Verzicht auf eine Deutung und besteht im Wesentlichen aus dem Ausblenden einiger zentraler Fragestellungen - siehe die Zitate oben.

Das heißt nicht, dass diese Vorgehensweise nicht funktioniert.

Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93693)
Dazu gibt es verschiedene Schulen:
  • die einen lehnen diese realistische Interpretation ab,
  • andere akzeptieren sie, d.h. (1) und lehnen lediglich den Kollaps (2) ab,
  • wieder andere ...

  • Die Ablehnung realistischer Interpretation erfolgt heute cleverer als bei “Kopenhagen”; diese wurde nie wirklich als schlüssige Interpretation zusammengefasst. Man ist sich heute der logischen Defizite bewusst und formuliert deutlich klarere Ansätze.
  • Ich denke, es gibt niemanden mehr, der sich ernsthaft mit der Thematik befasst und der den Kollaps im Kontext der Quantenmechanik noch realistisch interpretiert. Heute lehnen praktisch alle, die eine realistische Deutung anstreben, den Kollaps ab. Und dabei hat inzwischen sicher Everett’s Interpretation die Nase vorn - minimales Axiomensystem, konservativer Ansatz, heute naheliegend aufgrund der Dekohärenz, kein Kollaps, das Unsichtbarwerden der Superpositionen kann dennoch erklärt werden, die QM beschreibt unmittelbar auch Messung und Beobachter, anwendbar auf Quantenfeldtheorie und Quantenkosmologie ... das größte Manko sind sicher die bizarr-anmutenden Schlussfolgerungen. Dennoch, die Bohmsche Mechanik kann da nicht mithalten.
  • Es gibt auch einige (wenige) Physiker, die die Quantenmechanik explizit um einen tatsächlichen realen Kollaps erweitern möchten; dabei handelt es sich dann um eigenständige Theorien mit einem modifizierten Formalismus: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Obje...ollapse_theory

Hawkwind 24.09.20 08:54

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 93698)
...[*]Es gibt auch einige (wenige) Physiker, die die Quantenmechanik explizit um einen tatsächlichen realen Kollaps erweitern möchten; dabei handelt es sich dann um eigenständige Theorien mit einem modifizierten Formalismus: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Obje...ollapse_theory[/LIST]

Diese Ansätze scheinen doch nicht wirklich überzeugend, denn sie vertragen sich nicht mit der Speziellen Relativität. Ein instantaner Kollaps ist eben nicht relativistisch kovariant.

TomS 24.09.20 10:29

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93699)
Diese Ansätze scheinen doch nicht wirklich überzeugend, denn sie vertragen sich nicht mit der Speziellen Relativität. Ein instantaner Kollaps ist eben nicht relativistisch kovariant.

Die Ansätze sind - so wie die Bohmsche Mechanik - m.E. an vielen Stellen so limitiert, dass es sich nicht lohnt, einzelne Limitierungen im Detail zu betrachten.

Der Wert der Bohmsche Mechanik besteht nicht darin, was sie selbst konkret leistet, sondern darin, das Dogma "Kopenhagen" aufgebrochen zu haben. Das ist auch der Werdegang von Bohm selbst; er hatte vorher noch ein Buch im "Geiste Kopenhagen" geschrieben.

TomS 25.09.20 16:27

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93708)
Kollaps einer Wellenfunktion ist natürlich Nonsens und das weiß man seit Max Born (Nobelpreis 1954) der die Wellenfunktion (Quadrat davon) als Wahrscheinlichkeitsverteilung erkannt und interpretiert hat.
Die Idee dazu stamm übrigens von Einstein.

Seither spricht man nicht mehr vom Kollaps sondern vom Eintreten eines Ereignisses (z.B. Ortsmessung) dessen Wahrscheilichkeit nach einer Verteilungsfunktion gegeben ist.

Damit ist die Vorstellung vom Wellenkollaps und die damit verbundenen Irritation vom Tisch.
Also längst alles erledigt und abgehakt.

Das ist einfach nur Quatsch!

soon 25.09.20 17:27

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93708)
Kollaps einer Wellenfunktion ist natürlich Nonsens und das weiß man seit Max Born (Nobelpreis 1954) der die Wellenfunktion (Quadrat davon) als Wahrscheinlichkeitsverteilung erkannt und interpretiert hat.
Die Idee dazu stamm übrigens von Einstein.

Seither spricht man nicht mehr vom Kollaps sondern vom Eintreten eines Ereignisses (z.B. Ortsmessung) dessen Wahrscheilichkeit nach einer Verteilungsfunktion gegeben ist.

Sowas kann man nicht hinschreiben ohne Referenzen anzugeben, mMn.

Hawkwind 25.09.20 18:00

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von soon (Beitrag 93710)
Sowas kann man hinschreiben ohne Referenzen anzugeben.

Zu "meiner Zeit" hieß das noch nicht-lokale Reduktion der Zustandsfunktion; "Kollaps" kam wohl mehr aus der angelsächsischen Literatur.

Diese Begriffe - v.a. "Kollaps" - sind immer noch in Verwendung.
"Eintreten eines Ereignisses" ist doch viel zu allgemein, und nichts, was die Kopenhagener Deutung ausmacht.

Hawkwind 25.09.20 18:05

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93708)
Kollaps einer Wellenfunktion ist natürlich Nonsens und das weiß man seit Max Born (Nobelpreis 1954) der die Wellenfunktion (Quadrat davon) als Wahrscheinlichkeitsverteilung erkannt und interpretiert hat.
Die Idee dazu stamm übrigens von Einstein.
...

Soll das ein Witz sein?
Einstein war bekanntlich ein Gegner der Wahrscheinlichkeits-Interpretation der Quantenmechanik: "Gott würfelt nicht".

TomS 25.09.20 23:17

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93712)
Soll das ein Witz sein?
Einstein war bekanntlich ein Gegner der Wahrscheinlichkeits-Interpretation der Quantenmechanik: "Gott würfelt nicht".

Einstein war eher Gegner der nicht-Lokalität denn einer Wahrscheinlichkeits-Interpretation; Fan war er von keiner der beiden ;-)

soon 26.09.20 00:55

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Sorry, ich hatte oben 'nicht' vergessen (zuviel Bier) und wollte nur Quellenangaben zu den Behauptungen erfahren.


Zitat:

Zitat von Hawkwind (Beitrag 93712)
Soll das ein Witz sein?
Einstein war bekanntlich ein Gegner der Wahrscheinlichkeits-Interpretation der Quantenmechanik: "Gott würfelt nicht".

Erkennen, dass die Quantenmechanik Wahrscheinlichkeiten liefert und Determinist sein widerspricht sich mMn nicht, sondern weist eigentlich nur auf die Einsicht hin, dass die Quantenmechanik nicht alle Fragen beantwortet.

TomS 26.09.20 07:21

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von soon (Beitrag 93716)
Erkennen, dass die Quantenmechanik Wahrscheinlichkeiten liefert und Determinist sein widerspricht sich mMn nicht, sondern weist eigentlich nur auf die Einsicht hin, dass die Quantenmechanik nicht alle Fragen beantwortet.

Und genau das war das EPR-Argument: da nach Messung an einem Teilchen (eines verschränkten Paares) Ort und Impuls des anderen Teilchens beliebig scharf bestimmt (berechnet) werden können, sind diese beiden Größen für das zweite Teilchen Bestandteile einer objektiven Realität. Da jedoch die Quantenmechanik letzteres in ihrem Formalismus nicht abbildet, ist sie notwendigerweise unvollständig (bzgl. dieser objektiven Realität).

Das Argument ist im Kern nicht gegen eine Wahrscheinlichkeitsinterpretation oder
die Unschärfenrelation gerichtet. Das war ein grundlegendes Missverständnis von Bohr et al., die nicht “realistisch” dachten.

https://journals.aps.org/pr/pdf/10.1103/PhysRev.47.777
Can Quantum-Mechanical Description of Physical Reality Be Considered Complete?
A. Einstein, B. Podolsky, and N. Rosen
Phys. Rev. 47, 777 – Published 15 May 1935
ABSTRACT
In a complete theory there is an element corresponding to each element of reality. A sufficient condition for the reality of a physical quantity is the possibility of predicting it with certainty, without disturbing the system. In quantum mechanics in the case of two physical quantities described by non-commuting operators, the knowledge of one precludes the knowledge of the other. Then either (1) the description of reality given by the wave function in quantum mechanics is not complete or (2) these two quantities cannot have simultaneous reality. Consideration of the problem of making predictions concerning a system on the basis of measurements made on another system that had previously interacted with it leads to the result that if (1) is false then (2) is also false. One is thus led to conclude that the description of reality as given by a wave function is not complete.

soon 26.09.20 10:16

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93722)
Alles längst Geschichte und abgehakt worüber hier diskutiert wird.

Ein vollkommen deterministisches System liefert Wahscheinlichkeitsangaben statt eindeutiger Vorhersagen.

Ich verstehe gerade nicht, wie man darin keine offene Frage sehen kann.

Quantor 26.09.20 10:35

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von soon (Beitrag 93725)
Ich verstehe gerade nicht, wie man darin keine offene Frage sehen kann.

Das passiert, wenn man die Physik einer Metaphysik unterordnen will.
Mutet nach einem "naivem" Weltbild an.

Hawkwind 26.09.20 10:45

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93721)
Dann haben Sie einiges noch nicht verstanden wenn Sie nach 66Jahren immer noch von Kollaps und Viele Welten reden.
Der Humbug ist schon längst vom Tisch.

Was soll den bitte daran Quatsch sein?
Ist alles bei Wikipedia nachzulesen und wird auch so von den nicht "Gestrigen"
Physikern anerkannt.

Sorry, aber das ist doch glatter Unfug: die Interpretationen der Quantentheorie sind immer noch hoch-aktuelles Forschungsgebiet, siehe z.B.

Consistent interpretations of quantum mechanics

'Many Minds'. Interpretations of Quantum Mechanics

The Consistent Histories Approach to Quantum Mechanics

Modal interpretations of quantum mechanics

A uniqueness theorem for 'no collapse'interpretations of quantum mechanics

etc etc

Timm 26.09.20 10:50

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93721)
Der Humbug ist schon längst vom Tisch.

Ist alles bei Wikipedia nachzulesen.

So? Wo ist das hier nachzulesen?

TomS 26.09.20 10:58

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93730)
Max Born's Interpretation ist seit 66 Jahren anerkannt.
Er hat ja auch den Nobelpreis dafür bekommen.
Und mit seiner Interpretation ist auch der Kollaps der Wellenfunktion kein Thema mehr.

Ich sag’s gerne nochmal: das ist Quatsch!!

Dass “theoretische Physiker damit noch nicht zurechtkommen” hat einige triviale Gründe: Die Bohr / Bornsche Interpretation ist nicht allgemein anerkannt, und die Natur richtet sich nicht nach Nobelpreisen.

Ich schreibe nicht mehr dazu, denn dies steht alles in Beiträgen, die du lesen könntest, jedoch ignorierst.

TomS 26.09.20 11:00

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93721)
Dann haben Sie einiges noch nicht verstanden wenn Sie nach 66Jahren immer noch von Kollaps und Viele Welten reden.
Der Humbug ist schon längst vom Tisch.

Was soll den bitte daran Quatsch sein?
Ist alles bei Wikipedia nachzulesen und wird auch so von den nicht "Gestrigen"
Physikern anerkannt.

Ich habe den Beitrag gemeldet.

TomS 26.09.20 12:16

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93744)
Wie man in den Wald schreit so hallt es wieder heraus.
Das muß ihnen schon klar sein wenn Sie unsachlich mit
"das ist Quatsch" antworten.
Ihr "das ist Quatsch" Beitrag sollte auch gemeldet werden den das sind keine würdigen Antworten
in einem Physikforum.

Die sachlichen Argumente stehen auf den sechs Seiten davor - die vernünftig entstehen konnten, solange Sie sich nicht beteiligt haben.

Insofern sind Ihre Beiträge nicht nur Quatsch sondern zudem auch unverschämt.

Bernhard 26.09.20 20:26

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93730)
Max Born's Interpretation ist seit 66 Jahren anerkannt.
...
Und mit seiner Interpretation ist auch der Kollaps der Wellenfunktion kein Thema mehr.

So einfach ist das nicht: z.B. The Trouble with Many Worlds (Sabine Hossenfelder 27.09.2019)
Zitat:

In my video, I explain what the problem is with this measurement postulate.

soon 27.09.20 07:19

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93727)
Der Zufall in der Quantenmechanik ist fundamental und nicht wegzubekommen.

Mit dem Wort Zufall kann ich in der Physik nichts anfangen. Ich weiss nicht mal genau, was es bedeuten soll, Abwesenheit von Gesetzmäßigkeit?
Jedenfalls scheint Zufall ein Entweder-Oder zu sein - 'ein bisschen zufällig' geht wohl nicht.

Ungenauigkeit ist etwas ganz anderes, dafür kann man ein Maß angeben - ein Mehr oder Weniger. Ungenauigkeiten bzgl. Vorhersagen sind tatsächlich fundamental (Schmetterlingseffekt), stehen aber nicht im Widerspruch zur Determiniertheit der Natur - das ist aber ein anderes Thema.

Nebenbei, - ohne Ungenauigkeit in Verhersagen kämen wir garnicht zurecht (wenn ich 100%ig sicher weiß, dass ich mir morgen um 12:42:13 Uhr aus Ungeschicklichkeit in den Finger schneide, dann funktioniere ich zumindest bis dahin nicht mehr richtig. Das gilt auch für die Vorhersage des Zeitpunkts der nächsten Sonnenfinsternis oder des nächsten Sonnenaufgangs, auch hier gibt es für uns nur ein 'so gut wie sicher').


Zitat:

Zitat von reinhard (Beitrag 93727)
Welche offene Frage genau haben Sie was die Quantenmechanik anbelangt?

Erstmal, um Missverständnisse zu vermeiden, welche Frage ist tatsächlich abgehakt und nicht offen?

Die Frage nach dem 'welcher Weg beim Doppelspaltexperiment' ist geklärt und abgehakt. Es gibt da keinen Weg. Unsere Alltagsvorstellung greift diesbezüglich zu kurz, bzw. hat einen zu kleinen Gültigkeitsbereich. Das ist keine offene Frage, sondern eine Erkenntnis - vielleicht die wichtigste Erkenntnis der Quantenmechanik bisher.




Welche Frage ist mMn offen?

Die Entstehung des Interferenzmusters erfolgt nach Gesetzmäßigkeiten und nicht zufällig - das dürfte unstrittig sein.

Gleiches gilt mMn für die Abfolge der einzelnen Einschläge. Die Abfolge der Detektionen bzgl. Ort und Zeit erfolgt nach Gesetzmässigkeiten, vollständig determiniert und für uns eigentlich genauso berechenbar und vorhersagbarbar wie das gesamte Muster - mit gewisser Ungenauigkeit. Ich will Aussagen bzw. Vorhersagen zu den jeweils nächsten Detektionen haben, die besser sind als das was jetzt haben, nämlich garnichts.

Wenn das gelingt, dann sind auch bessere Vorhersagen in anderen dynamischen Systemen möglich, Klima-, Wetter, Pandemie-, Finanzmarktentwicklungen , usw. .

Voraussichtlich wird es andersherum sein, - man wird beim Experimentieren mit riesigen Mengen von z.B. Finanzmarktdaten auf Gesetzmäßigkeiten stossen und sich danach wieder an die Quantenmechanik erinnern.

TomS 27.09.20 09:30

AW: Kollaps der Wellenfunktion am Doppelspalt
 
Zitat:

Zitat von soon (Beitrag 93756)
Erstmal, um Missverständnisse zu vermeiden, welche Frage ist tatsächlich abgehakt und nicht offen?

Abgehakt sind wohl Fragen zu mathematischen Methoden und Berechnungen bzgl. Beobachtungsdaten. Falls keine (groben) Näherungen verwendet werden müssen, stimmen berechnete und beobachtete Daten perfekt überein.

Nicht abgehakt ist sicher die Frage, wie sich ein System in der Natur unabhängig von bzw. vor einer Beobachtung tatsächlich verhält, d.h. ob der quantenmechanische Zustandsvektor als Abbild realer Vorgänge verstanden werden kann - oder er im o.g. Sinne lediglich als rein statistisches Rechenwerkzeug verstanden werden darf und ihm darüber hinaus keine weitere Bedeutung zukommt.
Damit eng verknüpft ist das Messproblem, d.h. letztlich die Frage, ob und wie es möglich ist, Entstehen, Anzeige und Beobachtung eindeutiger Messergebnisse im Gegensatz zu quantenmechanischen Superpositionen auf Basis der Dynamik der Quantenmechanik = der Schrödingergleichung vollständig abzuleiten - oder ob dazu ein Postulat wie das von Neumannsche Projektspostulat notwendig ist, das letztlich nichts erklärt.

Anhand von Schrödingers Katze: nicht abgehakt ist die Frage, ob sich die Katze tatsächlich in einem Superpositionszustand befindet, und warum wir diesen nicht wahrnehmen, obwohl er im quantenmechanischen Formalismus auftaucht, letztlich also die Frage, was dieser Formalismus über die Realität in der geschlossenen Kiste aussagt.

Viele Pseudo-Antworten laufen letztlich immer darauf hinaus, die Frage verbieten zu wollen.


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