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Systemdynamiker 09.08.20 11:11

Schiefe Ebene
 
Eine Kugel rollt eine schiefe Ebene hinunter. Welche Kräfte wirken auf die Kugel? Vom Gravitationsfeld her wirkt eine Gewichtskraft und von der Ebene eine Unterlagskraft. Die Gewichtskraft kann in eine Parallel- und eine Normalkomponente zerlegt werden. Die Unterlagskraft in eine Normal- und eine Haftreibungskraft. Eigentlich ist alles klar. Nun hat mir meine Frau eine Tasse geschenkt, auf der nur die Gewichtskraft eingezeichnet und die Normalkraft zur Komponente der Gewichtskraft degradiert worden ist.
Wieso - und das gilt auch für viele Schulbücher - werden im deutschen Sprachraum in den einfachsten Beispielen die Kräfte falsch eingezeichnet?
(Kann man hier auch ein Foto hochladen?)

TomS 09.08.20 13:41

AW: Schiefe Ebene
 
Zitat:

Zitat von Systemdynamiker (Beitrag 93486)
(Kann man hier auch ein Foto hochladen?)

Nein, aber verlinken.

Systemdynamiker 09.08.20 14:38

Tasse Physik
 
Hier ein Link zu dieser Tasse. Die Tasse ist nicht das Problem, sondern die Schulbücher mit ähnlichen Skizzen.
https://ch.erwinmueller.com/Koenitz-...SABEgJeW_D_BwE

TomS 10.08.20 12:12

AW: Schiefe Ebene
 
Ich wüsste nicht, was an dem Bild falsch sein soll. Eine Kraft wird in zwei Komponenten zerlegt.

Bernhard 10.08.20 13:44

AW: Tasse Physik
 
Zitat:

Zitat von Systemdynamiker (Beitrag 93489)
Hier ein Link zu dieser Tasse. Die Tasse ist nicht das Problem, sondern die Schulbücher mit ähnlichen Skizzen.

Da fragt man sich natürlich schon auch, ob das Forum in diesem Fall nicht als Werbeplattform missbraucht werden soll.

Systemdynamiker 10.08.20 17:27

AW: Schiefe Ebene
 
Die schiefe Ebene ist das Paradebeispiel für eine grosse Fehlentwicklung im deutschen Sprachraum. Hier wird die Gewichtskraft in zwei Komponenten zerlegt, was keine allzugrosse Leistung ist. Aber wieso gibt man den Komponenten mit Hangabtrieb und Normalkraft zwei neue Namen? Damit geht doch vergessen, dass es sich um Komponenten der Gewichtskraft (Volumenkraft) handelt. Zudem sollten immer alle Kräfte eingezeichnet werden. Würde wie hier skizziert nur die Gewichtskraft wirken, würde die Kugel frei hinunter fallen. Die schiefe Ebene wirkt mit einer Kraft (Oberflächenkraft, Integral über den Spannungstensor) entgegen, die in Normalkraft (!) und Haftreibungskraft zerlegt wird. Letztere ist notwendig, damit die Kugel überhaupt rollt.
Wenn man die schiefe Ebene für so wichtig hält, sollte man wenigstens die Physik korrekt vermitteln: Kräfte einzeichnen, geeignetes Koordinatensystem einführen und Kräfte in Komponenten zerlegen, Bewegungsgleichungen (2. Newtonsches Gesetz) formulieren, Rollbedingung oder Gleitreibungsgesetz hinzufügen, auflösen.
Die Amerikaner wissen wenigsten, wie das geht https://www.miniphysics.com/uy1-more...ng-motion.html
PS.: Die Tasse habe ich genommen, um zu zeigen, welche Breitenwirkung dieser Unsinn im deutschen Sprachraum schon entfaltet hat. Gerne ich eine eigene Foto hochgeladen, aber das geht hier offensichtlich nicht. Und wenn ich einen Link auf ein Lernvideo von mir gesetzt hätte, wäre der Vorwurf der Schleichwerbung auch gekommen.

Bernhard 10.08.20 19:10

AW: Schiefe Ebene
 
Zitat:

Zitat von Systemdynamiker (Beitrag 93494)
Die Amerikaner wissen wenigsten, wie das geht https://www.miniphysics.com/uy1-more...ng-motion.html

Ich sehe da eher den Unterschied zwischen Schul- und Universitätswissen.

Systemdynamiker 10.08.20 20:01

AW: Schiefe Ebene
 
Leider trifft das nicht zu. Im Gerthsen sieht es noch viel schlimmer aus. Da stimmt nicht mal die Vektorrechnung.

Quantor 12.08.20 13:30

AW: Schiefe Ebene
 
Zitat:

Zitat von Systemdynamiker (Beitrag 93486)
Eine Kugel rollt eine schiefe Ebene hinunter. Welche Kräfte wirken auf die Kugel? Vom Gravitationsfeld her wirkt eine Gewichtskraft und von der Ebene eine Unterlagskraft. Die Gewichtskraft kann in eine Parallel- und eine Normalkomponente zerlegt werden. Die Unterlagskraft in eine Normal- und eine Haftreibungskraft. Eigentlich ist alles klar. Nun hat mir meine Frau eine Tasse geschenkt, auf der nur die Gewichtskraft eingezeichnet und die Normalkraft zur Komponente der Gewichtskraft degradiert worden ist.
Wieso - und das gilt auch für viele Schulbücher - werden im deutschen Sprachraum in den einfachsten Beispielen die Kräfte falsch eingezeichnet?
(Kann man hier auch ein Foto hochladen?)

Welche Kräfte bleiben ohne Gewichtskraft?
Anders formuliert, es gibt eingeprägte Kräfte und Zwangs-/Reaktionskräfte.
Hierzu zerlegt man eingeprägte Kräfte in die entsprechenden Komponenten.
Das wusste schon Newton.

Systemdynamiker 13.08.20 09:35

AW: Schiefe Ebene
 
In der (Newtonschen) Punktmechanik ist eine Kraft eine Wechselwirkung zwischen zwei Körpern, in der d'Alembert-Lagrangen Mechanik werden Freiheitsgrade mithilfe von Zwangsbedingungen eliminiert und in der technischen Mechanik ist eine Kraft entweder eine Volumenkraft (Gravitation) oder eine Schnittgrösse. Schnittkräfte können eingeprägt (willkürlich) oder als Zwangs- oder Führungskraft auftreten (Reaktionskraft sollte man in diesem Zusammenhang nicht verwenden, weil sonst eine Verwechslungsgefahr mit dem Wechselwirkungsprinzip besteht). Nun darf man diese drei Modellstrukturen nicht mischen. An Gymnasien sollte man sich wie die Amerikaner an der Begriffsstruktur der technischen Mechanik orientieren. Wer Physik studieren will, muss nur die analytische Mechanik (Lagrange und Hamilton) versteh, für Ingenieure ist ein saubees Kraft- oder Schnittbild dagegen die halbe Miete.

Ohne die Modellstrukturen zu betonen (wieso eigentlich nicht?), sollten die Gesetze so formuliert werden, dass sie in sich konsistent sind und auch bei komplexeren Anwendungen funktionieren. Die Summe aller Kräfte muss in jedem Fall in Richtung der Beschleunigung zeigen. Die Normalkraft hängt nur über die Gleichgewichtsbedingung mit der Gewichtskraft zusammen. Bei einem startenden Flugzeug nimmt die Normalkraft mit steigender Geschwindigkeit bei konstanter Gewichtskraft ab, weil der Auftrieb zunimmt. Die Kugel auf der schiefen Ebene kann nur rollen, wenn eine Haftreibungskraft wirkt. Man könnte den oberen Teil der schiefen Ebene einfetten, dann würde die Kugel zuerst rutschen, um erst später zu rollen (übrigens ein interessantes Problem). Wirkt eine (eingeprägte) Kraft horizontal auf den Klotz auf der schiefen Ebene ein, kann man das Problem nur mittels sauberer Vorgehensweise lösen. Die von mir angesprochene Malaise bezüglich schiefer Ebene scheint es nur im deutschen Sprachraum zu geben. Neben den Amerikanern gehen auch die Franzosen korrekt vor. Studierende aus dem Tessin haben mich belehrt, dass man auch südlich der Alpen Kräfte korrekt einzeichnet.


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