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-   -   Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung? (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=939)

Slash 04.01.09 23:52

Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Hallo Zusammen,

eine theoretische Frage:

Die Zeit vergeht ja unter Einfluss eines Schwerefeldes langsamer, also im Schwarzenloch steht sie dann still, etc. das ganze gedöns, das ja jeder PM Leser vor 20 schon bestaunen konnte.... na ja egal.

Also meine Frage ist: Gibt es Zeitdilatation auch aufgrund des "Schwerefeldes" aufgrund von Beschleunigungen, mal ganz theoretisch angenommen?

Also einfach gefragt: Ich sitze in einem Raumschiff und werde mit 2 g dauernd beschleunigt. Geht für mich während der Beschleunigungsphase die Zeit langsamer als bei einem Erdbewohner mit 1g ? (Anm.: Unter Vernachlässigung des Effektes der Zeitdil. aufgrund der Geschwindigkeit - das ist schon klar - auch wenn dieser Effekt ggf. größer ist).

Viele Grüße
Slash

Sino 05.01.09 00:30

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Soweit ich weiss, soll das gleichmässige Beschleunigen hinter dem Raumschiff etwas erzeugen, was Lee Smolin, der Autor von "Three Roads to Quantum Gravity" Hidden Region genannt hat. Man bekommt dann einen Ereignishorizont hinter seiner Rakete, der wohl um so näher ist, je stärker man beschleunigt.

So wie ich das interpretiere heisst das, vom Raumschiff aus würde man wohl beobachten, dass die Uhren auf der Erde immer langsamer gehen und irgendwann würde man von der Erde gar kein Signal mehr bekommen, obwohl man nur beschleunigt und c gar nicht erreicht.
Das heisst, es wäre praktisch das Gleiche, als ob die Erde in ein schwarzes Loch fallen und irgendwann darin verschwinden würde, wenn ich das recht interpretiere. Dieser Ereignishorizont verschwindet jedoch sofort wieder, sobald man aufhört zu beschleunigen.

Nun bin ich mir nicht sicher, wie das umgekehrt ist, also was der Erdbewohner über die Rakete sagen würde. Ich dachte, ich erwähne das aber mal, da das eigentlich ein ziemlich interessanter Effekt ist, wenn man auf das Thema Zeitdilatation bei Beschleunigung spricht :)


P.S.: Mal schauen, ob ich noch die Herleitung dazu liefern kann. Ich muss dazu sagen, dass der Effekt experimentell wohl noch nicht bestätigt wurde, sondern sich nur aus der Theorie ergibt.

EMI 05.01.09 02:07

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Zitat:

Zitat von Slash (Beitrag 31509)
Also einfach gefragt: Ich sitze in einem Raumschiff und werde mit 2 g dauernd beschleunigt. Geht für mich während der Beschleunigungsphase die Zeit langsamer als bei einem Erdbewohner mit 1g ? (Anm.: Unter Vernachlässigung des Effektes der Zeitdil. aufgrund der Geschwindigkeit - das ist schon klar - auch wenn dieser Effekt ggf. größer ist).

Hallo Slash,

ja, da gleichförmig beschleunigt und ruhend im grav.Feld das Gleiche sind.

Die Zeit t' im mit gleichförmiger Beschleunigung a bewegtem Raumschiff berechnet sich mit:

t' = c/a arsinh(at/c) = c/a ln[(at/c)+√(1+(a²t²/c²))]

mit der grav.Feld Erdzeit t

t = T/√(1-(2rs/re)) mit der grav.Feld freien Zeit T, dem Schwarzschildradius der Erde rs und dem Erdradius re

Gruß EMI

Slash 05.01.09 09:17

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Vielen Dank für eure Antworten!

Spannende Geschichte!

Bauhof 05.01.09 15:30

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Zitat:

Zitat von Slash (Beitrag 31509)
Also einfach gefragt: Ich sitze in einem Raumschiff und werde mit 2g dauernd beschleunigt. Geht für mich während der Beschleunigungsphase die Zeit langsamer als bei einem Erdbewohner mit 1g ? (Anm.: Unter Vernachlässigung des Effektes der Zeitdil. aufgrund der Geschwindigkeit - das ist schon klar - auch wenn dieser Effekt ggf. größer ist).

Hallo Slash,

deine Frage "Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?" erscheint mir etwas seltsam. Warum?

1. Es gibt die gravitative Zeitdilatation.
2. Es gibt die Zeitdilatation bei Beschleunigung.
3. Es gibt die Zeitdilatation "aufgrund der Geschwindigkeit" (wie du es ausdrückst).

Und wieso soll jetzt nach deiner Meinung dabei die Zeitdilatation vernachlässigt werden? Sie ist bei (1), (2) und (3) nicht vernachlässigbar. (1) ist durch Einsteins Gravitationstheorie (ART) beschreibbar. (2) und (3) sind durch Einsteins spezieller Relativitätstheorie (SRT) beschreibbar und quantitativ durch die Lorentz-Transformationen berechenbar.

Gleichgültig, ob sich dein Raumschiff beschleunigt oder relativ zur Erde unbeschleunigt bewegt, in beiden Fällen tritt die Zeitdilatation in Erscheinung. Der einzige Unterschied ist der, dass im Minkowski-Diagramm die unbeschleunigte Bewegung als gerade Weltlinie und die beschleunigte Bewegungen als gekrümmte Weltlinie dargestellt wird. In beiden Fällen entspricht die Länge der durchlaufenen Weltlinie der Eigenzeit des Raumschiffs. Und die Eigenzeit des Raumschiffs ist in beiden Fällen unterschiedlich zur Eigenzeit des Erdbewohners - eben aufgrund der Zeitdilatation.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

Slash 05.01.09 16:50

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Hallo,
vielen Dank für die Antwort.
Mit Vernachlässigen meinte ich natürlich nicht, dass die Dilatation aufgrund der Geschwindigkeit zu vernachlässigen wäre, sondern einfach für die "theoretische Betrachtung".

Mich interessierte bzw. damit meinte ich, ob, wenn man die Dilatation aufgrund der Geschwindigkeit herausrechnet (hier muss man wohl integrieren, da die Geschwindigkeit zuwächst) sich "einfach" auch nur aufgrund der Beschleunigung (also entsprechend wie wenn das System einem Schwerefeld ausgesetzt ist) sich eine Zeitdilatation ergibt.

Sorry, ich bin leider nur populärwissenschaftlich hoch gebildet ;-)

Aber solche Dinge beantworten die ja nicht in ihren Magazinbeträgen (wobei ich PM wirklich seit bestimmt über 15 Jahren nicht mehr gelesen hab)

Viele Grüße

Slash

Marco Polo 05.01.09 23:37

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Zitat:

Zitat von Slash (Beitrag 31528)
Mich interessierte bzw. damit meinte ich, ob, wenn man die Dilatation aufgrund der Geschwindigkeit herausrechnet (hier muss man wohl integrieren, da die Geschwindigkeit zuwächst) sich "einfach" auch nur aufgrund der Beschleunigung (also entsprechend wie wenn das System einem Schwerefeld ausgesetzt ist) sich eine Zeitdilatation ergibt.

Hallo Slash,

wenn man die Zeitdilatation aufgrund einer gleichförmigen Beschleunigung berechnen möchte, dann wird da keine Zeitdilatation aufgrund der Geschwindigkeit herausgerechnet.

EMI hat die Formel für die Berechnung ja korrekt angegeben:

(ich habe allerdings wegen der Finanzkrise gefühlte 7 Klammern aus seiner Formel entfernt. Klammern sind teuer. ;)

t' = c/a ln[at/c+√(1+a²t²/c²)]

Falls du es noch nicht wusstest:

t' ist hier die Raumschiffzeit und t die Erdzeit.
Das a ist hier die Eigenbeschleunigung des Raumschiffes (nennt man auch alpha oder α)

Diese Eigenbeschleunigung bleibt im Raumschiffsystem konstant, also immer 2g.

Vom Erdsystem aus betrachtet verringert sich die Beschleunigung des Raumschiffes aber stetig, da es ja sonst irgendwann Überlichtgeschwindigkeit erreichen würde.

Eine gleichförmige Beschleunigung gibt es also nur im Raumschiffsystem und nicht vom beobachtenden Erdsystem aus gemessen.

Gruss, Marco Polo

Slash 06.01.09 08:42

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Hallo, hoffe habe deine Antwort nicht falsch verstanden.

Natürlich muss man bei einer konkreten Aufgabenstellung alle Effekte berücksichtigen.

Ursprünglich im Ausgangsposting hatte ich mich gefragt, ob die Zeitdilatation die aufgrund des Schwerefeldes durch eine Masse ensteht ebenso gut durch eine Beschleunigung entsteht / enstehen könnte.

Mit dem konkreten Anwendungsfall (d.h. Einbeziehung aller Effekte, etc.) müsste ich mich mal beschäftigen. Fällt mir als nicht Physiker nicht so leicht.

Viele Grüße

Slash

Slash 06.01.09 08:51

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 31537)

Eine gleichförmige Beschleunigung gibt es also nur im Raumschiffsystem und nicht vom beobachtenden Erdsystem aus gemessen.


Hallo Marco Polo,

genau das hatte ich aber gemeint, bzw. wollte ich ja gar nicht!

Also für die theoretische Betrachtung würde es mir "nichts ausmachen" die Betrachtung nur für 170 Tage durchzuführen (damit eben Lichtgeschwindigkeit nicht erreicht würde) - (170 Tage hoffe, dass dieser Zahlenwert stimmt, hab ihn für a = 2 g = 20 m/s² mit der Formal t = c / a ungefähr herausbekommen).

Könnte man für die Betrachtung auch einen Satelliten in Umlaufbahn nehmen. Dessen "Schwerelosigkeit" entsteht ja eigentlich auch nur deshalb, weil die konstante Beschleunigung (Kreisbahn) der konstanten Beschleunigung durch die Massenanziehung entgegenwirkt?

Hm... vielleicht könnte man die Frage auch so stellen (?)

Viele Grüße

Slash

Uranor 06.01.09 09:00

AW: Gravitative Zeitdilatation auch bei Beschleunigung?
 
Hallo Slash,

gut nachvollziehbar ist die Zeitdilatation über die Trägheit. Die wirkt sich ja sowohl bei der Tiefe im G-Feld als auch bei hoher Geschwindigkeit aus. Nimmt die Trägheit zu, wirkt sich das bis runter zu den Eigenschwingungen aus. Wenn alle Funktionen träge verlangsamt sind, ist damit auch der Eigenzeitverlauf verlangsamt.

Der Zusammenhangskomplex incl. Zeit stellt sich im Grunde rein mechanisch dar. Zeit kann als etwas externes, als etwas einwirkendes nicht erkant werden. Das Objekt selbst realisiert seine Eigenzeit. So ausgewertet passt es zur Beobachtung.

Gruß Uranor


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