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-   -   Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch (http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=3732)

schmiereck 28.11.19 11:06

Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Meine Überlegung ist folgende, wenn Materie (und mit ihr die Information über sie) von einem Schwarzes-Loch "verschluckt" werden, gibt es ja die Frage ob dies vielleicht vernichtet wird oder für immer verschwindet, da keine Information aus dem SL mehr nach außen dringt.
Meine Überlegung ist nun folgende:
Kann ich nicht annehmen, dass beim "verschlucken" Informationen über das Objekt über Gravitationswellen nach außen gegeben werden?
Also zumindest für Masse, Richtung und Geschwindigkeit müsste doch auch das SL "beben" (Vergößerung des Radius, eine Art Impuls in eine Richtung) wenn es einen Körper aufnimmt und dies als Gravitations-"Strahlung" an die Raumzeit abgeben.
Wäre damit nicht die Information über das Objekt außerhalb des SL weiter verfügbar?

Herr Senf 28.11.19 22:10

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Wir befinden uns aber nicht im Unendlichen von den Schwarzen Löchern, sehen auch die großen.

TomS 29.11.19 07:06

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Zitat:

Zitat von schmiereck (Beitrag 92436)
Kann ich nicht annehmen, dass beim "verschlucken" Informationen über das Objekt über Gravitationswellen nach außen gegeben werden?

Selbst wenn Gravitationswellen abgegeben werden, können sie nicht die gesamte Information des Quantenzustandes tragen.

Und in Spezialfällen wie dem sphärisch-symmetrischen Kollaps werden keine Gravitationswellen abgestrahlt, der Informationsverlust wäre demnach maximal.

Das Problem ist tiefergehend und kann ohne Quantenmechanik nicht diskutiert sowie ohne eine Theorie der Quantengravitation - für die wir lediglich Ansätze haben - wohl nicht gelöst werden.

sirius 29.11.19 13:10

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 92440)
Selbst wenn Gravitationswellen abgegeben werden, können sie nicht die gesamte Information des Quantenzustandes tragen.

Und in Spezialfällen wie dem sphärisch-symmetrischen Kollaps werden keine Gravitationswellen abgestrahlt, der Informationsverlust wäre demnach maximal.

Das Problem ist tiefergehend und kann ohne Quantenmechanik nicht diskutiert sowie ohne eine Theorie der Quantengravitation - für die wir lediglich Ansätze haben - wohl nicht gelöst werden.

Zum letzten Absatz

Der Nachweis eines weiteren Teilchens z.B. eines Gravitons würde hier wohl weiterhelfen.
Ist das mit dem LHC in der Schweiz machbar oder bräuchte man dazu den angedachten FCC? Es gibt ja Physiker, die die Notwendigkeit dieses neueren Modells eines Teilchenbeschleunigers in Frage stellen.

schmiereck 29.11.19 16:00

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Wenn Gravitationswellen abgeben wenden - warum sollten keine abgegeben werden? Wir haben die doch sogar schon gemessen?

Darin müssen doch die Informationen über die Masse und den Impuls messbar sein.
Die Information ist also weiterhin im Universum verfügbar, oder?

Marco Polo 30.11.19 00:46

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Zitat:

Zitat von schmiereck (Beitrag 92450)
Wenn Gravitationswellen abgeben wenden - warum sollten keine abgegeben werden? Wir haben die doch sogar schon gemessen?

Darin müssen doch die Informationen über die Masse und den Impuls messbar sein.
Die Information ist also weiterhin im Universum verfügbar, oder?

Das ist aber eben nicht immer so, dass Gravitationswellen abgegeben werden, wie Tom es bereits korrekt angemerkt hat (sphärisch-symmetrischer Kollaps).

Bei diesem sphärisch-symmetrischen Kollaps eines Sterns können also keinerlei Informationen mittels Gravitationswellen abgegeben werden.

schmiereck 01.12.19 16:27

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Zitat:

Zitat von Marco Polo (Beitrag 92455)
Das ist aber eben nicht immer so, dass Gravitationswellen abgegeben werden, wie Tom es bereits korrekt angemerkt hat (sphärisch-symmetrischer Kollaps).

Bei diesem sphärisch-symmetrischen Kollaps eines Sterns können also keinerlei Informationen mittels Gravitationswellen abgegeben werden.

Das verstehe ich, aber bei einem wirklich symmetrischen Kollaps muss der Ausgangsstern ja auch schon perfekt symmetrisch gewesen sein. Dann weiß ich, das ein perfekt runder Körper aus perfekt gepackten homogenen Material kollabiert ist und es dabei *keine* Gravitationswellen gab.
In diesem Falle ist also die Abwesenheit der Wellen die Information.

TomS 02.12.19 00:28

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Zitat:

Zitat von schmiereck (Beitrag 92459)
In diesem Falle ist also die Abwesenheit der Wellen die Information.

Ich denke, du verstehst den Begriff der quantenmechanischen Information nicht.

Nehmen wir an, der Stern bestünde aus N unterscheidbaren Teilchen (das ist quantenmechanisch nicht korrekt, vereinfacht jedoch die Argumentation und liefert letztlich ein qualitativ vergleichbares Resultat). Jedes Teilchen kann sich in Z Zuständen befinden. Die Gesamtzahl möglicher Zustände über alle Teilchen ist dann N*Z. Da sich jedes Teilchen in genau einem dieser Zustände befindet, muss man für jedes Teilchen 1,2...N und jeden möglichen Zustand 1,2...Z angeben, ob sich das jeweilige Teilchen in ihm befindet oder nicht. Die gesamte Information wird also in einem Bitmuster der Länge N*Z kodiert.

Diese Information ist jedoch im Endzustand verschwunden. Das klassische Gravitationsfeld trägt keine quantenmechanische Information.

schmiereck 03.12.19 20:27

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Erst einmal vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen und Deine Mühe die Du Dir gibst.

Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 92460)
Ich denke, du verstehst den Begriff der quantenmechanischen Information nicht.

Das kann natürlich immer sein, dass ich vieles nicht verstehe :D

Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 92460)
Nehmen wir an, der Stern bestünde aus N unterscheidbaren Teilchen (das ist quantenmechanisch nicht korrekt, vereinfacht jedoch die Argumentation und liefert letztlich ein qualitativ vergleichbares Resultat). Jedes Teilchen kann sich in Z Zuständen befinden. Die Gesamtzahl möglicher Zustände über alle Teilchen ist dann N*Z. Da sich jedes Teilchen in genau einem dieser Zustände befindet, muss man für jedes Teilchen 1,2...N und jeden möglichen Zustand 1,2...Z angeben, ob sich das jeweilige Teilchen in ihm befindet oder nicht. Die gesamte Information wird also in einem Bitmuster der Länge N*Z kodiert.

Dem kann ich gut folgen und aus dieser Richtung kommend, habe ich auch über die Fragestellung nachgedacht.
Wobei ich davon ausgegangen bin, das eine bestehende Singularität ein Elementarteilchen verschluckt.

Zitat:

Zitat von TomS (Beitrag 92460)
Diese Information ist jedoch im Endzustand verschwunden. Das klassische Gravitationsfeld trägt keine quantenmechanische Information.

Ich denke nicht unbedingt an die klassische Raumzeit mit Gravitationswellen, aber das spielt erst einmal keine Rolle. Information müsste nach meiner Vorstellung auch in den Gravitationswellen kodiert sein können, für die wir momentan Modelle haben.

Meinst Du aber nun, das sämtliche Information über das Ereignis verschwunden ist, auch wenn Gravitationswellen auftreten?
Zumindest ein Teil wird doch dabei an das Universum geschickt, oder liege ich da so komplett daneben?

TomS 03.12.19 23:07

AW: Gravitationswellen und Informationsverlust durch Schwarzes-Loch
 
Letzteres ist natürlich ein guter Punkt.

Nochmal zu der Information, die in den N*Z Bit gespeichert ist: zunächst mal ist diese kleiner als 2^(N*Z) aufgrund einiger quantenmechanischen Regeln, jedoch Größenordnung. Dann betrachten wir einen radial-symmetrischen Kollaps ohne Gravitationswellen; das kollabierende Objekt bzw. das resultierende schwarze Loch träg genau eine für die Gravitation relevante Information, nämlich die Masse M. Das ursprünglich vorhandene Objekt trägt jedoch eine Information der Größenordnung 2^(N*Z). Anders ausgedrückt, alle verschiedenen Objekte der Masse M kollabieren zum selben schwarzen Loch.

Und ja, etwas analoges gilt auch bei Berücksichtigung von Gravitationswellen und Hawkingstrahlung. Die Argumentation ist dann mathematisch aufwändig und sehr formal, allerdings immer mit dem selben Resultat: der Informationsverlust ist maximal, Gravitationswellen und Hawkingstrahlung tragen keine bzw. nur minimale Information.


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