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ingeniosus 05.08.11 13:48

Der Begriff Information
 
Physiker basieren sich gerne auf der Mathematik.

Also ist Information die Umkehrung der Auftrittswahrscheinlichkeit wie es Hartley und Shannon ursprünglich festgelegt haben.

1 Bit ist eine Einheit zur Messung des "Neuheitswertes".

1 Bit ist aber auch eine binäre Ziffer (=Teil einer Zahl).


Konsequenterweise müsste dann aber auch jeder Ziffer/Zahl (etwa auch einer dezimalen) ein Informationsgehalt zuteilbar sein......

... oder ist Information mehr?

Bauhof 05.08.11 15:03

AW: Der Begriff Information
 
Zitat:

Zitat von ingeniosus (Beitrag 62314)
... oder ist Information mehr?

Hallo ingeniosus,

ja, Information ist sicherlich mehr. Anton Zeilinger meint dazu, dass Wirklichkeit und Information die zwei Seiten einer Medaille sind. Schließlich macht Zeilinger dazu einen radikalen Vorschlag:

Wirklichkeit und Information sind dasselbe.

Seinen Vorschlag findet man in [1]. Zeilinger schreibt dazu auf Seite 228 folgendes:
Zitat:

Eine Welt, die so beschaffen ist, dass die Information, die wir besitzen - und wir besitzen nicht mehr -, offenbar in gewisser Weise auch unabhängig vom Beobachter besteht.

Aber in welcher Weise ist sie unabhängig vom Beobachter? Am stärksten sieht man das wahrscheinlich im quantenmechanischen Einzelprozess, dort, wo zum Beispiel rein zufällig ein Detektor das Teilchen registriert und der andere nicht. Hierbei werden alle Beobachter darin übereinstimmen, welcher Detektor das ist. Diese Unbeeinflussbarkeit des Einzelereignisses und die Übereinstimmung aller Beobachter über das Ergebnis sind wahrscheinlich die stärksten Hinweise darauf, dass es eine von uns unabhängige Welt gibt.

Was sind aber nun diese Eigenschaften der Wirklichkeit? Gibt es überhaupt diese Eigenschaften der Wirklichkeit? Was können wir über diese Wirklichkeit je wissen? Was bedeuten diese Fragen, wo wir ja schon gesehen haben, dass Information eine fundamentale Rolle spielt? Dazu möchte ich einen radikalen Vorschlag machen:

"Wirklichkeit und Information sind dasselbe."
Ich schlage also vor, die zwei Konzepte, die bisher anscheinend etwas völlig Verschiedenes beschrieben haben, als die zwei Seiten ein und derselben Medaille zu betrachten, im Grunde in ähnlicher Weise, wie wir von Einstein in der Relativitätstheorie gelernt hatten, dass Raum und Zeit zwei Seiten derselben Medaille sind.

Der Vorschlag ist also, wegen unseres Postulats, dass kein Naturgesetz und keine Naturbeschreibung einen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Information machen dürfen, die beiden als dasselbe anzusehen. Daher sollten wir nun auch einen neuen Begriff prägen, der beides umschließt, die Wirklichkeit und die Information. Daran, dass es einen solchen Begriff nicht nur noch nicht gibt, sondern dass es uns offenbar auch schwerfällt einen solchen auch nur zu denken, erkennen wir schon, wie diffizil die damit verbundenen konzeptiven Probleme sind. Unsere frühere Aussage, dass Information der Urstoff des Universums sei, ist nun auch im Sinne dieses gemeinsamen Begriffs von Wirklichkeit und Information zu sehen.
Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Zeilinger, Anton
Einsteins Schleier.
Die neue Welt der Quantenphysik.
München 2003. ISBN=3-406-50281-4

JoAx 05.08.11 16:21

AW: Der Begriff Information
 
Hallo Eugen!

Wie ist nach Zeilinger ein "Beobachter" definiert?
Ist dieser von der "Welt" unabhängig?
Kann dieser überhaupt von der "Welt" unabhängig sein?
Was wäre das für ein "Ding", wenn es von der "Welt" unabhängig wäre?
Speziell - Was hätte dieses "Ding" in der "Welt" zu suchen?


Gruß, Johann

Bauhof 05.08.11 16:53

AW: Der Begriff Information
 
Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 62320)
Wie ist nach Zeilinger ein "Beobachter" definiert?
Ist dieser von der "Welt" unabhängig?
Kann dieser überhaupt von der "Welt" unabhängig sein?

Hallo Johann,

ich habe Zeilinger so verstanden, dass es eine vom Beobachter unabhängige Welt besteht.

Er schrieb nichts darüber, dass wir Menschen unabhängig von der Welt sein könnten, wie du ihm vielleicht unterstellst. Dass wir Menschen abhängig von der Welt sind, kann doch nicht im (falschen) Umkehrschluss bedeuten, dass es deswegen keine von uns unabhängige Welt geben kann.

M.f.G Eugen Bauhof

JoAx 05.08.11 17:08

AW: Der Begriff Information
 
Zitat:

Zitat von Bauhof (Beitrag 62321)
Hallo Johann,

ich habe Zeilinger so verstanden, dass es eine vom Beobachter unabhängige Welt besteht.

Er schrieb nichts darüber, dass wir Menschen unabhängig von der Welt sein könnten, wie du ihm vielleicht unterstellst. Dass wir Menschen abhängig von der Welt sind, kann doch nicht im (falschen) Umkehrschluss bedeuten, dass es deswegen keine von uns unabhängige Welt geben kann.

M.f.G Eugen Bauhof

Ich glaube, du hast mich nicht ganz verstanden, Eugen.

Zeilingers Argumentation beruht auf dem Begriff eines "Beobachters". Das ist ein wesentlicher Bestandteil seiner Schlussfolgerungen, seiner Theorie, könnte man sagen.

Wie ist ein "Beobachter" aber physikalisch definiert?
Gibt es dafür überhaupt eine Definition?

In der KM gibt es z.B. keine Beobachter, nur Inertialsysteme.

Warum muss man von einer Unabhängigkeit der "Welt" von einem "Beobachter" überhaupt sprechen? Was ist daran so wichtig?


Gruß, Johann

Eyk van Bommel 05.08.11 21:47

AW: Der Begriff Information
 
Hallo Johann,
Zitat:

Wie ist ein "Beobachter" aber physikalisch definiert?
Gibt es dafür überhaupt eine Definition?
Beobachtung bedeutet für mich Wechselwirkung (Messung)
Beobachter interpretiert die Beobachtung.

Gruß
EVB

JoAx 05.08.11 21:56

AW: Der Begriff Information
 
Zitat:

Zitat von Eyk van Bommel (Beitrag 62323)
Beobachtung bedeutet für mich Wechselwirkung (Messung)
Beobachter interpretiert die Beobachtung.

Sagt mir nichts, ehrlich gesagt, Eyk. :confused:


Gruß, Johann

Philipp Wehrli 06.08.11 01:10

AW: Der Begriff Information
 
Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 62322)
Wie ist ein "Beobachter" aber physikalisch definiert?
Gibt es dafür überhaupt eine Definition?

Es gibt keine offizielle Definition und der Gebrauch unterscheidet sich erheblich. Insbesondere ist nicht immer ein Lebewesen gemeint. Rainer Oloff definiert z. B. den 'Beobachter' in seinem Buch über die Geometrie der Raumzeit so (statt f lies Gamma, statt element setze das Elementzeichen):
"Ein Beobachter ist eine stetig differenzierbare Abbildung f von einem Intervall nach M (Kurve), deren Tangentenvektoren f'(t) element Mf(t) zukunftsweisend zeitartig mit g(f'(t), f'(t)) = 1 sind."


Zitat:

Zitat von JoAx (Beitrag 62322)
Warum muss man von einer Unabhängigkeit der "Welt" von einem "Beobachter" überhaupt sprechen? Was ist daran so wichtig?

In der Quantentheorie ist das entscheidend, insbesondere im Einstein-Podolsky-Rosen Experiment:
http://homepage.hispeed.ch/philipp.w...sky_rosen.html

Es ist sehr schwierig, zu definieren, was 'Realität' heisst. Konsistent durchführbar ist diese Definition nur aufbauend auf eine der zwei Ansichten:
1. Die Realität hängt vom Beobachter ab.
2. Es gilt die Viele-Welten Interpretation.

Manche Physiker haben sich entschieden, den Begriff nicht zu definieren und einfach wütend zu werden, wenn sie danach gefragt werden.

EMI 06.08.11 01:57

AW: Der Begriff Information
 
Zitat:

Zitat von Philipp Wehrli (Beitrag 62327)
Es ist sehr schwierig, zu definieren, was 'Realität' heisst. Konsistent durchführbar ist diese Definition nur aufbauend auf eine der zwei Ansichten:
1. Die Realität hängt vom Beobachter ab.
2. Es gilt die Viele-Welten Interpretation.

Das dazu nur eine von den beiden (von Dir ausgewählten) Ansichten weiter hilft, ist aber nur ne Ansicht von Dir Philipp.

Hawkwind 06.08.11 08:41

AW: Der Begriff Information
 
Zitat:

Zitat von Philipp Wehrli (Beitrag 62327)
´´
Es ist sehr schwierig, zu definieren, was 'Realität' heisst. Konsistent durchführbar ist diese Definition nur aufbauend auf eine der zwei Ansichten:
1. Die Realität hängt vom Beobachter ab.
2. Es gilt die Viele-Welten Interpretation.

Manche Physiker haben sich entschieden, den Begriff nicht zu definieren und einfach wütend zu werden, wenn sie danach gefragt werden.

Ist ja auch schlicht falsch; auch im Kontext der Kopenhagener Deutung "hängt die Realität nicht vom Beobachter ab - zumindest solange man Realität über Beobachtbares definiert (s.u.)". Würde ja bedeuten, dass Beobachter A andere Ergebnisse bekommt als Beobachter B, wenn er ein Experiment unabhängig wiederholt. Das ist ja nun bekanntlich nicht der Fall, dann wäre es ja auch vorbei mit der unabhängigen Reproduzierbarkeit von Messergebnissen und damit eigentlich Schluss mit Physik.
Man muss bei der "Messung von Quanteneffekten" eben berücksichtigen, dass ggf. ein statistisches Ensemble von Messungen durchzuführen ist und in diesem Fall wird Experimentator A innerhalb der Messfehler kompatible Erwatungswerte bekommen.
Was man dagegen sagen kann, ist dass die Messung nicht vom Messobjekt getrennt werden kann - eine Zustandsveränderung des Messobjektes erfolgt zwangsläufig in der Kopenhagener Deutung ("Kollaps"). Das mag besonders strengen Definitionen von "Objektivität" vielleicht nicht genügen.
Die VWI hat andere Nachteile, die verhindert haben, dass sie von allen akzeptiert wird. Aus meiner Sicht ist der große Vorteil der KD ihre Einfachheit; man bekommt ein Rezept, das man sich leicht merken kann. Hat zwar obige Nachteile, aber die Deutungen sind ja nun allesamt Metaphysik, da experimentell nicht unterscheidbar. Was soll's also, da so ein Getue drum zu machen (natürlich nur meine persönliche Sicht).

Gruß,
Hawkwind


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