Zitat:
Zitat von Timm
Deine folgenden Aussagen, die ich nicht wirklich plausibel finde, werde ich einigen klaren Äußerungen von Sean Carroll gegenüberstellen.
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Zunächst mal ist meine Darstellung mathematsixch äquivalent zu Carroll's Aussage.
Zitat:
Zitat von Timm
...bei der Messung hat das Teilchen eine von 2 möglichen Eigenschaften und wegen der Aufrechterhaltung der Verschränkung beruht diese realisierte Teilcheneigenschaft nicht auf einem Kollaps der Wellenfunktion.
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... bei der Messung
zeigt das Teilchen gem. Everett
zweig-lokal, unter Aufrechterhaltung der Verschränkung und ohne Kollaps der Wellenfunktion eine von 2 möglichen Eigenschaften.
Zitat:
Zitat von Timm
Nun schreibst Du für mich etwas kryptisch: "Wenn unsere technischen Fähigkeiten voranschreiten, werden wir den Gültigkeitsbereich des Kollapses weiter reduzieren und die Everettsche Interpretation in immer größeren Maßstäben verifizieren."
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Der Kollaps ist offensichtlich phänomenologisch äquivalent zur Dekohärenz. Wenn du für ein bestimmtes Experiment die Wechselwirkung mit der Umgebung und somit die Dekohärenz gezielt kontrollieren kannst, dann widerspricht dies dem Kollaps. Du kannst ja schlecht einen Kollaps postulieren, der für ein Photonenbad mit Temperatur T2 gilt, jedoch nicht für ein solches mit T1 < T2. Jedes gezielte Vergrößern des Gültigkeitsbereiches der Quantenverschränkung oder der -interferenz ist ein Indiz gegen den Kollaps in diesem Gültigkeitsbereich.
Zitat:
Zitat von Timm
Klar scheine mir die Aussage: Eine Unterstützung Everett's wäre der experimentelle Nachweis, daß sich der Detektor in einer Superposition zweier Möglichkeiten gemäß Carroll's Anordung (2) befindet.
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Genau das tun wir doch mittels Detektoren, die im Grenzbereich zwischen Mikro- und Makrokosmos operieren und für die wir Intereferenzeffekte nachweisen können.
Da sind einerseits Systeme, für die Interferenzeffekte und damit die o.g. Struktur des Quantenzustandes gesichert sind, z.B. einzelne Photonen oder kohärente Zustände, auch über einige makroskopische Größenordnungen.
Dann sind da andererseits Systeme, für die Interefernzeffekte außerhalb jeglicher Reichweite sind, z.B. Billardkugeln.
Und dann haben wir Systeme, die sich irgendwo dazwischen bewegen, z.B., Atome, Moleküle, Bose-Einstein-Kondensate aus einigen 10^n Atomen, Quantenflüssigkeiten, Josephson-Elemente / SQUIDS, ...
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Zitat von Timm
Oder abgeschwächt, daß er sich überhaupt in einer Superposition befindet. Ein Nachweis der Realität der Vielen Welten wäre das aber noch immer nicht, denn wir können dort nicht nachschauen.
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Ist das jetzt ein philosophischer oder ein physikalischer Einwand?
Philosophisch können wir nie
beweisen, dass die o.g. Gleichungen irgendein System tatsächlich so beschrieben, wie es
tatsächlich real existiert; wir können immer nur zeigen, dass die korrekten
Phänomene resultieren. Die
ontologische Interpretation von Everett ist also nie beweisbar (genausowenig wie irgendeine andere Interpretation).
Physikalisch können wir jedoch experimentell belegen, dass sich Phänomene einzelner Quantenobjekte wie Photonen durch die o.g. Gleichungen korrekt vorhersagen lassen. Genauso können wir aber heute auch zeigen, dass dies für komplexere Systeme wie die o.g. SQUIDS u.a. gilt. Damit müssen wir zunächst akzeptieren, dass SQUIDS - in einem bestimmten experimentellen Umfeld - nicht dem Kollapspostulat gehorchen, sondern der unitären Zeitentwicklung, da andernfalls bestimmte Phänomene falsch vorhergesagt würden. Wir haben den Kollaps innerhalb
dieses experimentellen Umfeld explizit ausgeschlossen. Nun variieren wir das experimentelle Umfeld, indem wir z.B. einen Riesen-SQUID- bauen, oder die Temperatur erhöhen, oder was auch immer. Auf einmal ist das Verhalten in dieses
neuen experimentelle Umfeldes durch den Kollaps zutreffend beschreibbar, aber natürlich auch durch die Dekohärenz und das Aufrechterhalten der Zweigstruktur gemäß Everett ohne Kollaps.
Würdest du in diesem Falle für den Kollaps optieren?
Würdest du im Falle von Billardkugel für den Kollaps optieren? Warum für Billardkugeln, jedoch nicht für SQUIDS? Oder für C70-Fullerene?
Bedenke: für
jedes System, an dem du quantenmechanische Interferenz- oder Verschränkungsphänomene nachweisen kannst, darfst du den "Kollaps der Wellenfunktion" nicht anwenden, da du damit die mathematische Struktur zerstörst, aus der diese Phänomene folgen.
Damit beweisen wir
nicht, die Korrektheit der
ontologischen Interpretation der mathematischen Struktur gem. Everett. Aber wir widerlegen die
mathematische Anwendbarkeit des Projektionspostulates nach von Neumann.
Zitat:
Zitat von Timm
Eine nachgewiesene Superposition von Detektor + Teilcheneigenschaften verbunden mit einem Messresultat bedeutet Messung ohne Kollaps. Und damit womöglich die Bestätigung der VWI.
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Genau! Das ist die Stoßrichting der Argumentatnion von Carroll, der ich mich vollumfänglich anschließe. Man kann noch Vorsicht walten alssen bzl. der "nachgewiesene Superposition"; streng genommen handelt es sich natürlich nur um den "nachgewiesenen
Effekt, vorhergesagt mittels des mathematischen Apparates und insbs. der Superposition".
Erzielen wir damit so langsam Einigkeit, dass zumindest die instrumentelle, d.h. nicht-ontologische Everettsche QM im Sinne des mathematischen Formalismus anwendbar und sinnvoll ist? (für mich ist sie die einzig überzeugende Variante)