Thema: Was ist Zeit?
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Alt 03.11.08, 20:26
Sino Sino ist offline
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Standard AW: Was ist Zeit?

Zitat:
Zitat von rafiti Beitrag anzeigen
genau, diese flasche ist schon ab werk leer.

naja, der level ist da anders, natürlich kann Bananen-David etwas, sonst wäre er nie und nimmer an der Uni, also rein theoretisch ist der von Beruf Physiker.
Was aber nicht heißen soll, dass er nicht banana redet, denn unter den Blinden ist der Einäugige bekanntlich König.
Wenn ihr David Deutsch meint ( "Deutscher" sagt mir nichts), so ist seine Sichtweise durchaus verständlich. Ich kenn seine Arbeiten vom Quanten-Computing.

Beim Quanten-Computing geht man normalerweise vom unendlich-dimensionalen Hilbertraum aus und man rechnet nicht mit Bits, die entweder 0 oder 1 sind, sondern mit Qubits die c1*|0> + c2*|1> sind, also eine Superposition aus |0> und |1> Zustand sind. c1,c2 sind komplexe Zahlen.

Von daher braucht man sich beim Quantencomputing nicht entscheiden, ob man den nächsten Rechenschritt mit einer Bittfolge von meinetwegen 0101 oder 1101 oder etwas anderem macht. So ein Quantenregister aus Qubits kann alle Kombinationen gleichzeitig beinhalten und die kann man mit einer einzigen Operation weiter verrechnen. Solang man nicht misst, fällt keine der Zwischenlösungen ganz unter den Tisch, selbst wenn es 100 verschiedene gibt. Man hat alle gleichzeitig im gleichen Quantenregister und rechnet mit allen in einem Rutsch weiter.
Diese massiv-parallele 1-Schritt-Operation ist dann der Symmetrische Operator U aus der Quantenmechanik, also nichts Willkührliches ohne physikalische Grundlage.

Erst wenn ich ein Messergebnis brauche, wende ich den Operator R an und zerstöre die Superposition. Bis dahin existieren aber die verschiedenen 0-1-Kombinationen praktisch parallel im Quantencomputer.

Wenn ich nun sage, die Superposition wird niemals zerstört, also der Kollaps der Wellenfunktion findet objektiv niemals statt, sondern nur subjektiv, weil sich mein Ich bzw. die von mir wahrgenommene Welt mit einem dieser Zustände im Quantencomputer verschränkt, die anderen Superpositionen aber weiterexistieren mit anderen "Ichs", die sich bei der Messung mit ihnen verschränkt haben, dann landet man bei der Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik.

Die Frage ist also, ob der Kollaps der Wellenfunktion wirklich stattfindet, oder nur aus der Sicht eines Ichs dadurch, dass sich die Wellenfunktionen so miteinander Vermengen, dass Ich nichts anderes mehr wahrnehmen, als meine Alternative, genauso wie meine "Ichs" in ihren Parallelwelten, die was anderes gemessen haben.


Von daher ist Deutsch's Sichtweise nicht verwunderlich:
Da wo man sonst klassisch Entscheidungen trifft, z.b. ein Teilchen fliegt hierlang oder da lang oder ein anderes Teilchen zerfällt oder zerfällt nicht, verzichtet man beim Quantencomputing auf diese Entscheidungen, bis man misst.
Man rechnet einfach mit zwei komplexen Wahrscheinlichkeitsamplituden für jeweils die eine und die andere Alternative gleichzeitig weiter, kann die Entscheidung dutzende Male vertagen, alle Alternativen sind quasi gleichermassen real und erst durch die Messung am Ende legt man sich fest.
Deutsch sagt/glaubt nun, die anderen Alternativen bleiben real, nur dass sich sein Ich für eine Geschichte entschieden hat. Ein anderes Ich erlebt was anderes.

Die Frage ist also nur, wie man den Messvorgang interpretiert und da gibts ja die unterschiedlichsten Vorstellungen von grossen Physikern und das schon so lange, wie es die Quantenphysik gibt.
Als ich mal über ein Quantum-Computing-Thema referrieren musste, hab ich auch nicht mehr in Entweder-oder-Alternativen gedacht. Man verfolgt einfach beide Wege mit komplexen Wahrscheinlichkeitsamplituden, als würde keine Entweder-oder-Entscheidung stattfinden, und summeriert am Ende einfach die komplexen Wahrscheinlichkeitsamplituden aller Wege auf, bevor man den Messoperator drauf loslässt. Das kommt einem dann schnell ganz normal vor.

Ge?ndert von Sino (03.11.08 um 20:42 Uhr)
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