Zitat:
Zitat von Marco Polo
Das Gros der Kämpfer waren früher keineswegs Terroristen oder Geheimdienstler.
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Stimmt.
Ich hatte noch die Leibgarde und die reguläre irakische Armee vergessen (das sind natürlich nicht die, die als Selbstmordattentäter in Erscheinung treten)
Was ich sagen wollte ist, dass ich eine Unterwanderung des IS von außen kaum möglich ist, da sich der IS nicht irgendwie zusammengefunden hat, sondern alte, funktionierende Netzwerke und Strukturen verwendet, und in dieser Form auch einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung hat.
Ich denke jedoch auch, dass sich dieser "nihilistische Islamismus" verselbstständigt hat und außer Kontrolle geraten ist. Es ist nicht so wie bei der RAF, die beschließen könnte, ihren Terror zu beenden.
Man müsste mal Hannah Arendts
Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft hinsichtlich des IS lesen. Es gibt da sicher Gemeinsamkeiten zum Nationalsozialismus und Stalinismus, dass nämlich Machtausbau und -erhalt den Terror als wesentliches Element erfordern, und zwar sowohl als Werkzeug gegen die Opfer (Schiiten, Kurden, ..., Juden, Russen, ...) als auch gegen die Täter (Kämpfer, Selbstmordattentäter, ... SS-Schergen, ...), und dass eine Ausweitung des Kampfes dahingehend benötigt wird, das man dem Kampf immer neue Kämpfer und Opfer zuführt. Der Nationalsozialismus war als "friedliche Herrschaftsform" unmöglich; er hat essentiell immer Opfer benötigt, und hätte ohne Krieg, Terror und Vernichtung nicht als solcher aufrechterhalten werden können, weil seine "Legitimation" letztlich ausschließlich im Kampf und in der Unterdrückung lag; er hätte sich selbst mit einem Frieden und der Ermangelung weiterer Opfer abgeschafft.
Ich denke, das ist eine ganz wesentliche Parallele zum IS. Der IS benötigt Opfer, um seine Leute und seine Maschinerie am Laufen zu halten. Der Terror hat sich um des Terrors Willen verselbstständigt; er ist nicht nur Mittel um Zweck (ein Ziel zu erreichen), sondern er ist zum Selbstzweck geworden. Der IS kann nicht einfach nur einen Staat errichten und diesen dann normal regieren; dieser Transformationsprozess würde bedeuten, dass sich der IS in seinem Wesen selbst abschafft (das bedeutet nicht zwingend, dass diese Transformation nicht für einzelne US-Anhänger möglich ist, wie man ja in der frühen BRD erkennen konnte, die ja Nationalsozialisten, SS, ... auf fast allen Ebenen wieder integriert hat).
Wenn das stimmt, was ich sage, dann gibt es zunächst nur drei Möglichkeiten, diese Herrschaftsform zu brechen
1) Man entzieht dem IS die Opfer, und zwar vollständig. Das wäre eine völlige geographische Isolierung, ethnische Entflechtung usw.
2) Man lässt den IS sich völlig verausgaben, d.h. bis zur völligen Erschöpfung der gesamten Region kämpfen.
3) Man vernichtet den Kern des IS vollständig
und investiert massiv in die Integration der "Reste" des IS in eine funktionierende Gesellschaft.
(ich halte diese drei Möglichkeiten übrigens nicht unbedingt für gut, sinnvoll, ethisch, praktikabel, ...)