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Alt 18.01.15, 22:06
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TomS TomS ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 04.10.2014
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Standard AW: Quantensprung ohne Zeitverlust?

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Zitat von Slash Beitrag anzeigen
Gibt es irgendwelche Größen / Zusammenhänge , bei denen - wenn man sich von ihnen löst - bspw. ein Kollaps beschreibbar würde?
Ja, aber kein Konzept ist wirklich ein rundum-Sorglospaket.

1) Man kann dem Quantenzustand absprechen, dass er direkt die Realität beschreibt. Stattdessen handelt es sich nur um eine spezielle und unvollständige Repräsentation von Information bzw. Wissen beim Beobachter. Der Kollaps ist dann grob gesprochen lediglich eine Zunahme an Wissen, wobei unsichere Information, die vorher über den Ausgang des Experimentes vorhanden war, verschwindet, insofern sie nicht zum tatsächlichen Ausgang passt. Das ist eine Spielart der Orthodoxie. Sie hat den Vorteil, dass nichts in der Realität kollabiert, sondern lediglich unzutreffende Information verschwindet; der Kollaps bezieht sich auf die (mentale) Repräsentation, nicht auf die Realität. Sie hat den Nachteil, dass sie den Realitätsanspruch vollständig aufgibt.

2) Man kann den Realitätsanspruch aufrecht erhalten und den Kollaps ablehnen (der im Kern des Formalismus der QM nicht existiert; er ist eine Zutat der Interpretation). Dieser Weg führt zu den vielen Welten, wobei der Kollaps durch eine Verzweigung ersetzt wird. Der Vorteil ist, dass die Interpretation schlanker und die Zusatzannahmen geringer werden, und dass der Realitätsanspruch beibehalten werden kann. Der Nachteil ist, dass die vielen Welten - solange sie unbeobachtbar bleiben - als ontologische Zumutung angesehen werden können.

3) Man kann versuchen, den Formalismus der QM dahingehend zu erweitern, dass die Mathematik selbst einen Kollaps produziert, d.h. dass man diesen nicht mehr künstlich postulieren muss. Ich kenne diese Ansätze recht wenig, aber ich habe nicht gehört, dass sich die QM tatsächlich erfolgreich und umfassend umformulieren lässt; das Problem ist ja, dass die QM und die QFT in tausenden von Experimenten nie in irgendeiner Form falsifiziert worden sind. Eine Änderung der Theorie muss also all diese Erfolge wieder für sich verbuchen können, d.h. exakt die selben Resultate liefern, und zugleich den Kollaps mathematisch beschreiben.

4) ...

Von (1 - 3) gibt es diverse Spielarten, außerdem gibt es noch weitere (4 ...) davon unabhängige Ideen bzw. Interpretationen. Keine davon ist heute allgemein akzeptiert, keine löst alle Probleme.

there's no such thing as free lunch
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (18.01.15 um 22:10 Uhr)
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