Thema: Die Brücke
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Alt 08.05.07, 00:42
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Standard AW: Die Brücke

Nun aber möchte ich in der Tat einen Brückenschlag vornehmen. Unser Titelthema lautet ja "Die Brücke".

Es gibt einen bekannten Roman von Thornton Wilder: Die Brücke von San Luis Rey.

In seinem Roman behandelt Wilder die existentielle Frage, ob das menschliche Leben bloss Zufall ist oder ob ein göttlicher Plan dahinter steht. Fünf menschliche Schicksale werden in tragischer Weise zusammengeführt. Historischer Hintergrund ist die Brücke von San Luis Rey, die in der Nähe von Lima und Cuzco über eine Andenschlucht führte und im Sommer 1714 zusammenbrach, dabei fünf Menschen in den Tod reissend.

Da ist zum einen - als Beobachter gewissermassen anwesend - der Franziskanermönch Juniper, sich auf einer Missionsreise durch Südamerika befindend, der den Zusammenbruch aus nächster Nähe miterlebt und sich bemüht, die Theologie als exakte Wissenschaft zu verstehen. Während mehrerer Jahre erforscht er die Lebensläufe der fünf Toten um zu beweisen, dass ihr Tod nicht einfach Ergebnis eines sinnlosen Zufalls, sondern geradezu eine Notwendigkeit im göttlichen Plan ist. Obwohl seine Recherchen widersprüchliche Dinge ans Tageslicht födern, entschliesst sich Bruder Juniper zu einer eigenen Deutung der Ereignisse. Doch die Inquisition verurteilt seine Schlussfolgerungen und verbrennt ihn als Ketzer. Wer mehr erfahren möchte, lese Wilders Roman.

Für mich stellte sich auch schon die Schicksalsfrage, z.B. als ich vor Jahren einem total demolierten PW praktisch unverletzt entstieg (nachdem ich in einer leichten Linkskurve von der Strasse abgekommen und in der Folge von einem zwei Meter hohen Grasbord herab mit dem Dach auf der Strasse landete). Niemand kann mich von der inneren Überzeugung abbringen, dass dazu - nämlich dass ich nur eine Hirnerschütterung davontrug - mehr als nur Glück erforderlich war; denn das Merkwürdige am Ganzen war der höchst seltsame Umstand, dass das Blechdach meines Audi 100 rundherum an die 20 cm tief eingedrückt war - nur dort nicht, wo ich am Steuer sass. Ansonsten wäre mir der Kopf mitsamt der Wirbelsäule irreversibel zusammengestaucht und mir das tödliche Geschick zuteil geworden aus dem es bekanntlich keine Rückkehr gibt.

Oder noch Jahre früher, als Junge, wo wir zusammen mit den Grosseltern in Monstein (einem Bergdorf in Graubünden) in einem Zelt übernachteten und spät des Nachts der Verrückte aus dem nahen Wald heraus mit einer Schrotflinte auf uns schoss und dabei das Zelt regelrecht mit "Rehposten" durchlöcherte. Nur der Geistesgegenwart meines Grossvaters war es zu verdanken, dass wir uns rechtzeitig im tiefen Schatten der kleinen Kirche in Sicherheit gebracht hatten. Doch woher nahm der "Neni" seine Ahnung des drohenden Unheils. Auch hier sehe ich in der Retrospektive das Walten göttlicher Mächte, die es gut mit uns Menschlein meinen.

Solche und ähnliche Fragen haben mich übrigens (auch) dazu bewogen, mich mit Heims Strukturtheorie näher zu befassen, wo bekanntlich imaginäre Weltdimensionen den Ablauf der Geschehnisse im Makro- wie auch Mikrokosmos mitgestalten. Ich habe diese Transkoordinaten stets als "Werkzeuge des Ruach Elohim" verstanden. Solches im Unterschiede zu Hegel "Spiritus mundi".

Wenn ich abschliessend daran erinnern darf, was eingangs über den Physiker und Nobelpreisträger Prof. Alex Müller und seine Träume angedeutet wurde, wird man sicherlich begreifen, dass es nebst den "sichtbaren Dingen" auch eine "unsichtbare Welt" gibt, die sogar entscheidender zu unserem Sein beiträgt, als mancher in seiner engen Rationalität wahrhaben will.

Bleiben wir also in der Mitte des Flusses!

Gr. zg
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