Einzelnen Beitrag anzeigen
  #2  
Alt 14.08.14, 20:38
Ich Ich ist offline
Moderator
 
Registriert seit: 18.12.2011
Beitr?ge: 2.427
Standard AW: Zeit – der Versuch einer Erklärung

Hi Kojak,

ich finde es gut, dass du deine Kenntnisse offensichtlich ganz schön erweitert hast.

Was du hier aber propagierst, ist ziemlicher Käse.

Eigenzeit ist einfach eine Pfadlänge in der Raumzeit. Wir können ganz von der SRT absehen und nur den 3D-Raum betrachten, da gibt es genau dasselbe:
Wir haben drei Koordinaten, um jeden Punkt eindeutig zu bezeichnen. Dazu gibt's eine Metrik, um aus Koordinatenunterschieden echte Abstände ausrechnen zu können. Auch hier ist es so, dass die echten Abstände das physikalisch Interessante sind und die Koordinaten eher Hifsmittel.
Nur: der Abstand von einem Punkt zum anderen, also die Weglänge, hängt nun mal - trara - vom Weg ab. Gehe ich einen Umweg, ist der Weg länger.
Das heißt: Ich kann kein vernünftiges Koordinatensystem definieren, in dem "Weglänge" eine Koordinate ist. Das kann einfach nicht funktionieren, weil dann jedem Punkt gleichzeitig beliebige Koordinatenwerte zugeordnet werden müssten, je nach dem eingeschlagenen Pfad.
Ich weiß nicht, ob du das von dir zitierte Paper gelesen und verstanden hast, aber das versucht genau das. Um dann natürlich zu scheitern: entweder man zeichnet für jedes einzelne Partikel, das man beschreiben will, ein eigenes Diagramm. Damit kann man aber nicht den gesamten Raum beschreiben, sondern eben nur den Pfad dieses Partikels (mal ganz von weiteren Problemen abgesehen). Oder man verwendet doch wieder das übliche Koordinatensystem - nicht ohne hinzuzufügen, dass das in diesem Kontext natürlich ein sehr viel sinntragenderes Koordinatensystem ist.

Also: Um Räume zu beschreiben, verwendet man Koordinaten, und das ist gut so. Klar will man damit Weglängen berechnen können. Trotzdem sind Weglängen als Koordinaten gänzlich ungeeignet.

Und das ist in der Raumzeit keinen Strich anders als im Raum. Wenn überhaupt, ist die Verwendung von Abständen noch ausgeschlossener als ausgeschlossen, weil die Metrik dort nicht positiv definit ist, verschiedene Punkte also zueinander den Abstand Null haben können.


Noch ein paar Anmerkungen:
Zitat:
Raumzeit ist ein relatives, beobachterabhängiges Bild.
Das ist vollkommener Unsinn. Die Raumzeit ist dermaßen beobachterunabhängig, dass manche sogar vom "Blockuniversum" sprechen - natürlich auch ohne mein Einverständnis.
Zitat:
Bezeichnenderweise wird der Beobachter jedoch in seinem Minkowski-Diagramm vergeblich nach diesem Raumzeitintervall der Eigenzeit suchen. Alles, was er findet, ist eine Sammlung von Raum- und Zeitdaten (ds und dt), die nur für ihn selbst gelten. Diese Daten muss er selbst sortieren und mit dem Faktor Gamma umrechnen, um die Eigenzeit zu ermitteln.
Auch Unsinn. Natürlich ist das Blatt Papier, auf dem das Diagramm aufgemalt ist, euklidisch. Die Raumzeit hingegen ist pseudoeuklidisch, deswegen kann man die Abstände nicht direkt ablesen.
Aber erstens braucht es zum Ablesen keinen Gammafaktor, sondern nur den umgekehrten Pythagoras. Und zweitens sollte man dem Benutzer eines solchen Diagramms einfach abverlangen können, dass er mal ein bisschen abstrahiert: Ein jedes Inertialsystem beschreibt ganz genau dieselbe Wirklichkeit. Sie alle gehen durch simple Drehungen und Verschiebungen ineinander über. Es sollte jedem klar sein, dass ein Ding immer noch dasselbe Ding ist, auch wenn man es aus anderem Winkel betrachtet.
Und es sollte jedem klar sein (ist es aber nicht), dass das auch für die Raumzeit und Inertialsysteme gilt. Auch wenn es im Diagramm - aus verständlichen Gründen - erstmal nicht so aussieht. Das muss man verlangen können. Dir wird schon kein Zacken aus der Krone fallen, wenn gleiche Abstände im Diagramm unterschiedlich aussehen, damit musst du leben.

Ge?ndert von Ich (14.08.14 um 20:43 Uhr)
Mit Zitat antworten