Zitat:
Zitat von Timm
In seinem populärwissenschaftlichen Buch “Einsteins Schleier” schreibt er sinngemäß, ein mathematisches Konstrukt könne nicht kollabieren.
Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zur Dekohärenztheorie, zu der Zeilinger selbst wichtige Beiträge liefert. Natürlich entzieht sie a priori der VWI den Boden, denn wenn es keinen Kollaps der WF gibt, erübrigt sich jede Strategie ihn zu vermeiden.
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Die orthodoxe QM kommt nicht ohne einen Kollaps aus - ob sie es nun so bezeichnet oder nicht. Mathematisch spricht man von einer Projektion.
Im Falle mehrerer aufeinanderfolgender Stern-Gerlach-artiger Experimente an einem Elektron mit zunächst
|up> + |down>
messe man in der ersten Messung z.B. "up".
In der darauf folgenden zweiten Messung am
selben Elektron misst man dann
sicher "up".
Nach der MWI + Dekohärenz ist dies klar, da der zweite Zweig dynamisch entkoppelt und keine Interferenz mehr auftreten kann.
Nach Kopenhagen o.ä. muss man jedoch annehmen, dass die erste Messung mit "up" der Präparation von |up> entspricht. Würde man auch für die zweite Messung den Zustand
|up> + |down>
ansetzen, so wäre weiterhin auch "down" mit 50% möglich, was offensichtlich falsch ist.
Die Projektion auf |up> ist also zwingend erforderlich!
Wenn man den Zustand nicht ontisch auffasst, dann ist das nicht weiter schlimm, insofern es nichts über die Realität aussagt. Man wird also den Kollaps "in der Realität" dadurch los, dass man verzichtet, über die Realität zwischen den Messungen zu reden. Aber man wird nicht die Projektion los.
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Man sollte sich mal ernsthaft überlegen, welche Probleme die orthodoxe Interpretation wie löst:
1) sie sagt Messergebnisse korrekt vorher
2) sie verwendet einen in sich inkohärenten Begriffsrahmen, der von "Messung" spricht, ohne den Begriff definieren zu können, und der abhängig vom Vorliegen einer solchen "Messung" eine zweite ad hoc Regel anwendet, die einer anderen Regeln widerspricht
Die Anhänger der orthodoxen QM rechtfertigen (2) mit dem Erfolg von (1) und definieren alles andere zu Scheinproblemen. Die Gegner - und das ist nicht nur Everett - behaupten, dass die Anhänger der orthodoxen QM konsequent bei allen Fragen bzgl. (2) den Kopf in den Sand stecken. Ich halte die Everettsche QM in vielen Bereichen für noch unverstanden; evtl. ist sie sogar falsch. Aber ich schätze die Tatsache, dass ihre Anhänger über offene Probleme nachdenkt anstatt diese zu ignorieren oder gar zu leugnen. Man wird die QM nie verstehen, wenn man es nicht wenigsten versucht.