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Zitat von soon
Beim Ziegenproblem wechselt der Kandidat in die Perspektive des Moderators, der die Anordnung hinter den Toren kennt.
Beim Doppelspaltexperiment wechselt der Beobachter in die Perspektive der Natur, die das fertige Interferenzmuster aufgrund der Determiniertheit kennt.
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Ich sehe nicht, was das miteinander zu tun hat oder dass uns das weiterbringt.
Zitat:
Zitat von soon
Die VWI bekommt diesen Perspektivwechsel nicht zustande und argumentiert nur aus der Sicht des Beobachters, ...
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Die VWI argumentiert zunächst gerade
nicht aus Sicht eines realen Beobachters, der nämlich "Bestandteil" des betrachteten Quantenzustandes ist, sondern aus einer hypothetischen Sicht, die den Gesamtzustand inkl. Beobachter als Ganzes in den Blick nimmt. Diese Sicht ist mathematisch trivial, hat aber nichts damit zu tun, was ein realer Beobachter
tatsächlich erlebt.
Der Perspektivwechsel zum realen Beobachter als Teil des Systems ist gerade der Kern der Arbeit von Everett et al., und diesen Perspektivwechsel bekommt die VWI natürlich hin. Es ist dies der hinsichtlich der Interpretation schwierige Teil, der die Auffächerung des Quantenzustandes einschließlich einer Auffächerung des Beobachters beschreibt:
Der Gesamtzustand lautet
|ψ> = |nicht zerfallen> ⊗ |lebende Katze> ⊗ |Beobachter beobachtet lebende Katze> + |zerfallen> ⊗ |tote Katze> ⊗ |Beobachter beobachtet tote Katze> + ...
Everetts
relative state interpretation - so hat er sie bezeichnet - befasst sich damit, wie man das, was ein realer Beobachter sieht - z.B. die tote Katze - aus dem Gesamtzustand herauspräpariert; d.h. Everett betrachtet auch die einzelnen Komponenten (Zweige)
|nicht zerfallen> ⊗ |lebende Katze> ⊗ |Beobachter beobachtet lebende Katze>
und
|zerfallen> ⊗ |tote Katze> ⊗ |Beobachter beobachtet tote Katze>
Alle Interpretation der QM befassen sich mit dem Gesamtzustand - und müssen dies tun - da die QM rein mathematisch
immer mit dem Gesamtzustand operiert. Die Interpretationen unterscheiden sich diesbzgl. nicht. Und Sie befassen sich
immer mit dem Perspektivwechsel - und müssen dies tun - da sie ansonsten nichts über unsere Beobachtungen aussagen könnten, die ja offensichtlich nicht direkt dem Gesamtzustand entsprechen. Sie
unterscheiden sich jedoch darin,
wie sie den Perspektivwechsel vornehmen, d.h.
wie sie von
|ψ> = |nicht zerfallen> ⊗ |lebende Katze> ⊗ |Beobachter beobachtet lebende Katze> + |zerfallen> ⊗ |tote Katze> ⊗ |Beobachter beobachtet tote Katze> + ...
z.B. zu
|nicht zerfallen> ⊗ |lebende Katze> ⊗ |Beobachter beobachtet lebende Katze>
gelangen.
Die Kollapsinterpretation postuliert ad hoc und ohne weitere Erklärung das Verschwinden der andere Komponente. Everett / die VWI akzeptiert die weitere Existenz der anderen Komponenten entsprechend der Vorhersage der Schrödingergleichung und erklärt,
warum dennoch ein Perspektivwechsel folgt, der mit unseren Beobachtungen übereinstimmt; genauer, warum daraus
die Perspektivwechsel folgen, die mit sämtlichen Beobachtungen im Zuges des Auffächerns des Beobachters je Komponente (Zweig) übereinstimmen.
Beide Interpretationen - und auch alle weitere - sind nicht vollumfänglich zufriedenstellen und keineswegs allgemein akzeptiert. Die Kollapsinterpretation hat die wesentliche Schwäche, dass sie den Perspektivwechsel nicht erklären kann, sondern ihn zusätzlich postulieren muss; dies ist extrem unbefriedigend. Bei der VWI ist noch unklar, ob alle Details des Perspektivwechsels tatsächhlich erklärt werden, insbs. ist die Erklärung des Auftretens von Wahrscheinlichkeiten strittig.