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Alt 27.05.07, 22:52
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Standard AW: Formel(n)erkennung

Nach der Tautochrone, soll auch die Brachistochrone (Kurve kürzester Fallzeit) nicht unerwähnt bleiben. Dazu gab es im im Jahre 1696 eine berühmte Aufgabenstellung von Joh. Bernoulli:

Welche Bahnkurve beschreibt ein Massenpunkt allein unter dem Einfluss der Schwerkraft, um in der kürzest möglichen Zeit von einem höher gelegenen Punkt zu einem tieferen zu gelangen, wenn der tiefere Punkt sich nicht direkt unter dem Ausgangspunkt befindet. Reibungskräfte werden vernachlässigt.

An der Lösung probierten sich erfolgreich Newton (anonym), Leibniz, l'Hospital, Tschirnhausen und natürlich die Gebr. Bernoulli selbst. Es geht die Rede, dass Newton das Brachistochrone-Problem innerhalb einer Nachtwache gelöst habe.

Joh. Bernoulli nahm zur Lösung Bezug auf das Fermat'sche Prinzip, wonach ein Lichtstrahl im Medium stets den kürzest möglichen Weg sucht. Ein Prinzip übrigens, das erneut in der ART auftaucht, wonach die Geodäte (bei Kräftefreiheit) der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten in der Raumzeit ist. Dazu legte Bernoulli einen Polygonzug an, welcher sich an die gesuchte Brachistochrone anschmiegte. Bernoullis Lösungsweg entsprach damit einem physikalisch-geometrischen Ansatz. In dazu verwandter Weise hatte sich bereits Galilei mit dieser Frage prinzipiell auseinandergesetzt (ohne allerdings exakt zur richtigen Kurve zu finden). Es war aber bekannt, dass die ideale Bahnkurve zu Beginn möglichst steil abfallen würde, um dann irgendwie auszulaufen.

Das detaillierte Vorgehen findet man hier beschrieben:

http://matheplanet.com/matheplanet/n...nt.php?sid=353

http://www.matheraetsel.de/texte/FacharbeitChrBLP.pdf

Für uns ist im Kontext vor allem interessant, dass der direkte Weg (schiefe Ebene) zwischen zwei Punkten im Schwerefeld nicht der schnellste ist. Die zeitlich kürzeste Verbindung ist nur auf der Brachistochrone - die wiederum Teil der Zykloide ist - gegeben (das sollten sich die Konstrukteure der altmodischen "Kügelibahn" ins Stammbuch schreiben):

http://schulen.eduhi.at/riedgym/phys...istochrone.htm

Den obigen Vorteil macht man sich auch bei der Halfpipe zunutze.

p.s.
Und nun sage einer nochmals, dass es in der Physik nicht auch auf die Kenntnis und Anwendung elementarer Formeln ankomme. Selbstverständlich ist aber auch Intuition und Logik gefordert.

Deshalb folgt zur Anregung und Festigung der eigenen Fähigkeiten (Wusel, Uranor z.B.) die ultimative Schüleraufgabe:

Welche Endgeschwindigkeit besitzt ein reibungslos an einer Schraubenlinie herabgleitender Massenpunkt? Es genügt eine allg. Lösung ohne konkretes Zahlenbeispiel.

Gr. zg

Ge?ndert von zeitgenosse (27.05.07 um 23:34 Uhr)
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