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Alt 10.06.08, 12:36
Querkopf Querkopf ist offline
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Standard AW: Das größte Experiment der Welt: CERN - Kann ein

Bevor man über dieses mysteriöse Higgs - Teilchen spricht, sollte man sich vielleicht erst einmal darüber Gedanken machen, welchen Zweck es erfüllt.

Physik auf Fundamentaler Ebene, das sind Eich(feld)theorien. Ich habe Fermionische Felder (also Elektronen und Quarks, ...) die eine Ladung tragen (z.B. Eine Elektrische, oder einen Isospin, ...). Außerdem habe ich noch Felder, die Wechselwirkungen zwischen diesen Ladungen vermitteln (Eichfelder).
Damit eine Wechselwirkung stattfinden kann, muss ich meine Eichfelder an meine Fermionischen Felder koppeln. Dies geschieht durch die Forderung der Invarianz unter einer bestimmten sogenannten Eichtransformation (minimale Kopplung).

Z.B. ist die Elektrodynamik eine U(1) Eichtheorie. U(1) ist eine Unitäre Transformation in einer Dimension (eine Winkelbeziehung in der komplexen Ebene). Wenn ich also eine lokale U(1) Invarianz für mein Fermionisches Feld (z.B. meine Elektronen in diesem Beispiel) fordere, ist das gleichbedeutend mit der Symmetrieforderung, das die Physik an jedem Ort Phasenunabhängig ist.
Die Einzige Möglichkeit eine solche Invarianz zu erreichen ist die Annahme eines Zusatzterms, der das Fermionische Feld an mein Eichfeld koppelt. Das Ergebnis sind die Bekannten Maxwellgleichungen. Darüber hinaus folgt eine Erhaltung der Elektrischen Ladung. Übrigens an die Leute die gerne massive Photonen einführen wollen: So etwas würde die U(1) Invarianz der Elektrodynamik brechen und könnte nur durch aufwendige Mechanismen repariert werden.

Die Symmetriegruppe der Schwachen Wechselwirkung ist die SU(2) (die Erhaltungsgröße ist also ein Spin, der Isospin), die verwand ist mit einer Drehung in drei Dimensionen.

Wenn ich eine Vereinigte Theorie von Elektromagnetischer und Schwacher Wechselwirkung konstruieren möchte, muss ich also dafür sorgen, das alle meine Terme invariant unter U(1) x SU(2) sind. Das dumme ist nur, die einzige Möglichkeit, eine solche Theorie zu konstruieren, ist unter der Annahme, das alle Fermionen masselos sind (was aber im Widerspruch zu unseren Erfahrungen steht).
Ich glaube (sprich ich weiß es nicht) die tiefere Begründung ist, das chiriale Teilchen, wie sie in der Theorie auftreten nicht der Diracgleichung genügen wenn sie Massiv sind (allerdings interessanter weise der Klein – Gordon Gleichung, weshalb eine Unterscheidung zwischen Diracmasse und Klein-Gordinmasse sinnvoll erscheint). Darauf gebe ich aber keine Garantie.
Wie bekomme ich also die nötige Masse in die Theorie?
Man lernt aus der Theorie der Kondensierten Materie!
In einem Festkörper habe ich Elektronen, die genau wie im freien Fall über eine U(1) Eichsymmetrie an das Photonische Feld gekoppelt sind.
In einem Supraleiter habe ich ein Kondensat von Elektronenpaaren. Im Grundzustand bricht dieses Kondensat diese U(1) Symmetrie (Spontane Symmetriebrechung). Die Folge ist, das meine Photonen Massiv werde und es kommt zum Meißner – Effekt.
Im klassischen Grenzfall (also kohärente Zustände + große Längenskalen) wirkt sich das so aus, das meine Eichung fixiert wird (Mein Vektorpotential muss ein Gradientenfeld sein) und als Resultat das Magentische Feld im Supraleiter verschwindet.

Was man also im Standardmodell macht, ist, das man ein Wechselwirkungsfeld annimmt (das Higgsfeld), das im Grundzustand spontan gebrochen ist.

Vielleicht noch mal ein Beispiel, was spontane Symmetriebrechung heißt: Man stelle ich ein 1D Isingmodell vor, also eine Kette von Wechselwirkenden Spins, die nur up oder down zeigen können. Im Grundzustand (also dem Zustand niedrigster Energie) müssen alle Spins in eine Richtung zeigen. Ich hebe aber zwei Möglichkeiten (up oder down) von denen aber nur eine realisiert werden kann. Das nennt man eine spontane Brechung der Symmetrie. Im Falle der U(1) Symmetrie, habe ich 360 Grad zur Verfügung, aber im Grundzustand muss ich mich auf einen Phasenwinkel festlegen.

Im Falle des Standardmodells (oder der Supraleitung) macht mir mein Higgsfeld massive Teilchen, z.B. meine Eichbosonen der Schwachenwechselwirkung bekommen eine Masse, aber auch meine Fermionen.

Mein skalares Higgsfeld hat vier Komponenten (also habe ich eigentlich vier skalare Felder). Drei von ihren verschwinden (werden aufgegessen) in dem sie die Eichbosonen massiv machen, aber eine Komponente bleibt übrig. Wenn man dieses Feld quantisiert, hat man ein skalares Teilchen mit einer bestimmten masse.

Ich habe nun eine Eichtheorie mit den gewünschten massiven Fermionen.
Diese Theorie ist hervorragend überprüft. Der Mechanismus scheint also nicht völlig aus der Luft gegriffen. Ich habe sogar eine Reihe von Vorhersagen, die explizit auf diesen Mechanismus zurückgehen (z.B. Quark – Massenmischung), die ebenfalls überprüft sind.
Der einzige Baustein der noch nicht gefunden wurde ist das Higgs – Teilchen. Nach dem alles andere Funktioniert hat und gefunden wurde, wäre es ziemlich überraschend kein Teilchen zu finden. Letztendlich ist die relativ unspektakuläre Aussage nur, das dass Universum eine Art Supraleiter ist.



Und was die Schwarzen Löcher angeht: Unsere Beobachtungen zeigen, das es zumindest im näheren Universum relativ selten Schwarze Löcher gibt. So selten, das es gewisse Nachweißschwierigkeiten gibt. Außerdem ist bekannt, dass unsere menschlichen Spielzeuge im kosmischen Vergleich nur geradezu lächerlich kleine Energien produzieren. Warum sich nun Schwarze Löcher ausgerechnet unseren blauen Planeten auswählen sollten um ihn zu verschlingen ist mir schleierhaft.
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Don't like QED rules? Go somewhere else, to another universe perhaps, where the rules are simpler: http://www.youtube.com/watch?v=5VMu1...eature=related
How to become a BAD theoretical physicist:
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