Einzelnen Beitrag anzeigen
  #70  
Alt 21.11.22, 12:15
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 04.10.2014
Beitr?ge: 3.124
Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Formal ganz nett, aber was sagt uns das, außer: wenn wir quantenmechanische Bayessche Wahrscheinlichkeiten betrachten wollen, dann erscheint das Superpositionsprinzip als Folge des Fejer-Riesz-Theorems, und somit ergeben sich einige Verwandtschaften zu klassischen Wahrscheinlichkeiten?

In diesem Licht betrachtet kann die Quantenmechanik als Erweiterung der klassischen Wahrscheinlichkeitstheorie angesehen werden, die natürlich auch nützlich ist - aber zunächst nicht zwingend.

Der springende Punkt ist m.E. unter (7) versteckt: laut Autor ist das zentrale Missverständnis, das messbare Erwartungswerte tatsächlichen Werten entsprächen; die Ursache hierfür sei, dass man nicht präzise genug den Zustandsvektor als Information über den Zustand eines physikalischen Systems interpretiert, sondern unmittelbar als Zustand des Systems.

Das mag ja in vielen Fällen tatsächlich ein verbreitetes Missverständnis bzw. Schlampigkeit sein, aber sicher nicht bei den Kollegen, die sich intensiv mit diesen Probleme befassen.

Da gibt es eben die Schule, die die Quantenmechanik als Theorie von Bayesschen Wahrscheinlichkeiten auffassen - die haben sich aber auf diese Sichtweise festgelegt, ohne dass es dazu dieses Theorems bedurft hätte; das Theorem liefert für sie dann ein paar ganz nette Erkenntnisse, mehr aber auch nicht. Und es gibt sie Sichtweise der Realisten, die mit jeder Wahrscheinlichkeitsinterpretation ein Probleme haben, und deren Sichtweise durch dieses Theorem ja nicht widerlegt und m.E. nicht mal maßgeblich angekratzt wird.

Die Bayesianer sind jetzt vielleicht etwas glücklicher, die Realisten schütteln ein weiteres Mal den Kopf.

Zu Wikipedia:

Zitat:
Ein entscheidender Unterschied zu einer „klassischen“ Zustandsbeschreibung wird manchmal übersehen: Sofern die Wellenfunktion nicht schon vor der Messung einen Eigenzustand beschreibt, enthält sie mehrere Eigenzustände und für jeden eine Wahrscheinlichkeit unter 100 %. Sie beschreibt dann gewissermaßen nicht wirklich das System, sondern das unvollständige Wissen über das System. Fröhner hat nachgewiesen, dass die quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten widerspruchsfrei als Bayessche Wahrscheinlichkeiten aufgefasst werden können. Diese ändern sich, indem die Messung den Informationsstand des Beobachters ändert. Dazu wird keine Zeit benötigt; was kollabiert, ist nichts Physikalisches, sondern nur der Informationsmangel des Beobachters. Ganz entsprechend haben sich hierzu Heisenberg 1960 in einer brieflichen Diskussion und Styer geäußert.
Gerade das ist aber nicht allgemein akzeptiert. Wenn man es akzeptiert, dann ist diese Akzeptanz der große Sprung für die Menschheit, nicht Fröhners kleiner Schritt, der diese Sichtweise formal weiter absichert ;-)
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (21.11.22 um 12:22 Uhr)
Mit Zitat antworten