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Alt 19.12.10, 11:20
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Bauhof Bauhof ist offline
Singularität
 
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Standard AW: SRT und Lorentzianische Theorie

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
In der Tat hat Lorentz sein Modell in der Reaktion auf dieses Experiment noch einmal angepasst. Wenn man sagt, SRT und LET seien physikalisch äquivalent, so ist damit immer die historisch letzte Fassung der LET gemeint: das ist die, wo Lorentz die Längenkontraktion und die lokale Zeit bewegter Systeme bereits eingeführt hatte.
Hallo Hawkwind,

die Geschwindigkeitstunabhängigkeit der Lichtausbreitung testet man mit Kennedy-Thorndike-Experiment, erstmals durchgeführt 1923. Im Jahr 1928 starb Hendrik Antoon Lorentz. Wann hat er zwischen 1923 und 1928 seine Theorie aufgrund dieses Experiments revidiert?

Eine Absolutgeschwindigkeit eines Inertialsystems kann mit keinem Experiment bestimmt werden; damit wurde der "Lichtäther" gegenstandslos. Lorentz blieb deshalb die eigentliche Entdeckung der Speziellen Relativitätstheorie versagt, weil er an der Äther-Konzeption festhielt. Lorentz war so seiner Annahme des absolut ruhenden Äthers verhaftet, dass er nicht die physikalische Bedeutung erkannte, die in den unendlich vielen gleichberechtigten Bezugssystemen liegt. Er glaubte weiter, dass eines von ihnen den ruhenden Äther repräsentiere.

Domenico Giulini und Thomas Filk schreiben auf den Seiten 137 und 188 dazu folgendes:
Zitat:
Vor dem Hintergrund der Speziellen Relativitätstheorie, wie wir sie heute kennen, wirkt das Modell von Lorentz eher befremdlich. Die Annahme einer vom Material unabhängigen, universellen Kraft, die auf jeden relativ zum Äther bewegten Gegenstand wirkt und die ihn um einen Faktor sqrt(1-v²/c²) verkürzt sowie sämtliche Bewegungsabläufe um einen Faktor 1/sqrt(1-v²/c²) verlangsamt, erscheint auf den ersten Blick theoretisch unbegründet und ad hoc, d.h. einzig zur "Erklärung" dieses einen Experiments, erfunden und ohne Bezug auf weitere physikalische Gegebenheiten.

[...]

In der Äthertheorie ist für Beobachter, die sich relativ zum Äther bewegen, der Raum eben nicht mehr isotrop. Die Geschwindigkeit relativ zum Äther zeichnet ja eine besondere Richtung aus. Für die Äthersynchronisation gilt daher allgemein, dass sie von der Richtung und dem Betrag der Geschwindigkeit abhängt, mit der sich das System, in dem die Uhren synchronisiert werden sollen, relativ zum Äther bewegt.

Der auf einer Äthersynchronisation fußende Gleichzeitigkeitsbegriff ist ein absoluter. Sind zwei Ereignisse a und b für einen Beobachter A gleichzeitig, so sind sie es auch für alle anderen Beobachter, unabhängig von deren Bewegungszustand. Das mag man als Vorteil ansehen. Der Nachteil dieses Verfahrens ist jedoch, dass wir das Ruhesystem des Äthers, gesetzt er existierte, nicht kennen. Wir können natürlich willkürlich ein System auszeichnen, das dann die Rolle des Ruhesystems des Äthers annimmt. Beispielsweise könnte man das Schwerpunktsystem der uns umgebenden kosmischen Massen nehmen oder das System, in dem die kosmische Hintergrundstrahlung aus allen Richtungen gleich erscheint. Von einem Relativitätsprinzip ist nun keine Rede mehr. Wir haben explizit ein System als "ruhend" ausgezeichnet, das Synchronisationsverfahren ist beobachterabhängig und die Lichtgeschwindigkeit ist nicht mehr für alle Inertialsysteme dieselbe.
Ich halte es für wissenschaftstheoretisch zumindest fragwürdig, wenn Einsteins SRT und die Lorentzsche Theorie als äquivalent bezeichnet werden, auch wenn sie rein mathematisch die gleichen Ergebnisse liefert. Beide Postulate der SRT sind seit rund 100 Jahren immer wieder mit zunehmender Präzision bestätigt werden, hingegen für das ausgezeichnete Intertialsystem von Lorentz existiert bis heute nicht ein einziges Experiment, welches diese Annahme belegt.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Giulini, Domenico und Filk, Thomas
Am Anfang war die Ewigkeit.
Auf der Suche nach dem Ursprung der Zeit.
München 2004. ISBN=3-406-52187-8
http://www.science-shop.de/blatt/d_s...k_nr=041540504
http://www.amazon.de/Anfang-Ewigkeit...2519242&sr=1-4
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Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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