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Zitat von soon
Eigentlich will ich auf die Frage hinaus, ob man eine Messung auch in der Vorwärtsbetrachtung als "Zusammenführung" von "Zweigen"/Objekten, die zuvor nichts miteinander zu tun hatten, ansehen kann.
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Nein, das funktioniert praktisch nicht, und zwar wegen der Verschränkung mit den Umgebungsfreiheitsgraden. Eine „Zusammenführung“ wäre eine Entwicklung von
(α|↑> ⊗ |misst ↑> + β|↓> ⊗ |misst ↓>)
nach
(α|↑> + β|↓>) ⊗ |0>
Nun müssen wir doch die bisher nicht notierten Umgebungsfreiheitsgrade
|...> wie Luft, Licht etc. mit einbeziehen; das wäre dann eine Entwicklung von
(α|↑> ⊗ |misst ↑> ⊗
|... verschränkt mit Messung ↑> + β|↓> ⊗ |misst ↓> ⊗
|... verschränkt mit Messung ↓>)
nach
(α|↑> + β|↓>) ⊗ |0> ⊗
|... verschränkt mit noch nichts gemessen = 0>
Aufgrund der beteiligten Umgebungsfreiheitsgrade |...>, d.h.
aller Luftmoleküle, Photonen etc. sind die beiden Zustände
|... verschränkt mit Messung ↑> und
|... verschränkt mit Messung ↓> extrem
unterschiedlich. Der Zielzustand
|... verschränkt mit noch nichts gemessen = 0> müsste jedoch für beide Zweige wieder
identisch sein. Ein Gerät, das diese Rückwärtsentwicklumg ermöglicht, ist für makroskopische Apparate und deren Verschränkung mit makroskopischen Subsystemen |...> technisch nicht realisierbar, denn dazu müsste man
alle Freiheitsgrade des Apparates sowie
alle Umgebungsfreiheitsgrade gezielt kontrollieren und wieder in einen für beide Zweige
identischen Zustand bringen. Da dies nicht realisierbar ist, funktioniert die Dekohärenz und damit die Verzeigung asymmetrisch und immer nur vorwärts in der Zeit; der umgekehrte Vorgang der „Zusammenführung von Zweigen“ ist makroskopisch unmöglich (für mikroskopische Systeme ist das natürlich möglich; eine derartige Zusammenführung von mikroskopischen Zweigen ist seit Jahrzehnten möglich und absoluter Standard, so dass man dabei überhaupt nicht von „Zusammenführung von mikroskopischen Zweigen“ spricht ... es ist triviales und elementares Handwerkszeug).
Prinzipiell wäre dies aber natürlich genau der Weg, wie man die VWI gezielt experimentell überprüfen könnte: man führt eine normale Messung mit „scheinbarem Kollaps“ durch; man manipuliert nach Messung und Beobachtung alle involvierten Freiheitsgrade dergestalt, dass sie wieder in einen identischen Zustand überführt werden, d.h. man eliminiert insbs. die Dekohärenz durch die Umgebungsfreiheitsgrade und „führt die Zweige zusammen“. Gemäß der Kollapsinterpretation ist dies nicht möglich, da aufgrund des Kollapses nur ein Zweig übrigbleibt. Gemäß der VWI ist dies dagegen
prinzipiell möglich! Leider ist dies jedoch
praktisch unmöglich, d.h. man kann die KI sowie die VWI rein praktisch nicht voneinander unterscheiden: wo für mikroskopische Systeme derartige Experimente praktisch durchführbar sind, machen beide Theorien die selben Vorhersagen, weil für mikroskopische und insbs. unbeobachtete Systeme sowohl KI als auch VWI keinen Kollaps vorhersagen; wo für makroskopische und insbs. beobachtete Systeme die KI einen Kollaps postuliert, die VWI dagegen nicht, sind derartige Experimente praktisch undurchführbar.
Es ist also falsch, der VWI vorzuwerfen, sie wäre nicht falsifizierbar. Zunächst sind beide - sowohl KI als auch VWI - falsifizierbar, indem man ein System entdeckt, das nicht der Schrödingergleichung gehorcht. Dann sind KI und VWI
prinzipiell experimentell unterscheidbar, indem man nämlich
i) die KI (VWI) dadurch verifiziert (falsifiziert), dass man den Kollaps nachweist bzw. die theoretische Zusammenführung makroskopischer Zweige experimentell widerlegt, oder
ii) die VWI (KI) dadurch verifiziert (falsifiziert), dass man den Kollaps widerlegt bzw. die theoretische Zusammenführung der Zweige experimentell nachweist.
Leider sind derartige Experimente
praktisch absolut undurchführbar; die Dekohärenzzeit für makroskopische Systeme sind so kurz und die Verzeigung so schnell und effizient, dass die Verzweigung gemäß VWI nie von einem Kollaps unterschieden werden kann.
Ein Experiment, das diese Frage löst, würde mich fast mehr interessieren als eine Lösung für die Quantengravitation.