Thema: Solitonen
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Alt 19.12.09, 12:54
zeitgenosse zeitgenosse ist offline
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Standard AW: Messung im Dopelspaltexpt...

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Zitat von richy Beitrag anzeigen
Solitonen werden nicht durch eine Wellengleichung beschrieben sondern eine nichtlineare Transportgleichung = Burgersgleichung.
Wir möchten diese Aussage ergänzend präzisieren:

1834 begegnete der schottische Ingenieur John Scott Russel während eines Ausritts einem Phänomen, das später als Soliton bekannt wurde.

Zitat:
I was observing the motion of a boat which was rapidly drawn along a narrow channel by a pair of horses, when the boat suddenly stopped - not so the mass of water in the channel which it had put in motion; it accumulated round the prow of the vessel in a state of violent agitation, then suddenly leaving it behind, rolled forward with great velocity, assuming the form of a large solitary elevation, a rounded smooth and well-defined heap of water, which continued its course along the channel apparently without change of form or diminution of speed. I followed it on horseback, and overtook it still rolling on at a rate of some eight or nine miles an hour, preserving its original figure some thirty feet long and a foot to a foot and a half in height. Its height gradually diminished, and after a chase of one to two miles I lost it in the windings of the channel. Such in the month of August 1834, was my first chance interview with that singular and beautiful phenomenon, which I have called the Wave of Translation.

http://www.ma.hw.ac.uk/~chris/scott_russell.html
Im Kontext ist auch von solitären Wellen die Rede, die man sich als einzeln fortschreitende Welle vorstellen kann, die sich ohne störende Einwirkungen unverändert in Form und Geschwindigkeit ausbreitet. Solche Wellen unterscheiden sich grundsätzlich von longitudinalen und transversalen Wellen. Bekannt ist der Tsunami - eine Senkwelle-, welcher sich über grosse Distanzen ohne Formeinbusse ausbreitet, um erst im flachen Küstenwasser steil anzuwachsen.

Russell war vermutlich nicht der erste, der diesem Phänomen begegnete, aber sicherlich einer der ersten, der dessen Bedeutung erkannte. In der Binnenschifffahrt bedienten sich die Pragmatiker des Effektes. Ein Kahn schiebe die Welle so lange vor sich her, bis seine Geschwindigkeit größer sei als die der von ihm verursachten Welle. Dann steige er auf die Welle herauf und schiebe auf diese Weise weniger Wasser vor sich her. Die Welle ihrerseits werde kleiner und verschwinde schließlich. Auf diese Weise konnten Hindernisse im flachen Kanalwasser elegant überwunden werden.

Zehn Jahre nach Russels Ableben leiteten zwei Holländer die nach ihnen benannte Korteweg-de-Vries-Gleichung her, die zur Analyse von Flachwasserwellen in engen Kanälen vorgeschlagen wurde. Danach dauerte es eine geraume Weile, bis die Sinus-Gordon-Gleichung (eine nichtlineare und aus der Klein-Gordon-Gleichung hervorgegangene DGL) entstand.

Somit:

Physikalisch gesehen sind Solitone stationäre Wellenpakete in nichtlinearen dispersiven Medien, die bei ihrer Fortpflanzung ihre Gestalt beibehalten. Solches ist möglich, wenn sich Dispersion und Nichtlinearität gegenseitig kompensieren.

Siehe u.a.: Greiner, Hydrodynamik (Bd 2A)

Solitonen lassen sich mittels der Sinus-Gordon-Gleichung beschreiben. Hervorzuheben ist deren Invarianz unter einer Lorentztransformation. Zwei ihrer Lösungen sind besonders interessant, nämlich Kinke und Breather, mittels derer sich Lorentzkontraktion und Zeitdilatation plausibel begründen lassen. Mit experimentell geringem Aufwand lassen sich die diesbezüglichen Phänomene an einer Pendelkette oder mit einer Wellenmaschine im elementaren Schulversuch (Anfängerpraktikum) aufzeigen:

http://www.uni-saarland.de/fak7/patt/pdf/bre_diet.pdf

Eine leicht verständliche Beschreibung einer "Kette gekoppelter Pendel" und der Bedeutung von Solitonen für die relativistische Mechanik findet sich bei:

Filk/Giulini, Am Anfang war die Ewigkeit (C.H. Beck)

Eine ausführliche wissenschaftliche Herleitung der relativistischen Effekte unter Berücksichtigung der Sinus-Gordon-Gleichung findet sich bei:

Günther, Spezielle Relativitätstheorie (Teubner)

An Soliton und Antisoliton lässt sich auch die Paarvernichtung - als Akt gegenseitiger Auslöschung - demonstrieren. Solitonen sind daher nicht nur für die Hydrodynamik von Interesse. Auch in der nichtlinearen Optik sowie in der Teilchenphysik nehmen sie einen Platz ein.

Gr. zg
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