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Alt 13.02.21, 08:12
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TomS TomS ist offline
Singularität
 
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Standard AW: Quantenradierer

Zitat:
Zitat von Cossy Beitrag anzeigen
Deine Frage trifft den wunden Punkt der Quantenmechanik
Genau der Teil ist noch nicht verstanden.

Beim Quantenradierer geht es darum, dass nicht einfach eine Messung das Interferenzmuster zerstört.
Wenn Du die Wege-Information nicht auslesen kannst, obwohl eine Messung statt gefunden hat, dann kommt doch wieder ein Interferenzmuster zustande.

Meine Meinung nach ist nicht die Messung, sondern die Information der Messung das entscheidende Merkmal.
Die Frage ist, wie man “Messung” definiert. Das ist nämlich nicht eindeutig von einer normalen Wechselwirkung zu unterscheiden, sondern erfolgt oft im Sinne eines Zirkelschlusses.

Nach der Dekohärenz sollte es wie folgt funktionieren:

1) Wenn z.B. die “welche-Weg-Information” hinter dem Doppelspalt auf ein zweites Quantensystem übertragen und dieses dadurch mit dem am Doppelspalt interferierenden ersten System verschränkt wird, wird die Interferenz nicht zerstört - vorausgesetzt, ich kann alle beteiligten Systeme weiterhin von der Umgebung isolieren.
2) Wenn ich dieses zweite Quantensystem beobachte, d.h. das Messgerät, mich und meine Umgebung mit diesem zweiten Quantensystem verschränke, dann zerstört dies die Interferenz in dem verschränkten System “erstes plus zweites System”.
3) Grundsätzlich müsste letzteres auch dann gelten, wenn ich mich durch ein makroskopisches Gerät ersetze, d.h. die “welche-Weg-Information” aus dem zweiten System nicht auf mich als Beobachter sondern auf ein makroskopisches Objekt übertrage, z.B. auf einen von zwei Fußbällen (einen je Spalt). Durch die Verschränkung mit von “erstem plus zweitem System” mit den Fußbällen und der Umgebung wird die Interferenz ebenfalls zerstört, ohne dass ich dazu selbst beobachten bzw. die Information aufnehmen müsste.

Man kann diese Dekohärenzeffekte in einfachen Modellen berechnen, jedoch natürlich nicht experimentell nachprüfen, ohne tatsächlich zu beobachten, wodurch natürlich wieder unklar wird, durch welches makroskopische System - die beiden Bälle oder ich selbst - die Interferenz zerstört wird. Wie prüfe ich experimentell nach, was geschieht, ohne das ich beobachte?

Eine Messung wird dadurch jedenfalls einfach erklärbar: die Messung eines Quantensystems entspricht einer Wechselwirkung mit einem makroskopischen System inklusive Umgebung, wobei ersteres mit letzterem verschränkt wird und durch diese Verschränkung effektiv klassisch erscheinende Systeme entstehen. Grund für den Verlust der Interferenzfähigkeit ist die Tatsache, dass diese nur für das Gesamtsystem inklusive Umgebung vorhanden ist, nicht mehr jedoch für für das Teilsystem = das ursprüngliche Quantensystem. Man könnte also weiterhin Interferenz beobachten, jedoch müsste man dazu alle verschränkten Freiheitsgrade kontrolliert zur Interferenz bringen - und das ist praktisch ausgeschlossen. Dieses “Herauspicken” des ursprünglichen Quantensystems kann man mathematisch berechnen, und man erhält dadurch einen sogenannten “gemischten Zustand”, dem die üblichen Interferenzterme fehlen. Diese werden also gerade durch dieses “ Herauspicken” zerstört; man spricht von Dekohärenz.

Quantum erazor, delayed choice etc. werden ebenfalls einfach erklärbar: die Interferenz kommt immer zustande, wenn keine Dekohärenz eintritt. Diese folgt nicht speziell aus einer “Beobachtung” oder “Messung”, sondern aus der Wechselwirkung mit einem beliebigen makroskopischen System und der dadurch folgenden Verschränkung.

Die spezielle Rolle eines Beobachters oder des Auslesens der Information ist damit obsolet, der “wunde Punkt der Quantenmechanik” diesbezüglich gut verstanden, das Erscheinen klassischer = dekohärenter = nicht interferenzfähiger Systeme mathematisch ebenfalls verstanden, der Begriff der “Messung” sinnvoll und definiert, das “Messproblem” zur Hälfte gelöst.

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
eine "Eigenheit" der Kopenhagener Deutung ...
... die wir am besten vergessen, wenn wir etwas verstehen wollen, da sie sich ja gerade dadurch auszeichnet, zu meinen, man müsse oder könne nichts verstehen; und da sie ohne Berücksichtigung der Dekohärenz formuliert wurde und wird, die heute als gesichert gilt.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (13.02.21 um 08:56 Uhr)
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