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Alt 10.03.23, 10:53
Mike Mike ist offline
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Standard AW: Was existiert dann noch?

Ich habe immer schon viel über das Universum, das Leben und über Bewusstsein, über das nachgedacht, was wir sind. Und früher stellte ich mein eigenes Empfinden gemäß René Descartes nicht infrage. "Ich denke, also bin ich." Für mich war damals Qualia etwas das allmählich mit zunehmender Komplexität eines Neuronalen Netztwerkes auftrat, und ich billigte es auch zukünftigen Maschinen zu, sofern sie genügend komplexe Denk- und Steuerzentren hätten.

Dann fragte ich mich, wie sich das Beamparadoxon erklären ließe oder was wäre, wenn man das Gehirn in zwei Hälften teilte und am Leben hielt, z.B. die eine Hälfte in einen anderen leeren Körper verpflanzen könnte. In welchem Körper wachte man nun nach der Teilhirnverpflanzung auf? Ist man seine rechte Hirnhälfte oder die linke? Was wenn man das Gehirn anders teilte und die entsprechenden fehlenden Teile nachklonen könnte?
Lässt sich das Ich-Empfinden theoretisch verdoppeln, teilen, transferieren?

Was wenn man in Zukunft sein Gehirn mit anderen Gehirnen zusammenschließen könnte, so stark vernetzt wie die sogenannte "Brücke", die die rechte und die linke Hirnhälfte miteinander verbindet? Ist man dann nur noch eine Person? Was passiert mit den Erinnerungen der anderen Gehirne, wenn man sie für die eigenen hält? Was wenn angeschossene Gehirne sterben? Würde man so dem Tod entgehen können, sein Bewusstsein auf ein anderes Gehirn transferieren können oder gar auf eine Maschine?

Hätte man die technischen und medizinischen Möglichkeiten, ein einzelnes Neuron aus dem lebendigen Gehirn eines Menschen herauszunehmen und durch einen künstlichen Chip zu ersetzen, der haargenau dieselben Aufgaben erfüllte wie zuvor die lebendige Gehirnzelle, hätte der Proband keine Chance, einen Unterschied zu bemerken. Auch nicht, wenn man dies mit einem Neuron nach dem anderen machen würde, bis das Gehirn vollständig aus künstlichen Chips bestünde. Auf diese Weise ließe sich also die Illusion des Ichs auf eine Maschine transferieren - eben nicht nur eine künstliche Kopie anfertigen, die im besten Falle einem Zwilling mit identischen Erinnerungen entspräche, sondern sogar das Bewusstsein während des gesamten Austauschens aufrecht zu halten. Praktisch ist das Ganze freilich kaum vorstellbar, da ein menschliches Gehirn zig Milliarden Neurone besitzt und jedes davon mit tausenden, manchmal mit hunderttausenden von anderen Neuronen verbunden ist. Vielleicht wird man in ferner Zukunft Möglichkeiten finden, Gehirnschicht für Gehirnschicht, Molekül für Molekül abzutragen und gegen etwas anderes austauschen.

Was wenn die herausgenommenen lebenden Neurone wieder außerhalb zusammengesetzt würden? Ist man nun das Maschinengehirn oder erneut das lebendige? Man bedenke, beim Austausch hätte es keinen Zeitpunkt gegeben, an dem man nicht mehr bei Bewusstsein gewesen wäre.

Durch solche Überlegungen kam ich letztlich aus mehren Richtungen zu meiner heutigen Überzeugung, dass phänomenales Bewusstsein (Qualia, mentales Erleben, das Ich) nur eine Illusion sein wird. Infrage gestellt habe ich das auch weiterhin oft. Mir erscheint es logisch, eben auch weil in einer Welt in der es kein Bewusstsein geben könnte, die Wesen oder Maschinen trotzdem genauso wie wir funktionieren könnten, einschließlich dem Agieren, als wären sie fest davon überzeugt Gefühle zu spüren. Sie würden nicht eine meiner Fragen, Denkprozesse und Schlüsse auslassen.

Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass es Seelen, Götter und Bewusstseinsentitäten gibt, aber es spricht eben absolut kein Indiz für ihr Vorhandensein.

Dass wir meinen zu fühlen, lässt sich ja anders erklären, eben über komplexe Gehirnfunktionen. Und mehr ist da nicht.
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