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Alt 19.11.08, 12:25
Sino Sino ist offline
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Registriert seit: 17.09.2008
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Standard AW: Formen des Zufalls

Zitat:
Zitat von JGC Beitrag anzeigen
Und fragt euch doch mal selbst, wieso ihr eigentlich alle hier seid....
Kann mir die Frage nicht beantworten, ( wenn man mal davon absieht, dass meine Eltern mal Sex hatten. Kleiner Scherz )
Aber ernsthaft, ich weiss es nicht. Wenn ich wüsste, warum das Universum existiert, dann hätte ich meine Antwort gefunden.

Ich bin vielleicht ein zu rationaler Mensch.

Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich als Jugendlicher auf dem Amiga damals das erste mal quasi mit "künstlichen Leben" gespielt habe, also ein Feld programmiert habe, dass eine Welt mit Futterquellen darstellte und dann einfache Organismen programmiert habe, für die bestimmte Lebe- und Sterbegesetze und Ausbreitungsgesetze gegolten haben. Dann hab ich das Laufen lassen und farbig auf dem Bildschirm dargestellt.
Alles fing an zu pulsieren und die Lebensformen frassen sich wellenartig durch meine künstliche Umwelt und ich dachte mir wohl sowas wie: "Cool, was für einen Eigendynamik sich aus ein paar Zeilen Code so ergibt."

Später im Informatikgrundstudium habe ich mich dann mal für Genetische Algorithmen interessiert, darüber gelesen und dann sofort damit rumexperimentiert am Rechner.
Da gilt es z.b. ein kompliziertes Optimierungsproblem möglichst gut zu lösen. Man generiert sich also meinetwegen erstmal 1000 oder 10000 Zufallslösungen, die eigentlich alle nichts taugen. Das ist dann die Anfangspopulation. Die Beschreibung dieser Lösungen stellen das Erbgut da.
Nun legt man Regeln fest, mit der diese Lösungen Nachkommen erzeugen, z.b. durch Mutation und Fortpflanzung durch Rekombination von 2 alten Lösungen zu einer neuen. Dann braucht man nur noch eine Selektionsfunktion, die nach bestimmten Regeln einen Grossteil der schlechten Lösungen nach jeder Generation rausschmeisst und lässt das ganze laufen.
Man beobachtet nun, wie die Lösungen von Generation zu Generation besser werden, einfach nur dadurch, dass sich das Erbgut guter Lösungen fortpflanzt. Das das Ganze funktioniert, ist ziemlich "logisch", wenn auch theoretisch nicht einfach behandelbar. ( Ich konnte bei mir sogar beobachten, dass die Güte des Pseudo-Zufallsgenerators Auswirkungen darauf hatte, wie gut die Lösungen wurden, hätte ich vorher nie gedacht, das man da einen Unterschied merkt. )

Solche Dinge betreibt man auf jeden Fall schon seit den 90'ern. Seit der Zeit experimentiert man auch schon mit künstlichen Schwärmen im Computer, lange davor gab es schon künstliche neuronale Netze, die sich selber optimiert habe etc. Selbstorganisationsmechanismen sind auch schon lange bekannt etc.


Was ich damit sagen will: Ich glaube, dass man einfach nur ein hinreichend komplexes dynamisches rückgekoppeltes System haben muss und es entwickelt automatisch ein komplexes Eigenleben. Das macht es einfach so nach mathematischen Regeln. Es kann gar nicht anders. Und das Universum und die Natur stellt in meinen Augen mathematisch betrachtet nichts anderes dar, nur dass der Grad der Komplexität mittlerweile extrem hoch ist. (edit: eigentlich braucht man gar kein komplexes System, sondern nur einen Anfangszustand und gute Regeln für die Rückkopplung. Der Rest kommt von allein. )

Von daher glaube ich, dass ich irgendwo nur ein Produkt dieses Systems bin. Ich glaube, mein Leben hat eigentlich von Natur aus keinen Sinn, da die Natur rational betrachtet keinen Sinn hat und kein Ziel verfolgt.
Sie ist in meinen Augen einfach so aus der Dynamik des Systems entstanden bzw. aus dem Regelsatz, der ihn beschreibt.
Ich glaube, es bedarf schon bewusster Wesen, die irgendwann mal auf die Idee kommen, den Dingen Sinn und Wert zu geben, denn allein von sich aus hat nichts Sinn.

Wie gesagt, deshalb gibt es für mich ein paar grosse Fragen, die man vielleicht nie klären kann.
- Wie funktioniert das Universum, also was sind die Grundregeln ? ( Die vielleicht leichteste Frage )
- Warum gibt's das Universum ? ( Die nicht beantwortbare ...)
- Was ist Bewusstsein, also wie funktioniert es und wann, wie, wo entsteht es ?
Wie gesagt, in meinen Augen war die Welt erstmal nur ein simples dummes System beruhend auf ein paar Regeln. Dann hat sich sukzessive die Komplexität des Systems gesteigert und irgendwann etwas wie uns erzeugt, das den Dingen und der Welt selbst einen Sinn gibt. Das ist doch faszinierend

P.S.: Ok, ich weiss, dass so ein Weltbild für manche schockierend ist, aber für mich ist die Welt auch so wunderbar. Ist ja nicht so, dass ich die Erde nicht zu schätzen weiss. Wenn ich die Bilder aus dem Weltraum sehe, wo man die Erde als blauen Planeten sieht, dann löst das auch Gefühle in mir aus. Für mich ist die Vorstellung, dass das Universum sowas wie uns erzeugt hat, sowas wie die Erde und dass wir das zu schätzen wissen, auch soetwas wie ein Wunder bzw. etwas, was ich mit "göttlich" bezeichnen würde. In dem ich die Dinge selber zu schätzen weiss und ihnen einen Sinn gebe, brauch ich ja eigentlich auch keinen diktatorhaften Gott mehr, der mich dazu zwingen müsste.

Ge?ndert von Sino (19.11.08 um 12:53 Uhr) Grund: Deutsch
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