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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker |
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#1
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Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Oder: Haben Bertelmanns Socken auch vor der Messung bereits eine bestimmte Farbe?
Ich meine, nein, aber als ich das im Thread "Wie kann nichts trotzdem was sein" behauptete, wurde ich von verschiedener Seite scharf angegriffen , z.B. von richy aber verteidigt , der auch vorschlug, einige Infos dazu zu sammeln ("auch wenn wir das schon hatten"). Am Doppelspaltexperiment z.B. lässt sich zeigen, dass ein Teilchen vor der Messung nicht an einem bestimmten Ort ist, sondern sein Aufenthaltsort erst mit der Messung festgelegt wird. Vorbemerkung: Da wegen der Unschärferelation der Aufenthaltsort eines Teilchens nicht genau angegeben werden kann (ausser in Spezialfällen), beschreibt Schrödingers Wellenfunktion die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des Teilchens. So können wir die Eingangsfrage umformulieren: Hält sich das Teilchen "in Wirklichkeit" schon vor der Messung an einem bestimmten Ort auf, nur kennen wir diesen nicht (und können nur dessen Wahrscheinlichkeit angeben)? Oder hält es sich (vor einer Ortsmessung) auch in Wirklichkeit nicht an einem bestimmten Ort auf, sondern ist sein Aufenthaltsort auch in Wirklichkeit unbestimmt? Befindet sich das Teilchen vor der Messung irgendwie an allen von der Wellenfunktion angegebenen Orten zugleich? (entspräche keiner bestimmten Sockenfarbe). Das Doppelspaltexperiment legt die zweite (die verrückte) Antwort nahe: Wenn beim Durchgang der Teilchen beide Spalten offen sind, bildet sich auf dem Schirm hinter den Spalten ein Interferenzmuster (was nicht geschieht, wenn nur ein Spalt offen ist). Auch wenn jeweils nur ein einziges Teilchen aufs Mal hindurchgeht, sodass sich zwischen Spalten und Schirm nur jeweils ein Teilchen aufhält, entsteht ein Interferenzmuster. Eine mögliche Erklärung wäre, dass das Teilchen irgendwie "mit sich selber interferiert" - oder dass es durch beide Spalten zugleich geht. Eine Welle könnte das. Befindet sich also das Teilchen an allen von der Wahrscheinlichkeitswelle angegebenen möglichen Orten zugleich, sodass es wie eine Welle durch beide Spalten gleichzeitig geht und so die Interferenz bildet? Schwer vorstellbar, aber wie ist das Interferenzmuster sonst zu erklären? Wollen wir nun feststellen, ob das Teilchen tatsächlich durch beide Spalten geht, können wir bei den Spalten Detektoren aufstellen, und nun zeigt nur einer der Detektoren das Teilchen an; das Teilchen geht nun also durch einen der beiden Spalten und nicht durch beide zugleich - nur verschwindet jetzt die Interferenz. Messen wir, durch welchen Spalt die einzelnen Teilchen gehen, verschwindet das Interferenzmuster. Also haben wir doch durch unsere Orstmessung das Teilchen auf einen bestimmten Ort "festgelegt" - ohne Messung verhält es sich ja wie eine Welle und bildet Interferenz. Mit der Messung "kollabiert" die Wahrscheinlichkeitswelle, der Aufenthaltsort des Teilchens ist nun bestimmt und es kann jetzt auch keine Interferenz mehr bilden. Wenn also ein einzelnes Teilchen in Wirklichkeit Interferenz bildet, wenn wir seinen Aufenthaltsort nicht messen, sobald wir aber seinen Ort messen die Interferenz verschwindet - dann können wir doch sagen, dass erst unsere Messung seinen Ort festgelegt hat (!?) und dieser vor der Messung in Wirklichkeit noch nicht festgelegt, unbestimmt ist (nur seine Wahrscheinlichkeit ist durch die Wellenfunktion gegeben). War das überzeugend? Hier noch ein ausgezeichnetes Video dazu: http://www.youtube.com/watch?v=WpprA...eature=related Grüsslein, Gwunderi
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«Denn es ist ja in Wirklichkeit genau umgekehrt. Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann.» Albert Einstein zu Werner Heisenberg |
#2
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Hallo Gwunderi!
Ich kann deinen Gedankengang sehr gut nachvollziehen. Ich ticke da wohl ähnlich und habe erst vor kurzem das alles auch klären wollen: http://www.quanten.de/forum/showthread.php5?t=1358 (ab Beitrag Nr. 12 wird's vlt. verständlicher) Zitat:
heute allerdings wahrscheinlich nicht. --------------------------------------------- Ab hier wird's IMHO mit der Hoffnung auf Berichtigung, falls erforderlich. Die SGL beschreibt ja nicht das Teilchen selbst, sondern lediglich seine Bewegung von A nach B mit einem bestimmten Hindernis (Einfachspalt oder Doppelspalt oder ... etc., niemals - und). Ist das Elektron selbst (an sich) eine Welle, nur weil dessen Bewegung mit einer Wellengleichung beschrieben werden muss? Stellen wir uns ein Stück Holz, dass von einem Bergbach getragen wird. Wir habe also Hafen unterschiedlich grosse Steine unter der Wasseroberfläche, die auf dieser Wellen verursachen. Wie würde eine Gleichung aussehen, die die Bewegung des Holzstücks beschreiben würde? Ich denke, das wird eine Wellengleichung sein. Ist nun das Holz selbst eine Welle? Wohl kaum. So weit erst Mal. Gruss, Johann Ge?ndert von JoAx (17.02.10 um 21:30 Uhr) |
#3
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
@Gwunderi
Du hast recht. Im Grunde zeigt der Wellencharakter schon, dass die spaeter realisierte Eigenschaft vor der Messung noch nicht vorliegt. Alleine der Zusammenbruch der Wellenfunktion zeigt, dass die Erklaerung des EPR Experimentes ueber ein paar Socken etwas hinkt. Es muessten duale einmal wellenartige Socken und einmal gestrickte Socken sein. Z.b. koennte man ein Wellenmuster draufmalen um diesen Mangel zu beseitigen :-) Zwei Wuerfel sind nichtlokal miteinander Verbunden, so dass deren Summe immer 7 ergibt. Beide Wuerfel sind verdeckt. Nun decke ich einen auf und sehe er zeigt den Wert 4 an. Jetzt wissen wir zwar dass der andere Wuerfel eine 3 anzeigt, aber noch lange nicht warum. Das wird besonders klar wenn wir jetzt einfach mal wuerfeln. Das Problem bei Bertelmanns Socken sind nicht nur die Socken, sondern die Frage : Wer uebernimmt in der Natur die Rolle von Herrn Bertelmann ? Noch einfacheres Argument : Die QM ist nichtlokal. Wo gibt es im Sockenbeispiel eine Nichtlokalitaet ? Am besten man nimmt das ganze mit Humor und kann sich natuerlich noch bischen darueber wundern, warum manche Physiker ihre Glaubwuerdigkeit mit solchen Argumenten verspielen. Das Beispiel ist voellig ungeeignet um eine Nichtlokalitaet zu erklaeren und duerfte alleine um Missverstaendnisse zu vermeiden ueberhaupt nicht erwaehnt werden. Gruesse Ge?ndert von richy (18.02.10 um 11:36 Uhr) |
#4
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Hi richy!
Zitat:
Gruss, Johann |
#5
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Hallo Gwunderi
Hält sich ein Wassertropfen vor seiner Kondensation schon irgendwo in der Wasserdampfwolke auf ? Ja in einem anderen Aggregatzustand verteilt überall und gleichzeitig. Wer darüber eine >ich weiß nicht wo-Wassertropfen- Formel< schreibt, wird wohl eher einen Karnevalsorden bekommen. Aber wer so etwas Ähnliches tut im Bereich der Quantenphysik erhält den Nobelpreis. Grüße Hans |
#6
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Zitat:
Das Beispiel kann niemals die Nichtlokalitaet der QM erklaeren. Es zeigt, dass wenn ich auf die Vorderseite einer Muenze blicke es sehr wahrscheinlich ist, dass sich auf der anderen Seite deshalb die Rueckseite der Muenze befindet. Mehr sagt es nicht aus. Die KD kann die Nichtlokalitaet nicht erklaeren, denn dazu muesste man z.B. eine zusaetzliche globale Variable annehmen. Das Beispiel ist an den interessierten Physiklaien gerichtet und wenn dieser denkt, dass dieses die Nichtlokalitaet erklaert wird er keine weiteren Fragen mehr stellen und alle sind zufrieden. Wie man hier sieht funktioniert das auch ganz gut. Man kann auch folgendes annehmen : Die Physik ist zwar unabhaengig von den Religionen, aber nicht daran interessiert mit der Kirche unnoetigerweise in Konflikt zu treten. Stehen mehrere Alternativen z.B. einer Interpretation zur Auswahl, so wahlt man diejenige, die am besten mit dem Vatikan kompatibel ist. Bzw schliesst diese aus, die hier Konflikte erwarten lassen. Das waere eine moegliche Erklaerung fuer den ganzen Zirkus. Gruesse Ge?ndert von richy (18.02.10 um 17:22 Uhr) |
#7
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Der Film ist gut. Aber die Schlussfolgerung ist metaphysisch.
Der Tenor lautet. Erst wenn man das Teilchen misst wird es real. Das soll den unschuldigen Betrachter verführen, zu glauben, dass zwischen der Wahrnehmung über das menschliche Bewusstsein und dem vorherigen Ereignis ein tieferer metaphysischer Zusammenhang besteht. Die unausgesprochene Frage lautet: Wie ist es möglich das meine Sinne erst das Teilchen entstehen lassen? Diese Darstellung einer Messung hört man fast allerorts. Ein Physiker verstieg sich sogar darin zu behaupten, dass unsere Beobachtung in einem höheren metaphysischen Zusammengang das Universum gravierend verändern könne. Eine Nichtbeobachtung könne Katastrophen verhindern. Es wird aber nie in dem Zusammenhang explizit gesagt, dass ein Teilchen erst gemessen werden kann wenn es die Messvorrichtung berührt. Ich meine, dass der unbestimmte Zustand vor der Messung ein Feld ist das keine Teilchen enthält, sondern nur kontinuierlich (mehr oder weniger) Energie enthält (Quantenfeld) . Diese Energie bewegt sich mit c. Erst ein materieller Körper also eine Messsonde bremst die Energie von c auf v= 0 ab. Das dabei keine Zustandsumformung eintreten soll wäre sehr wunderlich, wenn man bedenkt, dass ein Auto schon bei kleineren Geschwindigkeiten dazu in der Lage ist. Weitere Schlüsse könnte man im QM Bereich aus dem Zustand der Atome bei extrem niedriger Temperatur ziehen. Es tritt ein Zustand ein, der Atome miteinander scheinbar verschmelzen lässt. Ich meine, dass die Teilchen erst bei der Messung nach dem Prinzip actio = reactio entstehen lässt. Das wäre eine Analogie zu dem, was ich mit der Kondensation von Wasser zum Tropfen meinte. Der klassische Aggregatzustand verändert die Stoffe durch Einwirkung von Wärme Druck usw. Der „relativistische Aggregatzustand „ verändert die Energie beim Auftreffen auf ein Messabsorber so, dass ein Teilchen entsteht. Die Messeinrichtungen sind unsere Augen die beobachten. Aber diese Augen (Messgeräte) verändern den Quantenzustand selbstverständlich physisch und nicht metaphysisch. Somit wieder keine Gelegenheit eine neue Religion zu installieren. Es ist alles recht einfach wenn man es zulässt. Ge?ndert von Hans (18.02.10 um 15:27 Uhr) |
#8
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Hi Hans
Ein isoliertes Teilchen kennt keine Entropie und damit keine Richtung eines Zeitpfeils, die notwendig ist um eine kausale Realitaet in unserem Sinne herzustellen. Ein wichtiger Punkt bei der Dekohaerenz duerfte somit die Wechselwirkung mit Systemen die eine Entropie beinhalten sein. Letztendlich die globale Entropie. Wenn man eine Katze in eine Kiste sperrt ist diese Wechselwirkung z.B. unterbrochen. Der Inhalt der Kiste selbst enhaelt aber genuegend Freitsgrade, so dass dieser ein eigenes System einer Entropie darstellt. Der Inhalt misst sich selbst. Die Dekohaerenz duerfte ein Detail sein, dass von allen Interpretationen akzeptiert wird. Ich denke nicht, dass hier ein neues Modell wie du es vorschlaegst notwendig ist. |
#9
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Zitat:
http://de.wikipedia.org/wiki/Quanten-Zeno-Effekt Zitat:
Uli |
#10
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AW: Teilchenzustand vor Messung unbestimmt?
Zitat:
"Wenn an einem bestimmten Geschichtszweig die lineare Polarisation eines Photons gemessen und somit genau angegeben wird, dann ist auf demselben Geschichtszweig auch die lineare Polarisation des anderen Photons genau bestimmt." "Geschichtszweig" meint doch wohl ganz klar Verzweigung in Welten. Die instantane Informationsübertragung gibt es also in der Viele-Welten-Interpretation nicht. Da diese aber physikalisch äquivalent zur Kopenhagener Deutung ist, gibt es auch dort keinen Informationsfluss, denn ein Informationsfluss ist keine Frage der Metaphysik. Gruß, Uli |
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