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  #1  
Alt 21.06.19, 22:27
Ich Ich ist offline
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Registriert seit: 18.12.2011
Beitr?ge: 2.445
Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Marco Polo Beitrag anzeigen
Alles was mit Genen zu tun hat, sollte man imho lieber der Natur überlassen. Die Ausrede, es geschehe zum Wohle der Menschheit, halte ich für äusserst fragwürdig.
Dem stimme ich überhaupt nicht zu.

Gerade in dieser Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft":
Eine Frau Mitte zwanzig, die in ungefähr zehn Jahren blind und taub sein wird. Dieser niedliche Gendefekt nennt sich "Usher-Syndrom". Im Tierversuch konnte man bereits ein funktionierendes Gen in die Cochlea schleusen und zumindest die Taubheit abwenden.

Jedwede Ethik, die solche Schicksale "der Natur überlassen" will, ist mir ähnlich zuwider wie totalitäre Ideologien: Hier wir der Einzelne für das - abstrakte, ziemlich aus den Fingern gesogene, mit breitem Pinsel gezeichnete - "größere Wohl" geopfert.

Damit kann ich nichts anfangen. Natürlich wird man dieser jungen Frau helfen, oder zumindest ihren zukünftigen Leidensgenossen. Komplett gegen die Natur, genauso wie man auch keine kleinen Kinder an Diphterie oder Lungenentzündung verrecken lässt. Wenn man die Möglichkeit hat, dann tut man es. Man erhebt sich über die Natur und gibt seiner kleinen Tochter Medizin, anstatt dem Willen der Natur folgend sie in ihr Leiden zu schicken und dann an ihrem Grab zu stehen.

Und ja, das wird weiter gehen. Man wird in die Keimbahn eingreifen, man wird lästige Schönheitsmakel ausmerzen, man wird den Durchschnittsmenschen verbessern in diesen und jenen Eigenschaften. Diesen Prozess kann und muss man begleiten mit ethischen Erwägungen dieser und jener Art.

Den Anfängen zu wehren, wie man es heute gerne überall tut, halte ich aber für zutiefst inhuman und durch nichts gerechtfertigt. Gentherapie soll, muss und wird kommen. Nicht "zum Wohle der Menschheit", sondern zum Wohle der Menschen.
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  #2  
Alt 22.06.19, 21:42
sirius sirius ist offline
Singularität
 
Registriert seit: 19.02.2013
Beitr?ge: 1.065
Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Dem stimme ich überhaupt nicht zu.

Gerade in dieser Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft":
Eine Frau Mitte zwanzig, die in ungefähr zehn Jahren blind und taub sein wird. Dieser niedliche Gendefekt nennt sich "Usher-Syndrom". Im Tierversuch konnte man bereits ein funktionierendes Gen in die Cochlea schleusen und zumindest die Taubheit abwenden.

Jedwede Ethik, die solche Schicksale "der Natur überlassen" will, ist mir ähnlich zuwider wie totalitäre Ideologien: Hier wir der Einzelne für das - abstrakte, ziemlich aus den Fingern gesogene, mit breitem Pinsel gezeichnete - "größere Wohl" geopfert.

Damit kann ich nichts anfangen. Natürlich wird man dieser jungen Frau helfen, oder zumindest ihren zukünftigen Leidensgenossen. Komplett gegen die Natur, genauso wie man auch keine kleinen Kinder an Diphterie oder Lungenentzündung verrecken lässt. Wenn man die Möglichkeit hat, dann tut man es. Man erhebt sich über die Natur und gibt seiner kleinen Tochter Medizin, anstatt dem Willen der Natur folgend sie in ihr Leiden zu schicken und dann an ihrem Grab zu stehen.

Und ja, das wird weiter gehen. Man wird in die Keimbahn eingreifen, man wird lästige Schönheitsmakel ausmerzen, man wird den Durchschnittsmenschen verbessern in diesen und jenen Eigenschaften. Diesen Prozess kann und muss man begleiten mit ethischen Erwägungen dieser und jener Art.

Den Anfängen zu wehren, wie man es heute gerne überall tut, halte ich aber für zutiefst inhuman und durch nichts gerechtfertigt. Gentherapie soll, muss und wird kommen. Nicht "zum Wohle der Menschheit", sondern zum Wohle der Menschen.
Der Knackpunkt liegt in den ethischen Erwägungen.
CRISPR ist sicherlich eine vernünftige Lösung.

https://www.mpg.de/11018867/crispr-cas9

Wo wird eine humane, nicht lebensfeindliche und zugleich auch verantwortungsvolle Wissenschaft die Grenze ziehen?
Grenzüberschreitungen passieren immer wieder und werden so letztlich zur Triebfeder konstruiert.
Ein „Designerbaby“ oder designte Menschen halte ich nicht unbedingt für erstrebenswert. Darauf wird es aber wohl doch hinauslaufen.
__________________
Stille Menschen haben den lautesten Verstand
Stephen Hawking
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  #3  
Alt 24.06.19, 18:36
Benutzerbild von Marco Polo
Marco Polo Marco Polo ist offline
Moderator
 
Registriert seit: 01.05.2007
Beitr?ge: 4.998
Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Den Anfängen zu wehren, wie man es heute gerne überall tut, halte ich aber für zutiefst inhuman und durch nichts gerechtfertigt. Gentherapie soll, muss und wird kommen. Nicht "zum Wohle der Menschheit", sondern zum Wohle der Menschen.

Bei meiner Abneigung zum Thema Gentherapie hatte ich natürlich deren Missbrauch auf dem Schirm.


Dass damit auch gutes zum Wohle vieler Menschen mit Gendefekten getan werden kann, ist mir auch klar. Aber zu welchem Preis wird das erkauft?


Ich glaube nicht, dass das am Ende eine gute Entwicklung nimmt.


Zudem sind mir die dazu angewandten Tierversuche absolut zuwider.


Affengehirne mit menschlichen Genen. Für mich ist das krank.


Man stelle sich vor, wir werden bald mit Hilfe der Gentechnik alle 200 Jahre alt. Klingt erst mal nicht schlecht. Aber welche Folgen hätte das?


Innerhalb von wenigen Generationen würde die Weltbevölkerung sich verdoppeln (müsste man mal überschlagen, ob das hinkommt).


Wenn dann auch noch alle Krankheiten dank der Gentechnik behandelbar sind und wir alle Organe nachzüchten können, dann wird das Anwachsen der Weltbevölkerung wahrscheinlich völlig aus dem Ruder laufen.


Da das aus meiner Sicht userem Planeten alles andere als gut tun würde, entscheide ich mich gegen die Gentechnik. Kann natürlich sein, dass ich das zu schwarz sehe.
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  #4  
Alt 25.06.19, 12:45
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Genmanipulationen

Krass. Die Grundhaltung, die du da an den Tag legst, finde ich nachgerade erschreckend.
Zitat:
Innerhalb von wenigen Generationen würde die Weltbevölkerung sich verdoppeln
Nehmen wir mal Afrika, nach UN-Projektion:

1950: 221 Mio Einwohner
2000: 794 Mio
2050: 2000 Mio
2100: 4000 Mio

Das wird m. E. die größte humanitäre Katastrophe des Jahrhunderts werden, und wir steuern sehenden Auges darauf zu. Das macht mir auch erheblich mehr Angst als der Klimawandel.

Hauptursache sind Medizin und "Wohlstand", es sterben einfach viel weniger kleine Kinder als in der guten alten Zeit.
Nach der von dir skizzierten Ideologie wäre die Lösung, den Kindern Essen und Medizin vorzuenthalten, damit sie wieder in planetenverträglichen Mengen sterben.
Ich finde diesen Gedankengang unerträglich. Nach meiner Meinung ist die Lösung, keine Kinder aktiv oder durch Unterlassung sterben zu lassen, sondern stattdessen die Geburtenrate auf humane Weise - aber mit allem erforderlichen Nachruck - auf einen planetenverträglichen Wert zu senken. Das hat glücklicherweise in Südamerika, Indien und China funktioniert. In Afrika scheint's aber niemanden zu interessieren, das ist halt moralisch nicht so opportun wie blau machen, bis die Klimakatastrophe fertig bekämpft ist.
Zitat:
Da das aus meiner Sicht userem Planeten alles andere als gut tun würde, entscheide ich mich gegen die Gentechnik. Kann natürlich sein, dass ich das zu schwarz sehe.
Ja, ja, der Mensch als Plage des Planeten. Ich finde dieses Menschenbild schrecklich, und es macht mir Sorge, dass es durch jahrzehntelange Indoktrination so gesellschaftfähig geworden ist.
Nein, es ist gut, dass es Menschen gibt, und außer Menschen scheißt sich niemand einen Dreck um diesen Planeten. Und man sollte sich um die Menschen kümmern, nicht sie ausrotten. Dazu braucht es mehr Technologie und mehr Macht über die Natur, nicht weniger. Und mehr Verantwortungsbewusstsein bei denen, die mit diesen Instrumenten die Zukunft formen müssen.
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  #5  
Alt 28.06.19, 10:23
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Ja, ja, der Mensch als Plage des Planeten. Ich finde dieses Menschenbild schrecklich, und es macht mir Sorge, dass es durch jahrzehntelange Indoktrination so gesellschaftfähig geworden ist.
Ich glaube nicht, dass dieser Zivilisationspessimismus mittlerweile wirklich gesellschaftsfähig ist. Dafür gibt es auch in Deutschland noch zu viele Familien mit Kindern.

Viele Menschen sind vielmehr generell unzufrieden und ängstlich, aber demgegenüber gibt es immer noch das Heer der Fleißigen, die sich von temporären und persönlichen Krisen nicht verwirren lassen. Eine recht zuverlässige Absicherung dafür ist ja auch der Kapitalismus, der auch nicht von heute auf morgen aussterben wird.
__________________
Freundliche Grüße, B.
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  #6  
Alt 28.06.19, 15:25
Ich Ich ist offline
Moderator
 
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Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Viele Menschen sind vielmehr generell unzufrieden und ängstlich, aber demgegenüber gibt es immer noch das Heer der Fleißigen, die sich von temporären und persönlichen Krisen nicht verwirren lassen. Eine recht zuverlässige Absicherung dafür ist ja auch der Kapitalismus, der auch nicht von heute auf morgen aussterben wird.
Wie meinst du das?
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  #7  
Alt 28.06.19, 23:15
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wie meinst du das?
Der aufgegriffene Satz enthält meiner Meinung nach eine gewisse Wertung und kann damit auch als Argument auf persönlicher Ebene verstanden werden. Ich fände es interessanter, wenn hier näher am Thema argumentiert werden würde.
__________________
Freundliche Grüße, B.
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  #8  
Alt 29.06.19, 19:56
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Genmanipulationen

Sorry, aber mir erschließt sich nicht, was du genau meinst. Welcher Satz enthätl eine gewisse Wertung? Und wie kommen da die Unzufriedenen, Fleißigen und der Kapitalismus ins Spiel? Das sind keine rhetorischen Fragen, sondern eine Bitte um Erläuterung, weil ich echt nicht weiß, worauf du hinaus willst.

Wenn's um das Menschenbild geht, das ich schrecklich finde: Das ist eine ganz explzite Wertung, und die meine ich sehr ernst. Aber das ganz sicher nicht als persönlicher Angrff auf Marc gedacht, den ich sehr schätze.
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  #9  
Alt 30.06.19, 09:44
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wenn's um das Menschenbild geht, das ich schrecklich finde: Das ist eine ganz explzite Wertung, und die meine ich sehr ernst. Aber das ganz sicher nicht als persönlicher Angrff auf Marc gedacht, den ich sehr schätze.
Genau darum geht es mir. Zum Menschenfeind und/oder Zivilisationspessimisten wird man ja nicht grundlos und eine abschätzige Beurteilung darüber kann doch nur aus Unwissen über die Gründe entstehen?

Ich sehe die Beurteilung dieses Aspektes eher so, dass es über die generellen Probleme der Welt (Ungerechtigkeit, Krankheiten, usw.) unterschiedliche Wertungen gibt. Manch einer leidet daran bekanntlich so stark, dass auch ein Verzicht auf Kinder in Erwägung gezogen wird. Bestürzung hilft hier meiner Meinung nach nicht wirklich weiter, sondern vielmehr die kritische und sachliche Analyse, zumindest in einer öffenlichen Diskussion.

Es geht mir also bei diesem Aspekt eher um Pros und Contras. Ein sehr weiser Satz in dieser Hinsicht lautet z.B., dass Leiden eben auch einen Sinn haben kann, wobei auch dieser Satz ohne weitere Erläuterungen natürlich mißverständlich sein kann. Und auch die oftmals verhöhnten und verpönten Religionen geben gewisse Antworten, die ja auch in der Debatte um die Gentechnik berücksichtigt werden.

Nicht umsonst gibt es in der EU also einen Ethikrat, der bei Entscheidungen zur Gentechnik einbezogen wird, allerdings ist dieser zum Teil wohl auch auf öffentliche Debatten angewiesen, um mehrheitsfähige Entscheidungen treffen zu können.

Ich finde es vorteilhaft, wenn bei einer so komplexen Thematik auch konträre Meinungen veröffentlicht werden. In anderen Ländern, wie z.B. China werden da z.T. einfach Fakten ohne Rückfragen geschaffen. Beide Strategien existieren und werden sich kurzfristig wohl auch nicht ändern.
__________________
Freundliche Grüße, B.
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  #10  
Alt 30.06.19, 21:21
Benutzerbild von Marco Polo
Marco Polo Marco Polo ist offline
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Registriert seit: 01.05.2007
Beitr?ge: 4.998
Standard AW: Genmanipulationen

Zitat:
Zitat von Bernhard Beitrag anzeigen
Zum Menschenfeind und/oder Zivilisationspessimisten wird man ja nicht grundlos...
Menschenfeind scheidet schonmal definitiv aus. Aber Zivilisationspessimist (der Ausdruck gefällt mir) trifft es sehr gut.

Anscheinend habe ich mich auch etwas missverständlich ausgedrückt:

Ja, ich stehe der Gentechnik sehr skeptisch gegenüber. Versuche an Affengehirnen, denen menschliche Gene eingeschleust werden sind mir zuwider.

Nein, ich würde die bisherigen Errungenschaften der Gentechnik (z.B. Heilung von Krankheiten), niemandem vorenthalten wollen. Warum denn auch?

Sollte sich die Gentechnik darauf beschränken, Krankheiten zu heilen, dann habe ich nichts dagegen.

Aber: Sollte weiterhin Missbrauch mit der Gentechnik betrieben werden - die weiter oben angesprochen Versuche an Affen gehören definitiv dazu - dann würde ich mir tatsächlich wünschen, dass diese Art der Forschung verboten wird.

Jetzt zu den Dingen, die aus meiner Sicht zwar nicht verboten gehören, denen ich aber sehr skeptisch gegenüber stehe:

- Xenotranspantationen (aus ethischen Gründen)

- Forschung, die dazu dient, die Lebenserwartung signifikant zu erhöhen (z.B. 150-200 Jahre)

Die Lebenserwartung steigt ja ohnehin schon jedes Jahr. Wenn diese dann aber durch entsprechende Forschungen auf womöglich 150-200 Jahre erhöht wird (das ist bei den Weltbevölkerunsprognosen bis 2100 ja noch gar nicht berücksichtigt), dann wird es nicht bei den für 2100 prognostizierten 11 Mrd. Menschen bleiben, sondern deutlich darüber liegen.

Irgendwo liegt ja die Grenze, bei der die Überbevölkerung zum echten Problem wird.

Ich tue mich schwer, diese Denke als besonderes verwerflich zu verurteilen. Aber das ist natürlich Ansichtssache.
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