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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #41  
Alt 24.03.12, 11:29
Benutzerbild von Bauhof
Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Frage zu "Bertlmanns Socken und die Natur der Realität" (J.S. Bell, 1980)

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
... ich erinnere an die Kernaussage von Borns Statistischer Deutung:
In der Ortsdarstellung ergibt das Betragsquadrat der Wellenfunktion

|Psi(x)|^2 dx

die Wahrscheinlichkeit, ein Quant im Bereich (x, x+dx) vorzufinden.

Damit erklärt sich natürlich perfekt, warum in einem Ensemble von Experimenten mit vielen Elektronen |Psi(x)|^2 etwas mit der Intensität der Elektronen zu tun haben muss. Dieses Beobachtung war ja nun auch zweifellos die, welche Born zu dieser Deutung bewogen hat.
Hallo Hawkwind,

so oder so ähnlich habe ich das auch aus meinen Büchern in Erinnerung. Max Born schreibt auf Seite 17 seines Buches [1]:
Zitat:
Wentzel und Oppenheimer haben gezeigt, dass man tatsächlich die Rutherfordsche Formel für die Anzahl der gestreuten Teilchen bekommt, wenn man die Intensität der Schrödinger-Welle als Maß der Wahrscheinlichkeit annimmt.
Roman Sexl schreibt auf Seite 151 seines Buches [2]:
Zitat:
Die Ausbreitung der Elektronenwelle kann mit Hilfe der Schrödinger-Gleichung berechnet werden. Die Geiger-Zähler, die das Auftreffen der Elektronen in verschiedenen Richtungen registrieren, zeigen aber zweifellos keine Welle, sondern das Auftreffen einzelner Teilchen mit ihrem Zählerwerken an. Wie ist der Zusammenhang zwischen der Elektronenwelle und den Angaben der Zählerwerke zu deuten?

Dies brachte Max Born auf die Vermutung, dass die Intensität der Welle die Wahrscheinlichkeit angibt, Teilchen vorzufinden. Je stärker die Welle vom Hindernis in eine bestimmte Richtung gestreut wird, um so mehr Teilchen werden die Zähler in dieser Richtung registrieren. Die exakte Anzahl dieser Teilchen lässt sich aber nicht mit Bestimmtheit vorhersagen...

Die Intensität der von Schrödinger berechneten Welle sollte also nach der Bornschen Deutung die Wahrscheinlichkeit angeben, Teilchen vorzufinden. Diese Interpretation des Zusammenhangs zwischen Teilchen und Welle wurde in der Folge zu einem Grundpfeiler des Verständnisses der Quantenmechanik.
Diesen Grundpfeiler zum Verständnis der Quantenmechanik wollen bis heute offenbar einige Leute nicht wahrhaben. Diese trauern immer noch irgendeiner realistischen Deutung nach.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Born, Max
Physik im Wandel meiner Zeit.
ISBN=3-528-08539-8

[2] Sexl, Roman U.
Was die Welt zusammenhält.
Physik auf der Suche nach dem Bauplan der Natur.

Frankfurt am Main 1984. ISBN=3-548-34230-2
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #42  
Alt 24.03.12, 11:34
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Frage zu "Bertlmanns Socken und die Natur der Realität" (J.S. Bell, 1980)

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Hallo Hawkwind,


Folglich bezieht sich |Psi(x)|^2 auf Realität. Also ist die statistische Interpretation unvollständig.
Es fehlt nichts; dich stört einfach, dass Psi keine unmittelbare physikalische Bedeutung hat.

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
"Shut up and calculate"?
Sorry auch für den gereizten Tonfall meinerseits; bin des Themas eigentlich müde.

Gruß,
Hawkwind
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  #43  
Alt 24.03.12, 13:14
Benutzerbild von EMI
EMI EMI ist offline
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Standard AW: Frage zu "Bertlmanns Socken und die Natur der Realität" (J.S. Bell, 1980)

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Wie sich am Doppelspalt mit einem intensiven Elektronenstrahl zeigen lässt, hat |Ψ|2 etwas mit der Intensität zu tun.
Hallo Roko,

experimentell wurde gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Elektronen auf dem Schirm den gleichen Gesetzen unterworfen ist wie die Beugung der el.mag.Wellen.
Die Beugung der Elektronen ist von der Intensität eines Elektronenbündels völlig unabhängig und wird deshalb auch bei einzelnen Elektronen beobachtet.
Die Beugung einer el.mag.Welle rührt daher, das die Welle an den verschiedenen Flächen (Atomen) des Gitters unterschiedliche Phasen hat.
Zur Erzielung der Beugung el.mag.Wellen ist es notwendig, dass das Licht aus einer Quelle stammt, nur dann hat die Phase der Welle(kohärent) einen bestimmten Wert für jede Fläche. In diesem Sinn ist jedes Elektron nur sich selbst kohärent, ebenso wie jede Quelle von el.mag.Wellen.

Kohärente Wellen können sich gegenseitig auslöschen (entgegengesetzte Phase).
Die Wahrscheinlichkeiten des Auftreffens des Elektrons auf dem Schirm können sich aber nicht gegenseitig auslöschen. Sie sind positive Größen.
Ebenso können sich bei Beugungserscheinungen der el.mag.Wellen nicht die Beleuchtungsstärken auslöschen. Diese sind ebenfalls positive Größen.

Addieren bzw. subtrahieren können sich nur die Spannungen der el.mag.Felder, die Schwingungsamplituten.
Analog löschen sich bei Elektronen die Amplituten der Wahrscheinlichkeiten aus, dass ein Elektron in einem gegebenen Punkt anzuteffen ist.
Nur die Amplituten, nicht die Wahrscheinlichkeiten können Welleneigenschaften aufweisen.
Folglich wird die Bewegung des Elektrons durch irgendeine Wellenfunktion beschrieben.

Die Beleuchtungsstärke ist gleich dem Quadrat der Amplitute der el.mag. Schwingung.
Auf die gleiche Weise muss die Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron in einem bestimmten Punkt des Raumes oder einem anderen anzutreffen ist, gleich dem Quadrat der Amplitute der Wellenfunktion sein, durch die seine Bewegung beschrieben wird.
Bei der Bewegung eines Elektrons schwingt die Wahrscheinlichkeitsamplitute, sie hat Wellencharakter.

Gruß EMI
__________________
Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen, und nicht mehr davon geistig erfasst haben als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst.
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  #44  
Alt 25.03.12, 04:07
RoKo RoKo ist offline
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Hallo Bauhof,

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
.. Diesen Grundpfeiler zum Verständnis der Quantenmechanik wollen bis heute offenbar einige Leute nicht wahrhaben.
Wen meinst du?
Zitat:
Diese trauern immer noch irgendeiner realistischen Deutung nach.
Was ist den an dieser Deutung unrealistisch?
Und vor allem: warum unterstellst du Born und Sexl philosopische Positionen, die sie in den von Dir zitierten Büchern nicht vertreten?

Offensichtlich hast du den Kern der hier geführten Debatte nicht erfasst. Im Eingangsstatement wird ein Diskussionspapier von John Bell eingeführt, dass die Nichtlokalität der QM aufzeigt, die sich nur vermeiden lässt, wenn man zu absurden philosophischen Positionen übergeht.

Du und Hawkwind, ihr müsst doch einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass spästens seit dem Aspect die Verletzung der Bell'schen Ungleichung erstmals experimentell nachgewiesen hat, die Debatte um die Interpretation der QM wieder aufgeflammt ist. Einen guten Überblick bietet z.B.:
Do we really understand quantum mechanics?
Strange correlations, paradoxes and theorems.
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mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #45  
Alt 25.03.12, 04:15
RoKo RoKo ist offline
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Standard AW: Frage zu "Bertlmanns Socken und die Natur der Realität" (J.S. Bell, 1980)

Hallo Hawkwind,

Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
.. Es fehlt nichts; dich stört einfach, dass Psi keine unmittelbare physikalische Bedeutung hat.
Eines der Axiome der QM lautet: |Psi> beschreibt den Zustand eines quantenmechanischen Systems. Bis gestern waren Zustände etwas physikalisches.
__________________
mit freundlichem Gruß aus Hannover

Unendliche Genauigkeit ist eine Illusion
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  #46  
Alt 25.03.12, 04:51
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Frage zu "Bertlmanns Socken und die Natur der Realität" (J.S. Bell, 1980)

Zitat:
Zitat von RoKo Beitrag anzeigen
Hallo Hawkwind,

Eines der Axiome der QM lautet: |Psi> beschreibt den Zustand eines quantenmechanischen Systems. Bis gestern waren Zustände etwas physikalisches.
... und heute nicht mehr; so kann's kommen.
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  #47  
Alt 25.03.12, 05:27
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Bis gestern = bis Bohr die Buehne betrat
@Roko Allerdings ist das kein Argument. Wie du siehst muss erstmal klargestellt werden, dass die KD die QM nicht rein physikalisch beschreibt. Dass diese Schranke keinen Kriegsschauplatz darstellt sondern den Wellenkollaps, Und dass die KI vor dem Wellenkollaps die Physikalitaet aufgibt.

Ich meine jede Interpretation hat ihre Vor und Nachteile. Aber um eine Basis fuer eine solche Diskussion zu schaffen muss man natuerlich erstmal die Annahmen der KI sachgemaess formulieren. Denn eine KI ohne abstrakte Elemente hat natuerlich immense Vorteile. Lediglich den kleinen Nachteil dass sie dem Experiment widerspricht.

Ge?ndert von richy (25.03.12 um 05:52 Uhr)
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  #48  
Alt 25.03.12, 06:06
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Hi Roko
Wie erwaeht kann ich mich auch mit Aspekten der KI anfreunden. Aber wenn man das ganze einmal unter dem fundamentalen Grundsatz der Physik betrachtet, dann ist Bohrs vorgehensweise schon ungeheuerlich. Der Grundsatz der Physik lautet, dass das Experiment entscheidet. Wie Bohr vorgeht ist nun so gerissen, dass ich ihn dafuer ehrlich gesagt auch bewundere. Er teilt das Experiment einfach in zwei Teile. Und einen Teil davon erklaert er nun als den Geisteswissenschaften zugehoerig. Und damit scheint dieses von dem Grundsaetzen der Physik entbunden. Ueberhaupt ist die Interpretation clever gemacht. Und wer dies wie Hawkwind oder Bauhof nicht sieht, naja dem entgeht halt ein Vergnuegen.
Aber schon eines passt nicht in Bohrs Plan. Das Interferenzmuster. Das ragt aus der Welt jenseits der angeblichen semantischen Schranke nunmal in die physikalische Welt hinein.
Hervorragend passt jedoch, dass seine Annahmen so abgefahren sind, dass sie ein Grossteil der Physiker nicht als ernst betrachten und diese zu der Schussfolgerung kommen, dass sie die Annahmen wohl missverstehen und alles anders gemeint sein muss :
Zitat:
Zitat von Hawkwind
"nichtlokal=geistig"

Guter Witz !
Bauhofs Argument ist noch einzigartiger :
Zitat:
Zitat von Bauhof
.. denn die Frage, wo das Teilchen vor der Messung war, ist streng genommen unphysikalisch.
So unrecht hat er ja wenigstens im Sinne der KI gar nicht. :-) Da ist nunmal alles vor der Messung unphysikalisch. Blos ist die KI nunmal nicht die einzigste Erklaerung.
Und Bauhofs Meinung wird Prof. Zeilinger nicht daran hindern seine "unphysikalischen" Versuche fortzusetzen.

Gruesse

Ge?ndert von richy (25.03.12 um 11:27 Uhr)
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  #49  
Alt 25.03.12, 14:02
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen

So unrecht hat er ja wenigstens im Sinne der KI gar nicht. :-) Da ist nunmal alles vor der Messung unphysikalisch. Blos ist die KI nunmal nicht die einzigste Erklaerung.
Und Bauhofs Meinung wird Prof. Zeilinger nicht daran hindern seine "unphysikalischen" Versuche fortzusetzen.

Gruesse
Das brauchts du nicht extra zu erwähnen, selbstverständlich hat er recht (und das nicht nur im Sinne irgendeiner Deutung): das Ziel der Physik ist es, Ergebnisse von Messungen quantitativ vorherzusagen.
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  #50  
Alt 25.03.12, 14:12
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
@EMI
Dein Vergleich hinkt. Im makroskopischen Fall stellen die Intensitaeten Betragsquadrate dar. Im mikroskopschen Fall werden aber nicht die Betragsquadrate sondern die Betraege addiert !

"Zitat von Doktor der Physik
I) Nimm v, w ∈ ℂ
II) Addiere jene symbolisch und errechne den Betrag der Summe (|z| = sqrt(z*.z) f. z ∈ ℂ).
III) Errechne zudem symbolisch die Beträge von v und w (einzeln!) und addiere jene Beträge."

Der Unterschied zwischen dem Ergebnis von II) und III) illustriert den "Kollaps" einer skalaren Wellenfunktion, dargestellt in einer orthonormalen "Toy-Basis" mit Mächtigkeit 2.

Ich wollte dies anfangs auch nicht glauben und musste mich im Forum eines besseren belehren lassen :
Diesem Doktor (ist er denn überhaupt einer?) in diesem Forum dort, dem hast du's jetzt aber wenigstens hier nochmal richtig gegeben. Im Nachtreten bist du echt der Größte, richy. Widert dich das selbst nicht an?
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