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  #1  
Alt 14.10.11, 18:21
Benutzerbild von richy
richy richy ist offline
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Standard Math Verhulst 1989

Hi
Ich will mal die Zeit nach 1989 zurueckdrehen um zu dokumentieren welche kleine Experimente mich damals bewogen die inverse logistische Abbildung zu verwenden. Kann man die Zeit zurueck drehen ? Dass dies gedanklich moeglich ist zeigt der Thread. Es haengt alleine vom Gedaechtnis ab. Wie sieht es nun aber mit dem Gedaechtnis nichtlinearer Differenzengleichungen aus ? Kann man bei diesen auch einfach die Iterationsrichtung umdrehen und landet dann beim Anfangswert ?
Genau diese Frage habe ich mir 1989 gestellt. Die Chaostheorie war damals gerade sehr populaer und damit auch die logistische Gleichung. Ich war gerade vom Ti99 und C64 auf Atari St 1040 umgestiegen und darauf konnte man schon komplexere Probleme simulieren und graphisch ausgeben.

ANMERKUNG MAPLE
Im Thread widerhole ich die damaligen Simulationen mit Maple. Maple ist ein analytisches Mathematikprogramm, dass stets versucht ganzzahlig und symbolisch ueber Bruchdarstellung zu rechnen. Maple stellt in diesem Modus bezueglich Genauigkeit einen La Placeschen Daemon dar und weist dann auch hoehere Rechenzeiten auf. Um ein Fliesskommaprogramm oder auch den Atari zu simulieren kann man den Befehl evalf() verwenden, der einen Maple Bruch in Fliesskomma umwandelt. Die Genauigkeit kann dann mit Digits=x eingestelt werden.In der Student Version laesst sich z.B. bis 100 Digits rechnen.
Ein Programm mit unbegrenzter Genauigkeit wie MAPLE stand mir 1989 noch nicht zur Verfuegung und ich erwarte damit einige neue Erkenntnisse.
/ANMERKUNG

Insbesonders koennte man die Frage klaeren, ob man die Atome eines Schmetterlings bis zum Urknall zurueckverfolgen kann.

VERSUCH 1
********

Was ist bei einer linearen DZGL zu erwarten, wenn man die Iteration an einer Stelle rueckwaerts laufen laesst ?
Beispielsweise x(k+1)=r*x(k)
Die Vorgehensweise ist simpel. Nach N Zeitschritten fuehre ich einfach die inverse Iteration x(k+1)=x(k)/r aus und betrachte das Ergebnis graphisch :

> s:=1.1; r:=2.0;N:=10;

> for i from 0 to N do
> f[i]:=s;
> s:=evalf(s*r);
> od:

> for i from N to 2*N do
> s:=evalf(s/r);
> f[i]:=s;
> od:

> druck:=seq([i,f[i]],i=0..2*N):
> plot([druck]);



Solch ein Bild erhielt ich wohl damals auch auf meinem Atari.
Nichts besonderes. Aber waehlt man mehr Zeitschritte, z.B. N=70 so erkennt man schon eine Problematik. Denn nun betraegt der Wert nach 70 Schritten schon 10^21. Die Kurvenform bleibt scheinbar erhalten, aber man kann in der Darstellung nicht mehr erkennen, ob man den richtigen Anfangswert ueberhaupt noch erreicht :



Das laesst sich einfach ueberpruefen, indem man den Endwert betrachtet :
(9 Digits)

s= 1.100000000 fuer N=10
s= 1.100000011 fuer N=100
s= 1.100000100 fuer N=1000
s= 1.100000647 fuer N=5000 ( der Maximalwert betraegt hier 10^1505 )

Rechnet man ohne evalf Funktion mit dem Startwert 11/10 gibt Maple nach beliebiger Anzahl Iterationen den exakten Wert 11/10 aus. Diese lineare Iteration ist somit reversibel. Die Genauigkeit des Gedaechtnisses haengt lediglich von der Rechengenauigkeit ab.

Eine wichtiges Ergebnis waere noch, dass auch bei einer Rechenungenauigkeit sich das Verhalten der Funktion nicht aendert. Bei der speziellen Funktion waechst zwar der Fehler, aber ebenso der Iterationswert.

Ge?ndert von richy (15.10.11 um 02:48 Uhr)
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  #2  
Alt 14.10.11, 20:00
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Das war ja einfach. Aber jetzt wird es auch fuer mich spannend, denn folgenden Versuch habe ich 1989 lediglich mit Fliesskommazahlen dargestellt. So wie die Mehrzahl der Programmierer auch aus Zeitgruenden nichtlineare Differenzen simulieren. Mit der symbolischen Maple Darstellung lassen sich DZGLs wie erwaehnt auch voellig exakt simulieren.

Mit dem folgenden Versuch laesst sich entscheiden, ob

A) die Rechenungenauigkeit dazu fuehrt, dass man die Verhulst Iteration nicht mehr auf die Anfangswerte zurueckverfolgen kann oder ob

B) dies an einem Informationsmangel bezueglich der Vorzeichen der Wuzel liegt, die in der Umkehrfunktion auftritt. Damit prinzipieller Natur waere.
BTW : Maple wertet die Wurzel zunaechst nicht aus , sondern stellt sie symbolisch dar.

Die Nichtumkehrbarkeit nichtlinearer Systeme steht in einem gewissen Zusammenhang zur Entropie und dem Zeitpfeil, so dass ich sehr gespannt bin was der naechste numerische Versuch bei exakter Simulation zeigen wird.

Versuch 2
********
Der Versuch 2 ist vpm Ablauf identisch mit Versuch 1, also voellig einfach. Es wird nun lediglich die Verhulst Gleichung und deren Umkehrfunktion als DZGL verwendet.

y[k+1]=r*y[k]*(1-y[k]);
y[k+1]=(r +/- Wurzel(r^2-4*r*y[k]) )/(2r);

Darstellung mit a=r und y[k+1]=y[k] auf meiner Webseite


Ich kann eines vorwegnehmen. In Fliesskommdarstellung kehrt die Iteration nicht zum Anfangswert zurueck. Die Iterierte wird in den meisten Faellen komplexwertig, da im Argument der Wurzel eine negative Zahl auftreten kann.
Genau dies habe ich 1989 am Atari beobachtet.

Nun laesst sich mittels der exakten symbolischen Darstellung ermitteln ob dies mit A) oder B) begruendet werden kann. Liegt lediglich eine Rechenungenauigkeit vor, so muss bei symbolscher Rechnung der Anfangswert wieder erreicht werden.
Wie tippt ihr ? Wird bei exakter Rechnung und stets positivem Vorzeichen der Wurzel der Anfangswert wieder erreicht ?

A) Rechenungenauigkeit
B) Informationsverlust

Gruesse

Ge?ndert von richy (14.10.11 um 20:15 Uhr)
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  #3  
Alt 15.10.11, 04:50
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Keine Tips ?
Es gibt in Foren unzaehlige philosophische Theorien zur Zeit, dem Zeitpfeil und somit der Entropie und der Irreversibilitaet der Zeit. Nun kann man mit wenigen Programmzeilen pruefen ob die Irreversibilitaet eines diskreten nichtlinearen Vorganges nur in der Rechenungenauigkeit eines Digitalrechners begruendet liegt oder prinzipieller Natur ist. Informationen fuer die Reversibilitaet fehlen.
Also ich finde das spannend

Versuch 2
*******
Ich fuehre den Versuch 2 zunaechst mit der exakten symbolischen Berechnungsmethode durch :

> restart;
> s:=1/10; r:=20/10; N:=10; k:=0;

> for i from 0 to N do
> f[i]:=s
> s:=r*s*(1-s);
> od:
>
> for i from N to 2*N do
> s:=1/2/r*(r+(r^2-4*r*s)^(1/2));
> f[i]:=(s);
> od:

N=20, Startwert s= 0.1, r=2
Vorzeichen der Wurzel : Stets positiv

Ergebnis :


Es werden lediglich 10 Werte der 20 Werte dargestellt, da ab der 11 ten Iteration die Iterierte komplexwertig wird. Die Funktion kehrt nicht zum Startwert zurueck.


Rechnet man in Fliesskomma, wird die Iteration fuer die gegebenen Parameter nicht komplexwertig, sondern verbleibt (faelschlicherweise) auf dem Wert des Attraktors y[i]=0.5.



Warum ist dem so ? Was ist nun richtig ? Der Wert y[10]=0.5 ist trotz 99 Nachkommadigits falsch, denn man kann zeigen, dass sich fuer r=2 die Iteration dem Attraktor 0.5 asympthodisch naehert, diesen somit niemals erreicht.
Betrachtet man die Rueckwaertsiterierte, so sieht man , dass der Wurzelausdruck fuer r=2 und den Attraktor y[k+1]=0.5 gleich Null wird.



Der Attraktor(der nie erreicht wird) waere erreicht und damit ergibt sich das oben dargestellte falsche Bild. Die Iterierte muss bei der Rueckwaertiteration und positivem Vorzeichen der Wurzel komplexwertig werden.
Denn der Startwert der inversen Iteration ist kleiner als 0.5. Damit wird der Ausdruck unter der Wurzel zunaechst etwas groesser als Null sein. Bei positivem Vorzeichen wird der Wurzelanteil zu 1/2*r/r addiert und damit im naechsten Iterationsschritt das Argument der Wurzel negativ und diese Komplexwertig ! Es ist erstaunlich , dass Maple mit der symbolischen Rechnung diese minimalste Abweichung von 0.5 erfassen kann. Der Aufwand dafuer (den ich anhand eines einzelnen Wertes noch zeigen moechte) ist dementsprechend erheblich.
Es ist nun klargeworden, dass man zumindestens im ersten Iterationsschritt der inversen Iterierten das negative Wurzelvorzeichen verwenden muss. Waehlen wir einfach mal stets das negative Vorzeichen :

Statt
> s:=1/2/r*(r+(r^2-4*r*s)^(1/2));
nun
> s:=1/2/r*(r-(r^2-4*r*s)^(1/2));

Ergebnis :

(Anmerkung : Dieses Bild erhaelt man nur ueber symbolische, exakte Berechnung. Wie bereits beschrieben nimmt in Fliesskommadarstellung selbst mit 99 Digits Genauigkeit die Iterierte fuer i=10 den falschen Wert 0.5 an so dass das Wurzelargument gleich 0 wird.
Und 1/2+0=1/2-0=1/2)

Problem geloest ? Kein Informaionsverlust ? Oder ist das Zufall ?
r=2 ist ein ganz spezieller Wert der Verhulst Gleichung, fuer den die Gleichung auch analytisch loesbar ist. Es liegt somit ein Spezialfall vor. Interessant ist natuerlich die Frage welche Vorzeichenmuster die man auch als Bitmuster betrachten kann in den Faellen r<>2 zum Anfangswert zurueckfuehren.

Dass ein Informationsverlust auftritt und man das Vorzeichenmuster nicht aus dem aktuellen Iterationswert konstruieren kann zeigt folgendes einfachstes Beispiel :

Startwert : y[0]=-3
Iteration y[1]=y[0]^2=9
Iteration y[2]=y[1]^2=81

Weder aus dem Wert 81 noch dessen Vorgaenger 9 geht hervor, dass im zweiten Schritt der inversen Iteration das negative Vorzeichen gewaehlt werden muss um den Startwert -3 zu erhalten. Durch die Quadratur geht die Information ueber das Vorzeichen (im Bsp ein Bit) ganz einfach verloren. Das Betrachten der Verhulst Gleichung ist natuerlich dennoch nicht umsonst, denn das interessante ist die Frage, ob man jedem Parameter r ein Vorzeichen / Bitmuster zuordnen kann. So dass man ein Maß in Form eines verlorenen Informationsgehats, eine Entropie bestimmen koennte.
Die inverse Iterierte fuehrt zudem automatisch auf eine Betrachtung in der komplexen Ebene, die letztendlich zu der eigentuemlichen "Ergodizitaet" der inversen Iteration fuehrt.

Informationsverlust => nicht reversibel.

Ge?ndert von richy (15.10.11 um 06:17 Uhr)
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  #4  
Alt 15.10.11, 05:25
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Kurzer Einschub:
Beispiel fuer den numerischen Aufwand von Maple bei symbolischer Berechnung :
Letzter Wert (Bruch) der Verhulst Iteration :

f[10]=
55626846462680034577255817933310101605480399511558 29576383318542218011087034795489635707897531277548 17846774219648879744139341653688845422772976399189 58938397924022313644919394099360488863179378884575 43745560167145718988715060711492553287862985989305 09316703603351485967231612074241196048700870476910 97905443721849480666353794805608628033499972224654 22125367510784625692325791131774394511234009111585 18367681604826481082442371498668003750933308781180 15856818736459335949440776878007480736970911692326 17067020062643852786924539300568503323881827475006 58906238398866916968628682128597472611409573967598 82496181998719998036127155050996450683250966207137 84689184155127625598795532163940366207246723671726
2023858616659969

geteilt durch

11125369292536006915451163586662020321096079902311 65915276663708443602217406959097927141579506255510 28203366986551790550257621708077673005442800619268 88594105653889967660011652398050737212918180359607 82523471251867104187625403325308329079474360245589 98429581982425031795438505915243739989044387687497 47257902258025254576999282912354093225567689679024 96057990542883025996216676057176195074397849804795 64444580149632075553173315669683173879325651468588 10236628158907428321754360614143188210224234057038 06955738531400844926622055012080723710809283583075 27007714254235837645095158066138944836485368656166 70434944915875339194234630463869889864293298274705 4568454770306823378435119933915764534049230860
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Ge?ndert von richy (15.10.11 um 05:31 Uhr)
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  #5  
Alt 15.10.11, 05:39
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Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Keine Tips ?
Es gibt in Foren unzaehlige philosophische Theorien zur Zeit, dem Zeitpfeil und somit der Entropie und der Irreversibilitaet der Zeit. Nun kann man mit wenigen Programmzeilen pruefen ob die Irreversibilitaet eines diskreten nichtlinearen Vorganges nur in der Rechenungenauigkeit eines Digitalrechners begruendet liegt oder prinzipieller Natur ist. Informationen fuer die Reversibilitaet fehlen.
Also ich finde das spannend
Spannend ist das allemal, richy.

Nur kann ich leider nicht erkennen, wie aus deinen Ausführungen herauszulesen ist, ob diese von dir beschriebene Irreversibilität rechnerischer oder prinzipieller Natur ist.

Kannst du das nochmal einleuchtender herausstreichen?

Und spielt das überhaupt eine Rolle? Egal wie es ausgeht. Es ändert doch nichts an der offensichtlichen Tatsache, dass die Zeit stets in "eine" Richtung fliesst.

Gruss und gute Nacht.

Marco Polo
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  #6  
Alt 15.10.11, 06:02
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Hi Marco

Die Irreversibilitaet, der Informationsverlust beim Quadrieren ist prinzipieller Natur. Man verliert natuerlich die Vorzeicheninformation. Auch in der Verhulst Gleichung, obwohl deren Wertebereich stets positiv ist ! Gerade das will ich noch zeigen. Fuer r=2 scheint ja das negative Vorzeichen immer zum Ziel zu fuehren. Das ist aber ein Spezialfall.

Wie man ein Bit Vorzeicheninformation verliert zeigt das einfache Beispiel :

Startwert : y[0]=-3
Iteration y[1]=y[0]^2=9
Iteration y[2]=y[1]^2=81

-3..9..81..81..9..-3

Weder aus dem Wert 81 noch 9 ist ersichtlich, das man im letzten Schritt den Nebenwert (-) der Wurzel nehmen muss. In dem Fall ist es trivial. Dafuer der Informationsverlust gering. Egal wieviele Iterationen ich verwende. Gerad mal ein Bit. Daraus kann man keinen Zeitpfeil basteln. Bei der Verhulst Gleichung oder wenn ich in diesem einfachen Beispiel komplexe Zahlen verwende (also Phaseninformation) ist dies sicherlich anders.

Zitat:
Zitat von Marco
Es ändert doch nichts an der offensichtlichen Tatsache, dass die Zeit stets in "eine" Richtung fliesst.
Sie fliesst wohl aus mathematischen Gruenden in eine Richtung ! Weil diskrete nichtlineare Systeme prinzipiell nicht zeitumkehrbar sind. Ich will gerade zeigen, warum die Zeit in eine Richtung fliesst.

Eine ideale starre Kugel ohne innere Struktur (innere Freiheitsgrade) bewegt sich um eine zweite solche Kugel. Der Prozess waere voellig reibungsfrei auch ohne jedliche innere Reibung. Daher linear, daher zeitumkehrbar und daher sogar irreal. Setze zwei solcher Kugeln mit v=0 voellig isoliert ins Universum. Sie bollern gegeneinander und wieder voneinander weg. Gibt es hier eine bevorzugte Richtung. Werden sie anfangen sich umeinander zu drehen ?

Nimmt man drei solcher Kugeln, schon dann ist der Prozess nicht mehr umkehrbar. Ich denke 3 Kugeln wuerden auch anfangen umeinander zu kreisen. Mit Summe Drehimpuls=0. Aber ich nehme sicherheitshalber mal ganz viele solcher Kugeln, dann hat deses System eine innere "Entropie". Es verliert staendig Information bezueglich dem Anfangswert. Aus rein mathematischen Gruenden, der Nichtbijektivitaet. Irgendwie irre.

Soweit in physikalische Spekulationen wollte ich aber gar nicht gehen. Und im Grunde hab ich das Jahr 1989 schon recht weit verlassen, denn damals gab es auf dem ATARI kein Maple. Keine exakte Berechnung. In Mermans Thread hatte ich ja den Zusammenhang zwischen Zeit Zufall und Moeglichkeiten angesprochen. Auf den bin ich damals schon getossen im Verlauf dieser numerischen Versuche. Das wollte mit einem Rueckblick erklaeren. Im naechsten Thread stelle ich dies zunaechst mal kurz dar. Bevor ich den Moeglichkeiten mit Maple weiter nachgehe. Da kann ich dann spaeter nochmals dran anknuepfen.

Gruessle

Ge?ndert von richy (16.10.11 um 16:52 Uhr)
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  #7  
Alt 15.10.11, 12:36
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Zitat:
Zitat von richy Beitrag anzeigen
Sie fliesst wohl aus mathematischen Gruenden in eine Richtung ! Weil diskrete nichtlineare Systeme prinzipiell nicht zeitumkehrbar sind. Ich will gerade zeigen, warum die Zeit in eine Richtung fliesst.

Eine ideale starre Kugel ohne innere Struktur (innere Freiheitsgrade) bewegt sich um eine zweite solche Kugel. Der Prozess waere voellig reibungsfrei auch ohne jedliche innere Reibung. Daher linear, daher zeitumkehrbar und daher sogar irreal.
Ahhh. Ich verstehe. Ja, das leuchtet ein. Das ist hochinteressant. Wenn es tatsächlich zu einem Informationsverlust käme (die Natur rechnet ja schliesslich im gewissen Sinne auch), dann kann es alleine schon deswegen nur "eine" Richtung der Zeit geben, sollte man meinen.

Aber: Das gilt ja nur, wenn ich in einen bereits vorhandenen Rechenprozess eingreife. Für den Urknall gälte das nicht. Dort startet der Rechenprozess ja erst.

Aber nehmen wir an, dass es auch vor dem Urknall bereits Information gab (das wäre z.B. beim Big Bounce der Fall). Dann spricht alleine schon der Hang zur Entropiezunahme für die von uns beobachtete Richtung des Zeitpfeils. Man bräuchte also gar nicht mit dem Informationsverlust argumentieren, wenn sich die Frage nach der Richtung des Zeitpfeils stellt.

Auf der anderen Seite muss man sich aber auch klarmachen, dass die allermeisten Vorgänge im Universum sozusagen bei "Umgebungstemperatur" ablaufen, also mit einem recht geringen Wirkungsgrad (Carnot-Prozess). Gälte das aber auch für den Urknall? Eher nicht. Ohne entsprechende "Arbeitsfähigkeit" der beim Urknall vorhandenen Energie gäbe es uns schliesslich nicht.

Möglicherweise hängt die Frage nach der Zeitrichtung dann davon ab, welcher Efffekt beim Urknall signifikanter war. War es der mögliche Informationsverlust oder die mögliche Zunahme der Entropie?

Hmm...

Gruss, Marco Polo
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  #8  
Alt 15.10.11, 16:00
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Zitat:
Zitat von Marco Polo Beitrag anzeigen
Aber nehmen wir an, dass es auch vor dem Urknall bereits Information gab (das wäre z.B. beim Big Bounce der Fall). Dann spricht alleine schon der Hang zur Entropiezunahme für die von uns beobachtete Richtung des Zeitpfeils. Man bräuchte also gar nicht mit dem Informationsverlust argumentieren, wenn sich die Frage nach der Richtung des Zeitpfeils stellt.
Hallo Marc,

nach meine Informationen definiert die Entropie zwar einen Entropiepfeil, aber nicht automatisch auch dessen Richtung. Brian Greene schreibt dazu auf Seite 191 seines Buches [1] folgendes:

Zitat:
Dies ist der springende Punkt im Hinblick auf alles, was folgt, aber er ist nicht ohne Tücke. Ein häufiges Missverständnis beruht auf der Annahme, dass die Entropie, da sie dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zufolge in Richtung Zukunft zunimmt, in Richtung Vergangenheit zwangsläufig abnehmen müsse. Da kommt die Tücke ins Spiel.

Tatsächlich besagt der Zweite Hauptsatz nämlich: Wenn ein physikalisches System zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht zufällig seine maximal mögliche Entropie besitzt, ist es außerordentlich wahrscheinlich, dass dieses System zu einem späteren Zeitpunkt und zu einem früheren Zeitpunkt höhere Entropie gehabt hat beziehungsweise haben wird. Das ist die Aussage von Abbildung 6.2 (b). Bei Gesetzen, die für die Unterscheidung zwischen Vergangenheit und Zukunft blind sind, ist eine solche Zeitsymmetrie unvermeidlich.

Das ist die entscheidende Lehre. Der entropische Pfeil ist ein Doppelpfeil. Zu jedem gegebenen Zeitpunkt weist der Entropiepfeil in die Zukunft und in die Vergangenheit. Daher ist es ziemlich fragwürdig, die Entropie als die Erklärung für den nur in eine Richtung zeigenden Pfeil der erlebten Zeit vorzuschlagen.
Es müssten also noch zusätzliche physikalische Gegebenheiten herangezogen werden, um die Richtung des Entropiepfeils festzulegen.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Greene, Brian
Der Stoff, aus dem der Kosmos ist.
Raum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit.
Berlin 2004. ISBN=3-88680-738-X, Erste Auflage.
__________________
Ach der Einstein, der schwänzte immer die Vorlesungen –
ihm hatte ich das gar nicht zugetraut!

Hermann Minkowski
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  #9  
Alt 15.10.11, 16:23
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Hi Marco

Zitat:
Wenn es tatsächlich zu einem Informationsverlust käme (die Natur rechnet ja schliesslich im gewissen Sinne auch), dann kann es alleine schon deswegen nur "eine" Richtung der Zeit geben, sollte man meinen.
Dass nichtlineare Prozesse oder besser nichtbijetive Abbildungen nicht eindeutig umkehrbar sind ist nicht neu. Und schon in der Chaostherorie wurde hier ein Zusammenhang zum Zeitpfeil gesehen. Ich meine in einer diskretisierten Form ist es recht klar. Die Umkehrfunktion von etwas Quadratischem enthaelt eine Wurzel. "Landet" ein physikalischer Vorgang an irgendeiner Stelle auf einem "falschen" Zweig ergibt sich wie oben beobachtet womoeglich eine komplexwertigen Loesung. Jetzt kann der Vorgang ja nun nicht "meinen" : Ahem meine Herren hier geht es nicht weiter. Ich glaube ich habe mich irgendwo vertan. Koennten wir die Zeit ein bischen zurueckschrauben damit ich dies korrigieren kann ? :-)
Wie dies aber bei einem nichtlinearen nichtumkehrbaren kontinuierlichen Vorgang sein soll kann ich mir ueberhaupt nicht vorstellen. Und das Dumme ist. Man kann solch eine DGL dann nicht analytisch loesen. Also kann ich ihn nur am Rechner simulieren und dazu muss ich die Gleichungen diskretisieren.
Bei der Entropie und Information hab ich das selbe Problem. Die kann ich mir ohne Diskretisierung einfach nicht vorstellen.

Zitat:
Aber: Das gilt ja nur, wenn ich in einen bereits vorhandenen Rechenprozess eingreife. Für den Urknall gälte das nicht. Dort startet der Rechenprozess ja erst.
Ja das waere der Anfangswert. Und hier meine ich wie EMI das waere ein Zustand geringester Entropie. Oder in meinem Beispiel. Hier liegt die Information vor die bei einer Umkehrung einer Iteration wieder erreicht werden soll.
Zitat:
Dann spricht alleine schon der Hang zur Entropiezunahme für die von uns beobachtete Richtung des Zeitpfeils. Man bräuchte also gar nicht mit dem Informationsverlust argumentieren, wenn sich die Frage nach der Richtung des Zeitpfeils stellt.
Ja. So sehe ich das auch. Die Expansion wuerde genuegen. Aber wie sieht die eigentlich in einem diskretisierten Weltall aus ? Wie wuerdest du dir das vorstellen. Nehmen wir an wir haetten momentan beliebig angenommen 10^100 Raumzeitwuerfel. Wieviele waren es dann beim Urknall ? Ebenfalls 10^100 ? Wenn alles im selben Maßstab expandiert, warum sollte sich dann die Entropie aendern ?
Viel besser kann ich mir vorstellen, dass es hier zunaechst einen oder wenige Raumzeitwuerfel gab. Und Expansion bedeutet dass diese sich teilen, so wie in der LQG. Dann wuerden tatsaechlich mehr moegliche Besetzungszustaende entstehen.

Zitat:
Ohne entsprechende "Arbeitsfähigkeit" der beim Urknall vorhandenen Energie gäbe es uns schliesslich nicht.
Mein Problem ist eher. Wo lander diese ganze Arbeitsfaehigkeit ? Das ist alles nur Scheinleistung die wie eine Feder hin und herschwingt Wirkleistung erhaelts du mit Sicherheit, wenn Reibung, also Verluste im Spiel sind. Wo geht diese Leistung dann hin ? Die landet in diesem Entropie Nirvana. Wie kann man sich das veranschaulichen ? Na gut und wenn die Teilchen Wasserstoff sind, dann fuehrt die Gravitation dazu, dass lokal Materiek****en entstehen. Wasserstoff ballt sich zusammen, eine Sonne, Kernfusion, Energie. Aber ein wirklicher Kreislauf ist das nicht. Zurueck bleibt ein Neutronenstern oder ein schwarzes Loch.
Wenn ich den Energieinhalt des Universus berechne. Was nehme ich da alles hinzu ? Auch Wasserstoffwolken als potentielle Sonnen ?

Zitat:
War es der mögliche Informationsverlust oder die mögliche Zunahme der Entropie?
Formal ist das das selbe. Aber schon klar wie du das meinst. So wie du es oben bereits geschilder hast.
Vielleicht solte ich auch mal schauen wie die Chaosprofis dies aktuell beurteilen. Ach jetzt bin ich schon wieder bei der Physik gelandet. Bevor ich ins Jahr 1989 ohne Maple zurueckkehre, sollte ich vielleicht doch erst meine Hypothese bezueglich der Verhulst Gleichung ueberpruepfen. Fuer komplexe Werte ist es im Grunde klar, dass zu einem Istzustand 2^k komplexe Anfangswerte gehoeren (Siehe Phas-o-mat). Die Verhulst Gleichung ist zunaechst aber noch reell.

Wie kann man meine Idee einfach ueber den Begriff Information beschreiben ?
Nehmen wir die Iteration -3,9,81
Will ich hier von 81 zum Startwert -3 gelangen benoetige ich zusaetzlich die Information ueber das Vorzeichen, die nicht mitgegeben wird. Die kann ich im Beispiel z.B darstellen als
info=(0,1,1)
War der Startwert gleich 3 :
info=(1,1,1)
Um fuer den Spezialfall r=2 der Verhulstgleichung zum Startwert zurueckzukehren benoetige ich die Information
info=(0,0,0,0,0,0,0.....)
Man kann sich ueberlegen (kann ich auch zeigen) War der Startwert groesser 0.5 lautet das Vorzeicheninfo
info=(1,0,0,0,0,0,0.....)

Fuer r=2 kann man im Grunde nicht sagen, dass die Verhulst Gleichung nicht umkehrbar sei. Obwohl sie nichtlinear ist. (Aber sie ist nicht chaotisch). Mir fehlt lediglich das Vorzeichen des Anfangswertes. Allerdings, wenn ich nur mit 100 Dezimalstellen rechne oder nur mit 1000 Dezimalstellen, dann gelingt das Zurueckrechnen nicht. Ich muss wie Maple voellig exakt rechnen.

Wenn ich r nun von r=2 langsam bis r=4 erhoehe erwarte ich Vorzeichenmuster der Form :
info=(1,0,1,0,1,0.....) oder
info=(1,1,1,0,1,0.....)
Ob dem so ist weiss ich noch nicht. (Im Komplexen sicherlich)
Allerdings ist die Bestimmung der Bitmuster mit recht viel Arbeit verbunden. Man wird alle Faelle durchspielen muessen. Auch fuer mehrere Anfangswerte.

Gruesse
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  #10  
Alt 15.10.11, 16:39
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Standard AW: Math Verhulst 1989

Hi Eugen
Zitat:
Es müssten also noch zusätzliche physikalische Gegebenheiten herangezogen werden, um die Richtung des Entropiepfeils festzulegen.
Wahrscheinlich. Und die Nichtlinearitaetsaussage alleine ist auch zu schwach.
Muss der nichlineare Prozess chaotisch sein ?
Mich interessiert es einfach wie es sich mit der Umkehrbarkeit und der Vorzeichenwahl bei der Verhulst Gleichung verhaelt. Hat man da aufgrund von numerischen Versuchen mit Fliesskommazahlen vielleicht zu einfach geschlossen:
Na alleine aufgrund der Rundungsfehler ist die Geichung nicht umkehbar.
Klar alleine wegen der Unschaerferelation "rechnet" die Natur nicht exakt.
Aber ich moechte erstmal schauen wie dies im mathematisch exakten numerischen Versuch aussieht. Tja, ich muesste ueberhaupt mehr zu dem Thema lesen.

Gruesse

Ge?ndert von richy (15.10.11 um 16:41 Uhr)
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