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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

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  #1  
Alt 10.11.13, 16:29
Timm Timm ist offline
Singularität
 
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Standard De-Sitter Universum

Hallo zusammen,

Kürzlich ging es hier um die räumlich Krümmung vs. kritische Dichte unter der Annahme die Energiedichte bestünde ausschließlich aus der Kosmologischen Konstanten λ. Dann sind wir bei einer sehr speziellen Vakuumlösung, bei de-Sitter.

Nun ist demnach der de-Sitter Raum je nach räumlichem Schnitt, also je nach Wahl der Koordinaten euklidisch, bzw. positiv oder negativ gekrümmt.
Bei exponentieller Expansion ist aber doch unabhängig von der Wahl der Koordinaten λ = 3H² und damit ist die λ-Energiedichte gleich der kritischen Energiedichte und der Raum euklidisch. Insofern stehe ich hier auf dem Schlauch. Das hieße doch, daß das Verhältnis Dichte/kritische Dichte bei de-Sitter koordinatenabhängig ist (im Gegensatz zum nicht-speziellen FRW Modell). Oder daß bei der Wahl nicht-euklidischer Koordinaten λ <> 3H² ist. Aber warum? Wahrscheinlich nur ein scheinbarer Widerspruch. Vielleicht kann mir da einer weiter helfen.

Der oben erwähnte Wiki Artikel (De-Sitter-space) nimmt auf die skalare Krümmung R (auch manchmal Ricci-Skalar genannt) Bezug, für die bei 4 Dimensionen R = 4λ gilt. Diese Krümmung ist demnach mit einer positiver Kosmologischen Konstante konstant positiv und (natürlich) nicht koordinatenabhängig. Sie zeigt im Prinzip ob und wie das Volumen der berühmten Kaffeebohnen Kugel vom euklidischen Fall abweicht. Meine Frage dazu: Ist die skalare Krümmung gleichbedeutend mit der Raumzeit Krümmung, oder wie sonst definiert man Letztere?
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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  #2  
Alt 11.11.13, 10:15
Ich Ich ist offline
Moderator
 
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Standard AW: De-Sitter Universum

Hallo Timm,
Zitat:
Bei exponentieller Expansion ist aber doch unabhängig von der Wahl der Koordinaten λ = 3H² und damit ist die λ-Energiedichte gleich der kritischen Energiedichte und der Raum euklidisch.
Die Energiedichte ist in allen Koordinatensystemen gleich. Dadurch ist aber nicht jeder Raum flach, sondern nur der durch mitbewegte Beobachter aufgespannte. Ich erinnere an den leeren Raum, der natürlich auch in allen KS dieselbe Dichte hat, aber in Minkowski-Koordinaten eine andere Krümmung als in FRW-Koordinaten.
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  #3  
Alt 11.11.13, 16:41
Timm Timm ist offline
Singularität
 
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Standard AW: De-Sitter Universum

Hallo Ich,

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Die Energiedichte ist in allen Koordinatensystemen gleich. Dadurch ist aber nicht jeder Raum flach, sondern nur der durch mitbewegte Beobachter aufgespannte. Ich erinnere an den leeren Raum, der natürlich auch in allen KS dieselbe Dichte hat, aber in Minkowski-Koordinaten eine andere Krümmung als in FRW-Koordinaten.
Den leeren Raum hatte ich für einen speziellen Fall gehalten, bei dem die Krümmung koordinatenabhängig ist, weil das Kriterium Ω nicht greift. Aber bei dieser Begründung lag ich dann ja falsch.
Wie ist es nun beim materiehaltigen FLRW Raum? Nehmen wir den Fall
Ω = 1; der Raum in mitbewegten Koordinaten ist flach. Ist er dann in anderen Koordinaten (Du hast mal Normal-Koordinaten erwähnt) hyperbolisch bzw. sphärisch?

Falls Du noch was zu meiner Frage bzgl. skalare Krümmung sagen könntest, wäre das super.

Gruß, Timm
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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  #4  
Alt 12.11.13, 12:39
Ich Ich ist offline
Moderator
 
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Standard AW: De-Sitter Universum

Hallo Timm,

beginnen wir mit dem Ende:
Zitat:
Meine Frage dazu: Ist die skalare Krümmung gleichbedeutend mit der Raumzeit Krümmung, oder wie sonst definiert man Letztere?
Ja, so kann man es sagen. Die skalare Krümmung ist das doppelte der Schnittkrümmung aller 6 Ebenen in der Raumzeit. Es ist natürlich nur eine einzige Zahl und fängt nicht alle Aspekte ein - im Grunde nur, ob das Volumen einer Hyperkugel größer oder kleiner ist als 4/3pi*r³.

Zitat:
Den leeren Raum hatte ich für einen speziellen Fall gehalten, bei dem die Krümmung koordinatenabhängig ist, weil das Kriterium Ω nicht greift. Aber bei dieser Begründung lag ich dann ja falsch.
Ω=0, das funktioniert schon. Expandierende Koordinaten führen immer zu einer negativen Krümmung proportional zu 1/H². Dazu gleich mehr.
Zitat:
Wie ist es nun beim materiehaltigen FLRW Raum? Nehmen wir den Fall
Ω = 1; der Raum in mitbewegten Koordinaten ist flach. Ist er dann in anderen Koordinaten (Du hast mal Normal-Koordinaten erwähnt) hyperbolisch bzw. sphärisch?
In Normalkoordinaten immer sphärisch.

Nehmen wir mal den Ausdruck für die Krümmung in den Friedmann-Gleichungen:
k*c²/a² = 8/3*G*pi*\rho - H²,
also sinngemäß
Raumkrümmung FRW = Dichte - H².

In Normalkoordinaten ist der Fall einfacher, da heißt es einfach:
Raumkrümmung Normal = Dichte.

Die Krümmung hängt also nicht von der Expansionsrate ab. Das ergibt auch Sinn, weil
- erstens Normalkoordinaten ziemlich direkt die Raumzeitkrümmung abbilden ohne weitere Koordinatenwahleffekte (*) und
- zweitens Raumzeitkrümmung ja eine lokale Größe ist, und auf kleinsten Skalen ein expandierendes Fluid sich nicht von einem ruhenden Fluid unterscheidet (z.B: beträgt in 1 km Entfernung die Fluchtgeschwindigkeit gerade mal 10^-26 m/s).

Was durch die Expansion passiert ist also keine Änderung der Raumzeitkrümmung (**), sondern nur eine Umdefinition dessen, was "Raum" ist. Indem man da zueinander bewegte Beobachter verwendet statt statischer, verschiebt sich die Gleichzeitigkeitsdefinition und der so definierte Raum erhält eine zusätzliche Krümmung. Diese ist negativ, mit Krümmungsradius 1/H.

Die Summe aus Raumzeitkrümmung und Koordinatenkrümmung ergibt dann die Krümmung des FRW-Raums.

* In Normalkoordinaten nimmst du einen mitbewegten Beobachter, der am räumlichen Koordinatenursprung sitzt. Die Raumkrümmung ist dann gleich der Schnittkrümmung der Ebenen, die senkrecht auf der Weltlinie des Beobachters stehen. Egal, auf jeden Fall entspricht diese Krümmung direkt bestimmten Komponenten der Raumzeitkrümmung und hängt nicht weiter davon ab, wie ich meinen Raum auschneide - das ist nämlich vorgegeben, man schneidet entlang Geodäten.

** Damit meine ich nur die Krümmung an einem bestimmten Ereignis: sie ist nur von der Dichte abhängig, nicht von der Expansionsrate. Global macht das natürlich einen Riesenunterschied.
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  #5  
Alt 12.11.13, 18:59
Timm Timm ist offline
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Dankenswerterweise stellst Du Zusammenhänge her, die ich so nirgends finden konnte.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Nehmen wir mal den Ausdruck für die Krümmung in den Friedmann-Gleichungen:
k*c²/a² = 8/3*G*pi*\rho - H²,
also sinngemäß
Raumkrümmung FRW = Dichte - H².

In Normalkoordinaten ist der Fall einfacher, da heißt es einfach:
Raumkrümmung Normal = Dichte.
Die Dichte ist positiv, dann ist das wohl der Grund für die sphärische Raumkrümmung in Normalkoordinaten.
Lautet die Friedmann-Gleichung in diesen Koordinaten dann einfach
k*c²/a² = 8/3*G*pi*\rho ?

Heißt das, Normalkoordinaten beschreiben ein statisches Universum? Und ist das eine spezielle Lösung der Feldgleichungen, oder wie leitet man diese Koordinaten ab?

Und würde das bedeuten, daß mitbewegte- und Normalkoordinaten nicht in dem Sinne äquivalent sind, wie im leeren Universum, wo man die einen Koordinaten relativ einfach in die anderen transformiert?

Erst mal soviel, bevor ich mich noch mehr verfranze.
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  #6  
Alt 13.11.13, 10:31
Ich Ich ist offline
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Hallo Timm,


Zitat:
Dankenswerterweise stellst Du Zusammenhänge her, die ich so nirgends finden konnte.
Hast Recht, das hätte ich dazu sagen müssen: Diese Zusammenhänge habe ich so ausformuliert auch noch nicht gefunden. Das ist also zum Teil auf meinem Mist gewachsen und von daher mit Vorsicht zu genießen. Ich hab's aber auf mehrere Arten durchgerechnet und überlegt und bin von daher überzeugt, dass es richtig ist.

Zitat:
Die Dichte ist positiv, dann ist das wohl der Grund für die sphärische Raumkrümmung in Normalkoordinaten.
Richtig.
Zitat:
Lautet die Friedmann-Gleichung in diesen Koordinaten dann einfach
k*c²/a² = 8/3*G*pi*\rho ?
In diese Koordinaten ist das Universum nicht homogen, kann also nicht über einen Skalenfaktor a beschrieben werden. Wenn du a stattdessen als lokalen Krümmungsradius deutest, passt alles wieder.
Zitat:
Heißt das, Normalkoordinaten beschreiben ein statisches Universum? Und ist das eine spezielle Lösung der Feldgleichungen, oder wie leitet man diese Koordinaten ab?
Normalkoordinaten sind in jeder Raumzeit lokal anwendbar, solange sie nicht von Horizonten oder überschneidenden Koordinatenlinien begrenzt werden. Sie beschreiben also alles mögliche, aber immer auf eine Art, die so nah wie möglich an den gewohnten Koordinaten aus der SRT ist. Zur Ableitung und Deutung findest du einiges im Wikipedia-Artikel.

Zitat:
Und würde das bedeuten, daß mitbewegte- und Normalkoordinaten nicht in dem Sinne äquivalent sind, wie im leeren Universum, wo man die einen Koordinaten relativ einfach in die anderen transformiert?
Wie gesagt sind sie überall anwendbar. Das leere Universum ist nur ein besonders schöner Fall, wo Normalkoordinaten über eine einfache Trafo mit den FRW-Koordinaten verbunden sind - und auch noch exakt die global gültigen Minkowski-Koordinaten sind, mit denen man sich auskennt.
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  #7  
Alt 13.11.13, 17:59
Timm Timm ist offline
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Hallo Ich,

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Normalkoordinaten sind in jeder Raumzeit lokal anwendbar, solange sie nicht von Horizonten oder überschneidenden Koordinatenlinien begrenzt werden. Sie beschreiben also alles mögliche, aber immer auf eine Art, die so nah wie möglich an den gewohnten Koordinaten aus der SRT ist. Zur Ableitung und Deutung findest du einiges im Wikipedia-Artikel.
Jetzt verstehe ich es so, daß Riemannsche Normalkoordinaten lokale Inertialsysteme (Geodäten gehen als Geraden durch den Ursprung) in gekrümmter Raumzeit beschreiben. Der Grenzfall wäre somit die flache Minkowski Raumzeit, dann mit globaler Gültigkeit dieser Koordinaten.

Nur, falls das so richtig ist, wie kommt dann ausgehend von lokalen IS die Energiedichte und mit ihr der Krümmungsparameter k ins Spiel? Deren Wirkung - Raumzeit ist gekrümmt - wäre dann durch die Lokalitätsbeschränkung ja gerade eliminiert.
Eine Vorstellungshilfe ohne ins Detail zu gehen würde völlig reichen.
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  #8  
Alt 14.11.13, 09:05
Ich Ich ist offline
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Zitat:
Jetzt verstehe ich es so, daß Riemannsche Normalkoordinaten lokale Inertialsysteme (Geodäten gehen als Geraden durch den Ursprung) in gekrümmter Raumzeit beschreiben. Der Grenzfall wäre somit die flache Minkowski Raumzeit, dann mit globaler Gültigkeit dieser Koordinaten.
Ein Zitat aus dem Wikipediaartikel:
"In Normalkoordinaten lässt sich der metrische Tensor in einem Punkt q als Reihenentwicklung in den Koordinaten dieses Punktes angeben"
Du kannst Abweichungen von der flachen Raumzeit also in einer Reihenentwicklung darstellen. Je weiter das Koordinatensystem gültig sein soll, desto komplizierter wird die Darstellung.
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  #9  
Alt 14.11.13, 10:13
Timm Timm ist offline
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Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Du kannst Abweichungen von der flachen Raumzeit also in einer Reihenentwicklung darstellen. Je weiter das Koordinatensystem gültig sein soll, desto komplizierter wird die Darstellung.
Ah, das hat mir noch gefehlt, danke für Deine Erklärungen.
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  #10  
Alt 27.11.13, 16:53
Timm Timm ist offline
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Im Zusammenhang mit de-Sitter und Inflation verstehe ich folgendes nicht:

Weil die Inflation ausschließlich von Vakuumenergie angetrieben war, wird das Universum für diesen Zeitraum häufig als de-Sitter, bzw. quasi de-Sitter Universum bezeichnet. Demnach sollte es exponentiell wachsen, demzufolge der Raum flach und k = 0 sein. Am Ende der Inflation "kondensierte" die Materie aus (re-heating) und die Expansionsrate nahm ab.

Wenn aber der Raum aufgrund dieser Voreinstellung von Beginn an flach war, bräuchte man ja nicht die Inflation um anfängliche Abweichungen von
Ω = 1 zu marginalisieren. Und es würde sich jegliche Diskussion erübrigen, ob das Universum im Rahmen der Meßgenauigkeit zwar flach aussieht, aber dennoch spärisch sein kann, mit k = 1.

Das passt nicht zusammen. Gab es bei der Inflation doch nicht ausschließlich abstoßend wirkende Vakuumenergie?
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