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Quantenmechanik, Relativitätstheorie und der ganze Rest. Wenn Sie Themen diskutieren wollen, die mehr als Schulkenntnisse voraussetzen, sind Sie hier richtig. Keine Angst, ein Physikstudium ist nicht Voraussetzung, aber man sollte sich schon eingehender mit Physik beschäftigt haben.

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  #61  
Alt 20.11.22, 10:46
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TomS TomS ist offline
Singularität
 
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Zitat:
Zitat von SuperpositionSimon Beitrag anzeigen
Ich werfe die Münze beispielsweise auf den Boden, schaue aber nicht hin. Nach kurzer Zeit kommt die Münze zur Ruhe. Wüsste ich alle Anfangsbedingungen und die Beschaffenheit des Bodens der Luftdichte etc., könnte man eindeutig und ohne Wahrscheinlichkeiten vorhersagen, ob Kopf oder Zahl gefallen ist. Da ich diese Parameter aber nicht kenne, weiß ich das Ergebnis nicht und es kommen Wahrscheinlichkeiten für Kopf oder Zahl ins Spiel.
Dabei stelle ich mir folgende Frage:
Die Münze ist in Ruhe, der Beobachter hat aber noch nicht hingesehen. Steht das Ergebnis (Kopf oder Zahl) zu diesem Zeitpunkt schon fest, oder steht es erst fest, wenn ich hinsehe? Das Ergebnis wäre somit solange ich nicht hinsehe in Superposition.
Da wir hier von klassischen Wahrscheinlichkeiten bzw. Unkenntnis reden, ist der Begriff Superposition falsch. Er hat eine präzise Bedeutung, die im Rahmen der Quantenmechanik zutrifft, im Rahmen der klassischen Physik nicht. Im Falle einer „Quantenmünze“ wäre er zutreffend.

Also formulieren wir um: Die Münze ist in Ruhe, der Beobachter hat aber noch nicht hingesehen. Steht das Ergebnis (Kopf oder Zahl) zu diesem Zeitpunkt schon fest, oder steht es erst fest, wenn ich hinsehe? Das Ergebnis wäre somit - solange ich nicht hinsehe -
  1. festgelegt jedoch unbekannt,
  2. noch nicht festgelegt.
  3. Eine derartige Aussage ist sinnlos
(1) ist die wohl die übliche Auffassung, (2) wäre evtl. eine Position im Rahmen des Idealismus, (3) wäre die Antwort der Positivisten, die eine nicht anhand von Tatsachen überprüfbare Aussage als sinnlos ablehnen.

Jedenfalls ist das letztlich keine Frage der Physik sondern der Metaphysik.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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  #62  
Alt 20.11.22, 15:00
SuperpositionSimon SuperpositionSimon ist offline
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Danke Tom für Deinen äußerst konstruktiven Beitrag.

Zitat:
Da wir hier von klassischen Wahrscheinlichkeiten bzw. Unkenntnis reden, ist der Begriff Superposition falsch.
Dann drehen wir den Spieß um und gehen der Frage nach, wieso er in folgendem Beispiel korrekt ist :
Bei Schrödingers Katze ist das radioaktive Atom, solange es nicht beobachtet wird, in Superposition. Das Atom ist in einem Überlagerungszustand von zerfallen und nicht zerfallen. Ob es zerfallen oder nicht zerfallen ist, wird erst dann festgelegt, wenn das Atom beobachtet wird.

1) Wie kommt man darauf, dass es sich in diesem Fall um eine Superposition handelt?
2) Wieso kann das Atom nicht wie in der klassichen Physik auch davor schon zerfallen sein, nur weiß man es noch nicht?
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  #63  
Alt 20.11.22, 16:00
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Zitat:
Zitat von SuperpositionSimon Beitrag anzeigen
Danke Tom für Deinen äußerst konstruktiven Beitrag.
Danke, gerne.

Zitat:
Zitat von SuperpositionSimon Beitrag anzeigen
Dann drehen wir den Spieß um und gehen der Frage nach, wieso er in folgendem Beispiel korrekt ist :
Bei Schrödingers Katze ist das radioaktive Atom, solange es nicht beobachtet wird, in Superposition. Das Atom ist in einem Überlagerungszustand von zerfallen und nicht zerfallen. Ob es zerfallen oder nicht zerfallen ist, wird erst dann festgelegt, wenn das Atom beobachtet wird.

1) Wie kommt man darauf, dass es sich in diesem Fall um eine Superposition handelt?
Zunächst mal rein mathematisch: Aus der Quantenmechanik folgen experimentell bestätigte Vorhersagen, die mit einem Wahrscheinlichkeitsmaß über klassischen Ereignissen oder Eigenschaften nicht reproduziert werden können. Diese Experimente zeigen, dass dieser andere mathematische Formalismus notwendig zur korrekten Beschreibung der Natur ist, und dazu gehören eben Superpositionen.

Einfaches Beispiel, in dem verschiedene Merkwürdigkeiten der Quantenmechanik vereint sind:
Wenn ich sozusagen klassisch ein Paar Schuhe nehme, jeweils einen davon in einen undurchsichtigen Beutel stecke und diese Beutel zwei Physikern gebe, dann
  • wissen beide, dass sie jeweils einen Schuh eines Paares haben,
  • weiß keiner der beiden, welcher Schuh in welchem Beutel steckt,
  • wissen beide, dass in genau einem Sack sicher der rechte und im jeweils anderen sicher der linke Schuh steckt.
Wenn in quantenmechanisch zwei verschränkte Photonen mit entgegengesetzter Polarisation präpariere und jeweils eines davon einem der beiden Physikern “gebe“, dann
  • wissen beide, dass ihr Photonen die entgegengesetzte Polarisation des jeweils anderen hat,
  • weiß keiner der beiden, welches Photon welche Polarisation hat,
  • dürfen beide nicht annehmen, sie wüssten, dass einer das Photon mit dieser, der andere das mit jener Polarisation hat

Man kann zeigen, dass diese letzte Annahme zu experimentell falsifizierten Aussagen führen würde und deswegen sicher falsch sein muss. Und man kann zeigen, dass die Wahrscheinlichkeitsrechnung auf Basis des quantenmechanischen Formalismus zu den korrekten d.h. experimentell bestätigten Vorhersagen führt.

D.h. die Natur sagt uns noch nicht, wie genau sie sich verhält, aber sie sagt uns, dass es bestimmte Annahmen über ihr Verhalten gibt, die sicher falsch sind. Zu diesen seltsamen Mechanismen gehören Superposition und Verschränkung - beides ist in diesem Beispiel enthalten.

Grob gesprochen ist es in der Quantenmechanik möglich, dass einem Quantenobjekt zugleich zwei sich nach klassischem Verständnis gegenseitig ausschließende „Eigenschaften“ zukommen können, und dass wenn „mehrere Eigenschaften auf mehrere Quantenobjekte verteilt werden“, offen bleibt, welche „Eigenschaft“ welchem Objekt zukommt.

Am einfachsten ist es jedoch, zunächst mal überhaupt nichts über ein System vor einer Messung anzunehmen, sondern ausschließlich die Mathematik bzw. deren experimentell überprüfbaren Konsequenzen zu verstehen. Die klassische Physik operiert mit Wahrscheinlichkeit bzgl. klassischer Eigenschaften (rechts, links …) oder Mengen (ist im Wohnzimmer, in der Küche … hat eine Energie zwischen 2 und 3 Joule). Die Quantenmechanik operiert mit Wahrscheinlichkeiten über sogenannten Hilberträumen, wobei eine quantenmechanische Eigenschaft einem „Ort“ oder Zustand in diesem abstrakten Zustandsraum entspricht. Darunter kann man sich noch nichts vorstellen, aber das können wir ja diskutieren.
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Ge?ndert von TomS (20.11.22 um 17:37 Uhr)
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  #64  
Alt 21.11.22, 06:24
SuperpositionSimon SuperpositionSimon ist offline
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Zitat:
Wenn in quantenmechanisch zwei verschränkte Photonen mit entgegengesetzter Polarisation präpariere und jeweils eines davon einem der beiden Physikern “gebe“, dann

wissen beide, dass ihr Photonen die entgegengesetzte Polarisation des jeweils anderen hat,
weiß keiner der beiden, welches Photon welche Polarisation hat,
dürfen beide nicht annehmen, sie wüssten, dass einer das Photon mit dieser, der andere das mit jener Polarisation hat
Wenn ich das richtig sehe handelt ist sich bei dem letzten Punkt um die Superposition:
Zitat:
dürfen beide nicht annehmen, sie wüssten, dass einer das Photon mit dieser, der andere das mit jener Polarisation hat
Es ist also nicht nur das Wissen nicht vorhanden, welche Polarisation das Photon hat, sondern die Polarisation ist solange man diese nicht misst undefiniert --> Stimmt ihr mir da zu?

Übertragen auf das radioaktive Atom von Schrödingers Katze würde ich die Superposition wie folgt beschreiben:
Das Atom hat eine definierte Halbwertszeit. Wann es genau zerfällt ist objektiv zufällig.
Solange man es nicht beobachtet, ist nicht nur das Wissen nicht vorhanden, ob es zerfallen ist, oder nicht, sondern den Zustand des Atoms ist zu diesem Zeitpunkt weder zerfallen noch nicht zerfallen also undefiniert. Könnt ihr mir auch hier zustimmen?
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  #65  
Alt 21.11.22, 08:20
Bernhard Bernhard ist offline
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Zitat:
Zitat von SuperpositionSimon Beitrag anzeigen
Solange man es nicht beobachtet, ist nicht nur das Wissen nicht vorhanden, ob es zerfallen ist, oder nicht, sondern den Zustand des Atoms ist zu diesem Zeitpunkt weder zerfallen noch nicht zerfallen also undefiniert. Könnt ihr mir auch hier zustimmen?
Über die Realität der Wellenfunktion wird auch heute noch im Rahmen der https://de.wikipedia.org/wiki/Interp...uantenmechanik gestritten.

Heisenberg hatte mal empfohlen davon auszugehen, dass die Wellenfunktion vorallem das Wissen eines Beobachters über das Quantensystem modelliert und beschreibt. Siehe die letzen zwei Sätze dieses WP-Abschnittes: https://de.wikipedia.org/wiki/Kollap...uktionsvorgang
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Freundliche Grüße, B.
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  #66  
Alt 21.11.22, 08:23
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Zitat:
Zitat von SuperpositionSimon Beitrag anzeigen
Wenn ich das richtig sehe handelt ist sich bei dem letzten Punkt um die Superposition
Superposition und Verschränkung.

Zitat:
Zitat von SuperpositionSimon Beitrag anzeigen
Übertragen auf das radioaktive Atom … würde ich die Superposition wie folgt beschreiben:
Das Atom hat eine definierte Halbwertszeit. Wann es genau zerfällt ist objektiv zufällig.
Solange man es nicht beobachtet, ist nicht nur das Wissen nicht vorhanden, ob es zerfallen ist, oder nicht, sondern den Zustand des Atoms ist zu diesem Zeitpunkt weder zerfallen noch nicht zerfallen also undefiniert.
Im Unterschied zum zuvorgenannten Punkt könnte man dieses einzelne Phänomen auch mit klassischen Wahrscheinlichkeiten beschreiben.
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Ge?ndert von TomS (21.11.22 um 08:35 Uhr)
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  #67  
Alt 21.11.22, 10:00
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Mal ein kurzer Ausflug in die Mathematik - siehe Anhang.

Zum Vergleich klassischer (cl) und quantenmechanischer (qm) Wahrscheinlichkeiten benötigt man sogenannte Dichteoperatoren rho.

Ich gehe aus von einem Zwei-Zustands-System; dessen Basis-Zustände seien |a> und |b>; das entspräche z.B. Spin-up und Spin-down.

e und E werden im Kontext der zu messenden Größen verwendet. Konkret geht es darum, herauszufinden, wie groß die Wahrscheinlichkeit p(E) ist, dass der durch E beschriebenen Zustand vorliegt bzw. gemessen wird, wenn ein durch rho beschriebener Zustand präpariert wurde.

rho wird zunächst für einen quantenmechanischen (qm) Zustand |psi> definiert, in dem eine Superposition aus |a> und |b> vorliegt; das ist klassisch undenkbar. Daraus wird die Wahrscheinlichkeit p(E) berechnet.

Dann wird rho als klassisches Gemisch (cl) definiert, in dem entweder die Eigenschaft a oder die Eigenschaft b vorliegt; das funktioniert für die o.g. Schuhe aber eben auch für Spins o.ä. Daraus wird wieder die Wahrscheinlichkeit p(E) berechnet.

Man erkennt, dass für eine quantenmechanische Superposition ein Interferenzterm auftritt, der beim klassischen Gemisch fehlt.

Am Beispiel eines Spins bedeutet dies das Folgende: ich lege im Labor die z-Achse fest und definiere |a> entspricht Spin-up bzgl. z und |b> entspricht Spin-down bzgl. z. Diesbzgl. präpariere ich die Zustände, d.h. die rho's. Nun lege ich eine ggü. z verdrehte z'-Achse fest und messe das Vorliegen von Spin-up bzgl. dieser z'-Achse; d.h. das |e> entspricht dann Spin-up bzgl. z'.

Wenn ich die beiden unterschiedlichen rho's so päpariere, kann ich durch sukzessives Verdrehen von z' und jeweils Messen der Wahrscheinlichkeiten den Unterschied zwischen dem klassischen und dem quantenmechanischen Zustand herausfinden.

Im Falle der ggü. z nicht verdrehten z'-Achse erhält man übrigens dieselben Wahrscheinlichkeiten. Das ist auch der Grund, weshalb nicht jede Messung zur Unterscheidung der quantenmechanischen Superposition und des klassischen Gemischs taugt, z.B. für den radioaktiven Zerfall.
Angeh?ngte Grafiken
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  #68  
Alt 21.11.22, 12:13
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Fröhner argumentiert ja, dass man zur korrekten Beschreibung der QM Bayessche Wahrscheinlichkeiten benötigt.

Zitat:
Zitat von Fröhner
Abstract
Quantum mechanics is spectacularly successful on the technical level but the meaning of its rules remains shrouded in mystery even more than seventy years after its inception. Quantum-mechanical probabilities are often considered as fundamentally different from classical probabilities, in disre-gard of the work of Cox (1946) -and of Schrödinger (1947) -on the foundations of probability theory. One central question concerns the superposition principle, i. e. the need to work with inter-fering wave functions, the absolute squares of which are probabilities. Other questions concern the relationship between spin and statistics or the collapse of the wave function when new data become available. These questions are reconsidered from the Bayesian point of view. The superposition principle is found to be a consequence of an apparently little-loiown mathematical theorem for non-negative Fourier polynomials published by Fejer in 1915 that implies wave-mechanical inter-ference already for classical probabilities. Combined with the classical Hamiltonian equations for free and accelerated motion, gauge invariance and particle indistinguishability, it yields all basic quantum features -wave-particle duality, operator calculus, uncertainty relations, Schrödinger equation, CPT invariance and even the spin-statistics relationship -which demystifies quantum mechanics to quite some extent.
aus
Missing Link Between Probability Theory and Quantum Mechanics: the Riesz-Fejer Theorem

Ich verstehe nur Bahnhof. Kannst du da was mit anfangen?
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  #69  
Alt 21.11.22, 12:17
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Zitat:
Zitat von Hawkwind Beitrag anzeigen
Fröhner argumentiert ja, dass man zur korrekten Beschreibung der QM Bayessche Wahrscheinlichkeiten benötigt.



aus
Missing Link Between Probability Theory and Quantum Mechanics: the Riesz-Fejer Theorem

Ich verstehe nur Bahnhof. Kannst du da was mit anfangen?
Hab' ich noch nie gehört - muss ich mir anschauen.

EDIT: Oder doch? Hattest du das schon mal verlinkt?


Mein Interesse ist gering, weil erfahrungsgemäß Diskussionen über Wahrscheinlichkeiten subtile Probleme bei Wahrscheinlichkeiten klären - aber eben nicht das große Ganze
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Ge?ndert von TomS (21.11.22 um 12:20 Uhr)
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  #70  
Alt 21.11.22, 13:15
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Standard AW: Warum das Interferenzmuster im Doppelspaltversuch

Formal ganz nett, aber was sagt uns das, außer: wenn wir quantenmechanische Bayessche Wahrscheinlichkeiten betrachten wollen, dann erscheint das Superpositionsprinzip als Folge des Fejer-Riesz-Theorems, und somit ergeben sich einige Verwandtschaften zu klassischen Wahrscheinlichkeiten?

In diesem Licht betrachtet kann die Quantenmechanik als Erweiterung der klassischen Wahrscheinlichkeitstheorie angesehen werden, die natürlich auch nützlich ist - aber zunächst nicht zwingend.

Der springende Punkt ist m.E. unter (7) versteckt: laut Autor ist das zentrale Missverständnis, das messbare Erwartungswerte tatsächlichen Werten entsprächen; die Ursache hierfür sei, dass man nicht präzise genug den Zustandsvektor als Information über den Zustand eines physikalischen Systems interpretiert, sondern unmittelbar als Zustand des Systems.

Das mag ja in vielen Fällen tatsächlich ein verbreitetes Missverständnis bzw. Schlampigkeit sein, aber sicher nicht bei den Kollegen, die sich intensiv mit diesen Probleme befassen.

Da gibt es eben die Schule, die die Quantenmechanik als Theorie von Bayesschen Wahrscheinlichkeiten auffassen - die haben sich aber auf diese Sichtweise festgelegt, ohne dass es dazu dieses Theorems bedurft hätte; das Theorem liefert für sie dann ein paar ganz nette Erkenntnisse, mehr aber auch nicht. Und es gibt sie Sichtweise der Realisten, die mit jeder Wahrscheinlichkeitsinterpretation ein Probleme haben, und deren Sichtweise durch dieses Theorem ja nicht widerlegt und m.E. nicht mal maßgeblich angekratzt wird.

Die Bayesianer sind jetzt vielleicht etwas glücklicher, die Realisten schütteln ein weiteres Mal den Kopf.

Zu Wikipedia:

Zitat:
Ein entscheidender Unterschied zu einer „klassischen“ Zustandsbeschreibung wird manchmal übersehen: Sofern die Wellenfunktion nicht schon vor der Messung einen Eigenzustand beschreibt, enthält sie mehrere Eigenzustände und für jeden eine Wahrscheinlichkeit unter 100 %. Sie beschreibt dann gewissermaßen nicht wirklich das System, sondern das unvollständige Wissen über das System. Fröhner hat nachgewiesen, dass die quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten widerspruchsfrei als Bayessche Wahrscheinlichkeiten aufgefasst werden können. Diese ändern sich, indem die Messung den Informationsstand des Beobachters ändert. Dazu wird keine Zeit benötigt; was kollabiert, ist nichts Physikalisches, sondern nur der Informationsmangel des Beobachters. Ganz entsprechend haben sich hierzu Heisenberg 1960 in einer brieflichen Diskussion und Styer geäußert.
Gerade das ist aber nicht allgemein akzeptiert. Wenn man es akzeptiert, dann ist diese Akzeptanz der große Sprung für die Menschheit, nicht Fröhners kleiner Schritt, der diese Sichtweise formal weiter absichert ;-)
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Ge?ndert von TomS (21.11.22 um 13:22 Uhr)
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