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Wissenschaftstheorie und Interpretationen der Physik Runder Tisch für Physiker, Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker

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  #1  
Alt 01.11.12, 20:51
Ich Ich ist offline
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Standard Das Universum als Gamsbart

Dieser Thread ist angeregt durch diese Fragen von Bauhof, und auch durch immer wiederkehrenden Fragen der Art: Expandiert der Raum auch innerhalb einer Galaxie / umschlossenen Hohlkugel, expandiert der Raum in den Voids stärker als in den Galaxienhaufen, expandiert auch die Erdumlaufbahn mit dem Raum, wie schnell bewegt sich die Erde durch den Raum... Das Interessante ist, dass man auf solche Fragen ziemlich klare Antworten bekommen kann, diese sich aber je nach Quelle oft auch ziemlich widersprechen.
Hier will ich mal wieder den Fokus weg vom Raum und seinen Eigenschaften lenken und hin zu den Dingen, die wir im Universum tatsächlich beobachten und deren Abstände wir messen. Und das in vier Dimensionen, weil die vierdimensionale Raumzeit die Realität ist, nicht ein dreidimensionaler Raum.

Weil's mit den vier Dimensionen oft Schwierigkeiten gibt, vergessen wir eine Raumdimension und nehmen eine der Raumrichtungen (hier: nach oben) als Zeit her. Jedes Objekt (in der Kosmologie wären das typischerweise Galaxienhaufen) wird hier durch seine Weltlinie repräsentiert, also die Summe aller Raumpositionen, die es zu jeder Zeit einnimmt. Das sind grundsätzlich "Fäden", die irgendwie von unten (Vergangenheit) nach oben (Zukunft) laufen.

Hier kommt nun das im Titel angesprochene Objekt aus meiner oberbayrischen Heimat Oberbayern ins Spiel: Im Falle eines nicht allzugroßen Ausschnitts aus unserem Universum, dargestellt in Normalkoordinaten (also die üblichen, von Newton bzw. SRT bekannten Koordinaten), trifft es sich, dass das Bündel der Weltlinien eben aussieht wie ein Gamsbart.
[Quelle: Wikipedia]
Mit folgenden Eigenschaften:
- die Fasern gehen von unten nach oben weiter auseinander
das ist die Expansion des Universums, wo Abstände größer werden
- wenn man alle Fasern auf gleicher Länge abschneidet, bilden sie eine Oberfläche, die positiv (also wie eine Kugel) gekrümmt ist
diese Oberfläche ist nach Definition das, was in kosmologischen Modellen "Raum" genannt wird - eine Dimension müsste man sich eben wieder dazudenken. Die Länge der Fasern entspricht der kosmologischen Zeit, zu der dieser Raum betrachtet wird. Diese Krümmung entsteht in einer flachen Raumzeit nur durch das Auseinanderlaufen der Fasern, das ist ein rein kinematischer Effekt. (In Wirklichkeit, also mit einer echten Zeitachse statt drei Raumachsen, wäre die Fläche negativ gekrümmt.)
In den Normalkoordinaten, in denen das Foto gemacht wurde, wäre der "Raum" immer eine horizontale Ebene, der Unterschied liegt in der Definition der Gleichzeitigkeit. (Ergänzung: Der Raum der Normalkoordinaten könnte aber in Wirklichkeit auch positiv gekrümmt sein, dann wäre der kosmologische Raum z.B. flach, so wie im Standardmodell. Er ist einfach negativer gekrümmt wegen des Auseinanderlaufens.)
- die Fasern stehen senkrecht auf der Oberfläche
das heißt, die entsprechenden Objekte haben in dem so definierten Raum keine Geschwindigkeit. Daher kommt die Idee vom "expandierenden Raum", weil ihre Abstände ja trotzdem größer werden.
Auf dem Foto, also in Normalkoordinaten, sieht das anders aus, da stehen die Fasern sehr wohl schräg auf einer horizontalen Fläche, die Objekte bewegen sich also durchaus. Bewegung ist eben relativ.

Das war jetzt der frisch gebundene Gamsbart. Diese idealisierte Form ist das mathematische Universumsmodell, das Kosmologen benutzen. Da gehen alle Fasern wie sie sollen, die Oberfläche ist eine schöne Kugel. In einem solchen Universum gibt es keine Sterne, keine Galaxien und keine Erde.
Das echte Universum sieht eher wie so ein Gamsbart nach dem Oktoberfest mit ein paar Maß aus. Da sind Fasern geknickt, hier stehen sie dicht beieinander und dort dünn, und nicht selten sind sie auch noch verdreht.
Was passiert da mit der schönen Oberfläche der gleichlangen Fasern, dem kosmologischen Raum? Die ist nur noch da, wenn man nicht genau hinschaut. Sieht man genauer hin, dann enden die gleichlangen Fasern mitunter an ziemlich unterschiedlichen Stellen, je nachdem, wie krumm oder geknickt sie sind. Diese Oberfläche ist definitiv kein anständiger Raum.
Und mit dem "senkrecht auf der Oberfläche" ist es auch nicht so weit her. Das schlimmste sind da Fasern, die verdreht sind: die kann man beim besten Willen nicht in einer Fläche schneiden, auf der sie alle senkrecht stehen - probiert das mal.
Der Kosmologe behilft sich, indem er einfach nicht genau hinsieht und eine schön glatte Fläche wählt, die so ungefähr den Gamsbart einschließt. Dann schneidet der die Fasern eben nicht alle gleich lang, sondern entlang dieser Oberfläche. Und wenn sie darauf nicht senkrecht stehen, dann nennt er das "Pekuliargeschwindigkeit". Das ist ok und zulässig so.

Wenn wir aber genauer hinschauen wollen, z.B. auf ein paar Galaxien oder so, dann sehen wir nur das, was wirklich da ist: einen Haufen Fäden, die vielleicht durchaus ganz grob etwas aueinandergehen, im Wesentlichen aber ein ziemliches Durcheinander mit ausgeprägten Locken (das wären die Galaxien) bilden. Das ist auch alles wunderbar, nur: da ist schlicht und einfach keine ausgezeichnete Oberfläche mehr, die irgendwie auf den Fäden senkrecht steht oder so. Man wüsste gar nicht, wie man da eine schöne Oberfläche rausschneiden, sprich: einen Raum definieren sollte. Das ist auch gar kein Problem, den Fäden macht das nichts. Das Universum ist wie gesagt der Gamsbart, nicht seine "Oberfläche". Da aber diese nicht vorhandene Oberfläche der vielbeschworene "Raum" ist, kann man einfach nicht sagen, ob der "Raum" sich da oder dort wie stark ausdehnt oder nicht. Man sollte einfach nicht versuchen, etwas fundamentales, den Gamsbart, auf etwas nicht fundamentales, seine Oberfläche nach irgendwie erfolgtem Schnitt, zurückzuführen.

Das, was ich hier beschreibe, nennt sich in Echt "Kongruenz". Interessanterweise ist die einzig saubere lokale Definition von "Expansion" tatsächlich eine Eigenschaft einer solchen Kongruenz, sprich eines Gamsbarts, nicht des Raums. Sie ist auch für Kongruenzen definiert, die keine Raumdefinition zulassen, also solche mit Rotation ("Wirbelhaftigkeit" würde man wohl auf Deutsch sagen). Als lokale Größe hat sie ein so offensichtliche Bedeutung, dass es fast schon langweilig ist: sie beschreibt, ob Objekte sich auseinanderbewegen oder nicht.

Ge?ndert von Ich (01.11.12 um 20:56 Uhr)
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  #2  
Alt 02.11.12, 09:58
Benutzerbild von Bauhof
Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Hier kommt nun das im Titel angesprochene Objekt aus meiner oberbayrischen Heimat Oberbayern ins Spiel: Im Falle eines nicht allzugroßen Ausschnitts aus unserem Universum, dargestellt in Normalkoordinaten (also die üblichen, von Newton bzw. SRT bekannten Koordinaten), trifft es sich, dass das Bündel der Weltlinien eben aussieht wie ein Gamsbart.
Oberbayern ist zwar von Nürnberg ziemlich weit entfernt, aber deine Gamsbart-Metapher finde ich trotzdem sehr gut. Und von den weitaus größeren "preußischen Entfernungen" wollen die Oberbayern vermutlich gar nicht reden.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
– die Fasern gehen von unten nach oben weiter auseinander
das ist die Expansion des Universums, wo Abstände größer werden.

– w enn man alle Fasern auf gleicher Länge abschneidet, bilden sie eine Oberfläche, die positiv (also wie eine Kugel) gekrümmt ist
diese Oberfläche ist nach Definition das, was in kosmologischen Modellen "Raum" genannt wird - eine Dimension müsste man sich eben wieder dazudenken. Die Länge der Fasern entspricht der kosmologischen Zeit, zu der dieser Raum betrachtet wird. Diese Krümmung entsteht in einer flachen Raumzeit nur durch das Auseinanderlaufen der Fasern, das ist ein rein kinematischer Effekt.
Wenn ich es recht verstehe, dann repräsentieren die oberen Enden der Gamsbart-Haare die möglichen Orte der Galaxien. Das Auseinanderdriften der Galaxien durch die Universum-Expansion ist also nur ein kinematischer Effekt.

M.f.G. Eugen Bauhof
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Hermann Minkowski
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  #3  
Alt 02.11.12, 11:49
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Zitat:
Wenn ich es recht verstehe, dann repräsentieren die oberen Enden der Gamsbart-Haare die möglichen Orte der Galaxien.
Das hätte ich vielleicht noch besser rausarbeiten sollen: Das Universum ist eigentlich ein unendlich langer Gamsbart - es scheint ja bis in alle Ewigkeit weiterzuexpandieren.
Wenn man von den Orten der Galaxien zu einer bestimmten Zeit sprechen will, dann muss man eine Schnittfläche durch ihn definieren, das ist der (eigentlich 3D-) Raum.
Der schöne Gamsbart kommt raus, wenn man wie in der Kosmologie üblich schneidet: alle Fasern gleich lang. Deren Enden sind dann, wie du sagst, die Orte der Galaxien in RW-Koordinaten. Wenn das Universum auch nur etwas zerzaust ist, geht das nur noch näherungsweise, man würde dann einfach versuchen, ungefähr so eine Kugelform rauszuschneiden.
Zitat:
Das Auseinanderdriften der Galaxien durch die Universum-Expansion ist also nur ein kinematischer Effekt.
"Nur" ein kinematischer Effekt würde ich nicht sagen. Das wäre der Fall, wenn der "Normalraum" flach wäre, dann gäbe es keine Gravitation und die Fasern wären alle ganz gerade. Wenn Gravitation vorliegt, dann werden di Objekte natürlich davon beeinflusst und ändern ihre Relativgeschwindigkeiten - das sind dann krumme Fasern.
Aber im Rahmen dieses Modells ist es tatsächlich reine Geschmacksfrage, ob man die Objekte mit Relativgeschwindigkeit auseinanderfliegen lässt oder den Raum dazwischen expandieren. Von daher ist Expansion tatsächlich was kinematisches.

Man sollte aber die Grenzen des Modells im Auge behalten: Wenn ein kosmologischer Horizont existiert, beschreiben Normalkoordinaten nur einen Teil des Universums, nämlich bis zum Horizont. Oder wenn das Universum kompakt ist (sphärisch oder toroidal), dann werden die Koordinaten in großer Entfernung zweideutig. Dann ist das Bild mit dem Gamsbart nicht mehr brauchbar für globale Überlegungen.
Für einen nicht zu großen Ausschnitt des Universums ist es aber immer anwendbar und nützlich.
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  #4  
Alt 02.11.12, 12:51
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
"Nur" ein kinematischer Effekt würde ich nicht sagen. Das wäre der Fall, wenn der "Normalraum" flach wäre, dann gäbe es keine Gravitation und die Fasern wären alle ganz gerade. Wenn Gravitation vorliegt, dann werden di Objekte natürlich davon beeinflusst und ändern ihre Relativgeschwindigkeiten - das sind dann krumme Fasern.
Hallo ICH,

warum ein Stein beschleunigt zur Erde fällt, erklärt sich dann (nach meiner bescheidenen Auffassung) wie folgt:

Weil alle Fasern in der Nähe der Erde krumm sind, folgt der Stein diesen Fasern (den Geodäten), während die Erde als Ganzes seinen Weg durch die Raumzeit in Richtung der Zeitachse unbeirrt geradlinig fortsetzt.

Durch die Krummheit der Fasern wird ein kleiner Teil der 'Zeitgeschwindigkeit' in Form einer Richtungsänderung abgezweigt. Diese permanente Richtungsänderung pro Zeiteinheit bewirkt dann die beschleunigte Bewegung des Steines zur Erde.

Stimmt dieses Bild annähernd?

M.f.G. Eugen Bauhof
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Hermann Minkowski
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  #5  
Alt 02.11.12, 14:56
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
Hallo ICH,

warum ein Stein beschleunigt zur Erde fällt, erklärt sich dann (nach meiner bescheidenen Auffassung) wie folgt:

Weil alle Fasern in der Nähe der Erde krumm sind, folgt der Stein diesen Fasern (den Geodäten), während die Erde als Ganzes seinen Weg durch die Raumzeit in Richtung der Zeitachse unbeirrt geradlinig fortsetzt.

Durch die Krummheit der Fasern wird ein kleiner Teil der 'Zeitgeschwindigkeit' in Form einer Richtungsänderung abgezweigt. Diese permanente Richtungsänderung pro Zeiteinheit bewirkt dann die beschleunigte Bewegung des Steines zur Erde.

Stimmt dieses Bild annähernd?

M.f.G. Eugen Bauhof
Ja, wobei man auf zwei Sachen aufpassen muss:
1. Die Beziehung Geodäte - Stein ist keine Ursache - Wirkung Beziehung. Der Stein ist vielmehr die Geodäte. Die Faser des Steins ist krumm, weil dieser sich mit der Zeit z.B. erst weg- und dann wieder hin bewegt. Und andersrum. Das sind nur zwei verschiedene Ausdrucksweisen.
2. Diese Krümmung der Geodäte repräsentiert nicht die Raumzeitkrümmung. Krumme Geodäten gibt's z.B. auch in beschleunigten Bezugssystemen in flacher Raumzeit.
Zitat:
Durch die Krummheit der Fasern wird ein kleiner Teil der 'Zeitgeschwindigkeit' in Form einer Richtungsänderung abgezweigt. Diese permanente Richtungsänderung pro Zeiteinheit bewirkt dann die beschleunigte Bewegung des Steines zur Erde.
Auch hier: nicht das eine bewirkt das andere, sondern Krümmung der Geodäte = Richtungsänderung der Geodäte pro Zeiteinheit = Geschwinigkeitsänderung des Steins pro Zeiteinheit.

Der Gamsbart sollte die Bewegung auch nur beschreiben, nicht kausal erklären. Ursache für relative Beschleunigungen frei fallender Körper ist Raumzeitkrümmung. In einem glatten Schnitt wird diese sehr gut durch Newton dargestellt, in einem krummen Schnitt braucht man noch fiese Zusatzterme.
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  #6  
Alt 02.11.12, 16:12
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Bauhof Bauhof ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Der Gamsbart sollte die Bewegung auch nur beschreiben, nicht kausal erklären. Ursache für relative Beschleunigungen frei fallender Körper ist Raumzeitkrümmung. In einem glatten Schnitt wird diese sehr gut durch Newton dargestellt, in einem krummen Schnitt braucht man noch fiese Zusatzterme.
Hallo ICH,

in einem krummen Schnitt braucht man die ART.
Ist die ART nur eine Sammlung von "fiesen" Zusatztermen?

M.f.G. Eugen Bauhof
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Hermann Minkowski
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  #7  
Alt 03.11.12, 21:18
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Hi,

Zitat:
Zitat von Bauhof Beitrag anzeigen
Hallo ICH,

in einem krummen Schnitt braucht man die ART.
Ist die ART nur eine Sammlung von "fiesen" Zusatztermen?

M.f.G. Eugen Bauhof
Die ART besteht, wenn man so will, aus zwei Teilen:

Der erste Teil ist das mathematische Grundgerüst, alle physikalischen Gleichungen kovariant, also unabhängig vom Koordinatensystem, darstellen zu können. Daher kommt der Name, allgemeine Kovarianz statt der speziellen Kovarianz nur für Lorentztransformationen.
Dafür gibt es die fiesen Zusatzterme, die Christoffelsymbole. Die kümmern sich um alle Koordinatenangelegenheiten und gleichen die Unterschiede, die durch die Koordinatenwahl entstehen, automatisch wieder aus.
Die Natur der Sache bringt's dann mit sich, dass z.B. in flacher Raumzeit für kartesische Minkowskikoordinaten keine Zusatzterme notwendig sind, wohingegen eine Darstellung in kosmologischen Koordinaten mit negativ gekrümmten Raum durchaus welche braucht, damit man auf dasselbe Ergebnis kommt.

Dieser Teil wird aber heutzutage üblicherweise gar nicht mehr als ART bezeichnet. Dieser Begriff wird eher für die Gravitationstheorie verwendet, die sich in diesem mathematischen Grundgerüst mehr oder weniger "zwanglos" aus dem Äquivalenzprinzip ergibt. Die Einsteinschen Feldgleichungen sind sicher keine fiesen Zusatzterme, sondern eine physikalisch-geometrische Theorie mit ganz neuen Folgerungen.
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  #8  
Alt 03.11.12, 22:03
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Zitat:
Zitat von Timm
Und die "expansionsbedingten" Relativbewegungen wären am zeitlichen Verlauf des Abstandes der cluster-Faserbündel festzumachen.
Richtig: man nimmt sich eine Faser und schaut sich den Abstand zu ihren Nachbarn an. Daraus kriegt man den Expansionstensor, der angibt, wie sehr sich die Fasern in die verschiedenen Richtungen wegbewegen, und die Wirbelhaftigkeit, die angibt, inwiefern die Fasern verdreht sind.
Zitat:
Der ist zwar dann nicht flach, wie im Milne-Modell (allerdings wegen der kritischen Dichte aus anderem Grund doch flach), aber machbar wäre es zumindest.
Der Raum in Normalkoordinaten ist immer positiv gekrümmt, sofern er nicht leer ist. Flach ist nur der Schnitt nach kosmologischer Vorschrift, wenn sozusagen die negative Krümmung durch den Schnitt diese positive Krümmung exakt wieder aufhebt. (kleiner Seitenhieb, solange ich noch nicht brav sein muss: Das ist einer der vielen Punkte, die unsere Domina hier nicht blickt. Ist wohl zu sehr vom "master and servant"-Spielchen abgelenkt.)
Zitat:
Ich habe immer noch Probleme damit, daß das Konzept - ständig entsteht neuer Raum - wegtransformiert werden kann.
Nur lokal! Man kennt den Effekt auch im Alltagsleben sehr gut, dass sich mit der Zeit immer mehr Raum (sprich: Abstand) zwischen zwei Dingen befindet, das ist nun mal so, wenn sich die voneinander wegbewegen. Das ist auch im kosmologischen Fall genau so, man muss da nichts weiter berücksichtigen oder sich anders vorstellen.
Global kann ein "Normalraum" die Dinge nicht notwendigerweise beschreiben, z.B. bei nichttrivialer Topologie oder Horizonten.
Zitat:
Wenn ich mir die Schnittfläche durch den Gamsbart vorstelle, bin ich beim expandierenden Raum, denn die Galaxien bewegen sich radial entlang der Zeitachse und nicht tangential durch den Raum. Also müßten die Gamsbart-Koordinaten anders aussehen, hmm, aber wie?
Das sind einfach die Robertson-Walker Koordinaten. Koiordinatenzeit gleich Egenzeit der Beobachter, und deren Abstände ändern sich alle proportional zum Skalenfaktor. Eine geschlossen darstellbare Transformation der Koordinaten ineinander ist mir nur für statische Raumzeiten bekannt, also Minkowski/Milne und de Sitter.
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  #9  
Alt 04.11.12, 07:34
Marcus Ulpius Marcus Ulpius ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Lass dich um Gottes Willen nicht von meinen Wissendefiziten irritieren! Konzentriere dich bitte voll und ganz auf die profunden physikalischen Inhalte die du hier vermitteln möchtest: Ich bin auf weitere Details gespannt.

(Du hattest aber doch sicher auch keine andere Antwort von mir extrapoliert.
Oder wäre "beabsichtigt" besser?)
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  #10  
Alt 06.11.12, 11:01
Timm Timm ist offline
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Standard AW: Das Universum als Gamsbart

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Das sind einfach die Robertson-Walker Koordinaten. Koiordinatenzeit gleich Egenzeit der Beobachter, und deren Abstände ändern sich alle proportional zum Skalenfaktor. Eine geschlossen darstellbare Transformation der Koordinaten ineinander ist mir nur für statische Raumzeiten bekannt, also Minkowski/Milne und de Sitter.
Nun könnte man zumindest im Prinzip statt der FRW-Koordinaten (Gamsbart, mitbewegt, Raum expandiert) solche wählen (Raum expandiert nicht), in denen die kosmologische Rotverschiebung sich aus Kinematik + Gravitation zusammensetzt (s. frühere Diskussionen).
Aber da ist wohl keine Veranschaulichung möglich?

Gruß, Timm
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Der Verstand schafft die Wahrheit nicht, sondern er findet sie vor - Aurelius Augustinus
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