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  #1  
Alt 14.08.14, 10:30
Kojak Kojak ist offline
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Registriert seit: 20.08.2013
Beitr?ge: 14
Standard Zeit – der Versuch einer Erklärung

These:
Zeit wird allgemein gerne mit Hilfe eines Minkowski-Raumzeit-Diagramms dargestellt, das jedoch nicht für diesen Zweck geschaffen wurde. Dies führt zu Fehlinterpretationen, und es wird übersehen, dass Zeit eine physikalische Eigenschaft ist, die man erschöpfend erklären kann.


1. Zeit ist relativ

Wenn wir z.B. ein langsameres und ein schnelleres Raumschiff beobachten, dann können wir deren Weltlinien beschreiben. Seit der Entwicklung der speziellen Relativitätstheorie und des Zwillingsphänomens wissen wir, dass Zeit relativ ist. Wir unterscheiden zwischen den beobachteten Zeiten (Koordinatenzeit) der verschiedenen Beobachter und der Eigenzeit des beobachteten Objekts. Je nach unserer relativen Geschwindigkeit kann die gemessene Zeit stark variieren (soweit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit im Spiel sind). Zeit ist also relativ.

Faszinierend ist dabei, dass wir die Raumschiff-Utopien auch auf unseren Alltag übertragen können (und müssen). Nicht nur Uhren in Raumschiffen gehen verschieden. Auch ein Gefängnisinsasse altert schneller als ein Busfahrer. Zwar dürfte eine experimentelle Messbarkeit dieses Umstands wegen der Winzigkeit der Abweichung ausgeschlossen sein, doch gelten auch hier die Regeln der Relativität. Es hat den Anschein, dass jeder von den beiden, entsprechend dem bekannten Zwillingsphänomen, in einer anderen Welt lebt, in einer anderen Raumzeit…


2. Zeit ist Eigenzeit

Die Eigenzeit eines Objekts kann von jedem Beobachter mit dem Lorentz-Faktor Gamma rechnerisch bestimmt werden – sie entspricht dem Raumzeitintervall. Alle beobachteten Zeiten eines Objekts werden mit Hilfe des (reziproken) Lorentz-Faktors auf dessen Eigenzeit reduziert, die konstant für alle Beobachter ist, und die stets kürzer ist als die beobachtete Zeit.

Erstaunlicherweise wird heutzutage der Zeitbegriff jedoch nicht von der Eigenzeit beherrscht, sondern von der Koordinatenzeit. Der Begriff des vierdimensionalen Raumzeit-Universums hat sich uns eingeprägt, und jedes Mal, wenn wir Raumzeit oder Zeit erklären wollen, ziehen wir ein Minkowski-Diagramm hervor, das alles klar und einfach zu erklären scheint – der Raum auf der waagerechten x-Achse, die Zeit auf der senkrechten t-Achse. Jeder Punkt hat seine Koordinaten. Das Minkowski-Diagramm beherrscht unser Bewusstsein von Raumzeit. Das ist kein Wunder, denn eine andere Veranschaulichung von Raumzeit und Zeit scheint es nicht zu geben.

Regelmäßig wird dabei die Tatsache übergangen, dass jedes Minkowski-Diagramm relative, sekundäre Beobachtung ist. Wir können sicher sein, dass sich unser eigenes Diagramm von jedem Minkowski-Diagramm der anderen Beobachter unterscheidet, also für diese keine Gültigkeit hat. Gleichzeitigkeit ist relativ.

Raumzeit ist ein relatives, beobachterabhängiges Bild. Sie erweckt den falschen Anschein, dass sich aus einer Abbildung der Raumzeit mit einer Zeitdimension Aufschluss über die Zeit ergibt. Den hohen Anspruch, Zeit als eine allgemeine Dimension zu beschreiben, kann jedoch niemand erfüllen, weshalb Zeit als „rätselhaft“ erscheint, und Zeit wird eher als eine Angelegenheit der Philosophie als der Physik, betrachtet.

Der Ausweg aus dieser Sackgasse ist der Griff zum Taschenrechner: Jeder Beobachter kann anhand seines Minkowski-Diagramms mit der Formel τ2 = dt2 – ds2 die Eigenzeit eines Objekts berechnen, und jeder erhält das gleiche Ergebnis für die Eigenzeit Tau, weil es sich um einen konstanten beobachterunabhängigen Wert handelt. Es ist die Zeit, die das beobachtete Objekt selbst real durchlebt, und alle beobachteten Koordinatenzeiten lassen sich als sekundäre Größen aus der Eigenzeit ableiten. Wenn man Zeit verstehen will, muss man deshalb bei der Eigenzeit ansetzen.

Bezeichnenderweise wird der Beobachter jedoch in seinem Minkowski-Diagramm vergeblich nach diesem Raumzeitintervall der Eigenzeit suchen. Alles, was er findet, ist eine Sammlung von Raum- und Zeitdaten (ds und dt), die nur für ihn selbst gelten. Diese Daten muss er selbst sortieren und mit dem Faktor Gamma umrechnen, um die Eigenzeit zu ermitteln.


3. Zeit ist „Privatsache“

Man sieht, dass Minkowski-Diagramme für ein Verständnis des Begriffs der Zeit falsch aufgebaut sind. Das bedeutet nicht, dass wir das Minkowski-Diagramm nicht brauchen. Im Gegenteil, für Transformationen zwischen Beobachtern und Gleichzeitigkeitsbetrachtungen ist es unerlässlich. Aber die Begeisterung für ein Diagramm mit einer Raum- und einer Zeitachse war offenbar von Anfang an so groß (bereits lange vor der Entdeckung der Relativitätstheorie), dass man auch Zeit als Teil der vierdimensionalen Raumzeit verstehen wollte.

Zeit ist Eigenzeit. Daher ist für ihre Darstellung ein Diagramm notwendig, in dem die Eigenzeit vorkommt. Hierfür bietet sich das euklidische Raumzeitdiagramm an: an die Stelle der beobachteten Zeit auf der Zeitachse tritt die Eigenzeit, im Übrigen bleibt das Schema unverändert. Man bemerkt, dass die beobachtete Zeit Δt als Diagonale des rechtwinkligen Dreiecks aus beobachteter Distanz und Eigenzeit wieder auftaucht. Die -+++ - Signatur wird durch eine ++++ - Signatur ersetzt. Die Formel τ2 = dt2 – ds2 wird umgeformt zu dt2 = τ2 + ds2

Dies soll jedoch keinesfalls ein Plädoyer für die euklidische Relativität sein. Es geht nur darum, die Eigenzeit, die sich in jedem Minkowski-Diagramm problemlos rechnerisch bestimmen lässt, auch zeichnerisch zu berücksichtigen. Es handelt sich um eine veränderte Darstellung des unveränderten Inhalts zum besseren Verständnis.

Hier eine Gegenüberstellung der beiden Diagramme:

Minkowski-Raumzeit / Euklidische Raumzeit
140628 Minkowski2.jpg
Gemeinsame Legende: τ =Eigenzeit, dt = beobachtete Zeit (Koordinatenzeit), ds = beobachtete Distanz

Auf diese Weise lassen sich sämtliche Raum-Zeit-Koordinaten von Teilchen in ein euklidisches Raumzeitdiagramm übertragen. Weil die beobachtete Zeit nicht mehr auf der y-Achse erscheint, enthält das euklidische Diagramm allerdings keine Informationen mehr zur Gleichzeitigkeit von Vorgängen. Wenn wir z.B. zwei Raumschiffe in das euklidische Diagramm einzeichnen, gibt es keine waagerechten Linien der Gleichzeitigkeit, um beide Raumschiffe miteinander in zeitlichen Zusammenhang zu bringen. Sobald wir die Zeitkoordinate des Beobachters aufgegeben haben, gibt es nichts mehr, was das kosmische Bündel der Eigenzeiten zusammenhält! Einen solchen Zusammenhalt gibt es nur aus der Perspektive eines Beobachters. Die Eigenzeiten von Objekten bestehen hingegen beobachterunabhängig nebeneinander.

Hier zeigt sich der wahre Charakter von Zeit: Zeit als Eigenzeit. Zeit ist die Zeit, die für ein Teilchen vergeht. Zeit ist der Bestand und die Beständigkeit dieses Teilchens selbst, die für die zeitliche Konservierung von Energie sorgen. Die Eigenzeiten von Teilchen sind nicht mathematisch voneinander abhängig. Zeit ist, wie bereits 1969 Newburgh/ Phipps erklärt haben, „privat“ (A Space-Proper Time Formulation of Relativistic Geometry, Air Force Cambridge Research Laboratories, Office of Aerospace Research, U.S. Air Force, 1969, S.1). http://www.euclideanrelativity.com/p...icGeometry.pdf)

Raumzeit im Sinne der Relativitätstheorie ist damit nicht mehr als ein relativer, perspektivisch verschobener “Gesamtüberblick“ über die verschiedenen existierenden Eigenzeiten, inklusive die beobachterabhängige Gleichzeitigkeit. Die tatsächliche Zeit ist die einzelne, unverzerrte Eigenzeit eines Teilchens.

Eine verbreitete Ansicht scheint es zu sein, dass es neben der „privaten“ Zeit doch noch eine „allgemeine“ Zeitdimension gäbe. Das würde jedoch bedeuten, die gesamte vorstehende Herleitung zunächst zu akzeptieren und sich dann trotzdem darüber hinwegzusetzen und sich wieder an den Ausgangspunkt zu begeben!

Denn Ausgangspunkt dieser Herleitung war die Raumzeit mit der Zeitdimension. Diese finden wir im Minkowski-Diagramm von jedem Beobachter, aber keines dieser Raumzeitdiagramme (die ja u.a. auch Gleichzeitigkeitslinien enthalten) gilt universell, alle Diagramme sind relativ.

Deshalb kann es eine solche universelle Zeitdimension nicht geben, auch nicht neben der privaten Eigenzeit, so unglaublich dies auch klingen mag. Ein anschauliches Beispiel ist die Frage nach dem Alter des Universums, das für manche Teilchen 13 Milliarden Jahre beträgt. Für schnelle Teilchen ist das heutige Alter jedoch wesentlich geringer, und für heutige Photonen, die zur Zeit des Urknalls entstanden sind, ist das Alter des Universums gleich Null.

Die vierdimensionale Raumzeit entpuppt sich damit als eine romantische Idee des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Ehre des dreidimensionalen Weltraums wird rehabilitiert.

Ge?ndert von Kojak (15.08.14 um 08:37 Uhr) Grund: eingefügt: "Jeder Punkt hat seine Koordinaten." + "Gemeinsame Legende"
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