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Theorien jenseits der Standardphysik Sie haben Ihre eigene physikalische Theorie entwickelt? Oder Sie kritisieren bestehende Standardtheorien? Dann sind Sie hier richtig.

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  #1  
Alt 14.01.22, 13:56
Benutzerbild von TomS
TomS TomS ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Was du alles weißt.
Dass man z.B. Bewusstsein nie objektiv messen kann ist deine Meinung, die du als Wahrheit verkaufst.
Ich halte das für ziemlich logisch.

Ich kann zwei Beobachtungen vergleichen, nämlich die Beobachtung eines anderen, wahrscheinlich bewussten Menschen sowie die Introspektion also Beobachtung meines eigenen Bewusstseins. Ich postuliere mal, dass mir jeder zustimmen wird, dass letzteres möglich ist, dass ich mir also dessen bewusst bin, dass ich jetzt gerade über das Bewusstsein nachdenke und schreibe.

Dann postuliere ich - und da könnten wir uns jetzt in unserer Auffassung unterscheiden - dass die Beobachtung eines anderen Menschen und die Introspektion völlig wesensverschieden sind. Ich kann jedenfalls keine Gemeinsamkeiten erkennen zwischen dem, was ich an mir wahrnehme, wenn ich mit dir diskutiere, und dem, was ich dabei an dir beobachte. Das liegt letztlich daran, dass ich mein eigenes Denken ausschließlich introspektiv ohne meine Sensorik erfahre, während ich dein (vermutlich) bewusstes Denken ausschließlich vermöge deiner Aktorik und meiner Sensorik wahrnehme.

Ein Experiment, um zu unterscheiden, ob Wesensverschiedenheit deines und meines Bewusstseins vorliegt, oder ob beide in etwa gleich funktionieren und sich introspektiv gleich anfühlen, kann nicht über die Sensorik laufen, denn dabei mische ich bei der Beobachtung von dir Effekte der Sensorik dazu, die ich bei der reinen Introspektion nicht habe. Es ist jedenfalls ein Unterschied, ob ich einen Gedanken habe, ausspreche und dies höre (und mir dessen bewusst bin), oder ich ich nur deinen Gedanken ausgesprochen höre. Im ersten Fall ist es mein Gedanke und mein Bewusstseinsinhalt, der sich nur unwesentlich dadurch ändert, dass ich ihn ausspreche, im zweiten Fall ist es nicht mein Gedanke sondern deiner. Im ersten Fall ist meine Aktorik und Sensorik verzichtbar, im zweiten nicht.

Daraus leite mich nicht ab, dass dein Bewusstsein für dich völlig anders funktioniert als meines für mich, ich leite lediglich ab, dass die Sensorik untauglich ist, über diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede objektive Daten zu erhalten (und ohne Sensorik kann ich mich zwar selbst bewusst wahrnehmen, jedoch nicht dich, d.h. die Daten sind unvollständig).

Damit scheitert m.E. die wissenschaftliche Methode bereits im Ansatz. Sorry, wenn die Erklärung nicht passt; für mich fühlt sich das einfach offensichtlich an.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wenn etwas auch prinzipiell nicht messbar ist, dann ist es wissenschaftlich uninteressant.
Ich würde das präzisieren: wenn etwas prinzipiell nicht messbar ist, dann ist es prinzipiell wissenschaftlich uninteressant, jedoch nicht allgemein uninteressant.

Gewisse Aspekte meines Bewusstseins - und erst recht deines - entziehen sich in oben gesagter Weise der wissenschaftlichen Methode, deswegen müssen sie für mich aber nicht uninteressant sein.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Sondern im Sinne von Konzepten, die keine Entsprechung in der (messbaren) Realität haben.
Klar.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Du selbst legst allergrößten Wert darauf, z.B. in der Relativitätstheorie nur mit Observablen arbeiten zu wollen.
Ja.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Und hier ersinnst du ganze Kategorien, die wissenschaftlicher Beobachtung prinzipiell nicht zugänglich sein sollen.
Ich ersinne sie doch nicht, sie sind vorhanden. Ich konstatiere lediglich, dass mein Bewusstsein existiert - das hat schon Descartes getan, so blöd ist das nicht - und ich postuliere, dass dieses der wissenschaftlichen Methode in wesentlichen Aspekten nicht zugänglich ist (s.o.)

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Du bemühst dich noch nicht einmal um eine Argumentation, warum du solche Kategorien - wie ich es tun würde - nicht als unwissenschaftlichen Mumpitz verwirfst, sondern im Gegenteil für gesetzt hältst.
Ich habe nie behauptet, dass diese Kategorien wissenschaftlich wären. Aber nicht alles, was unwissenschaftlich ist, ist auch prinzipiell Mumpitz; es ist nur im wissenschaftlichen Kontext Mumpitz. Deswegen kann ich sie im wissenschaftlichen Kontext verwerfen, aber nicht, weil ich sie für nicht existent halte, sondern weil ich mir klar mache, dass sie der wissenschaftlichen Methode nicht zugänglich sind.

Damit habe ich die Argumentation hoffentlich geliefert.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (14.01.22 um 14:14 Uhr)
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  #2  
Alt 14.01.22, 14:25
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Daraus leite mich nicht ab, dass dein Bewusstsein für dich völlig anders funktioniert als meines für mich, ich leite lediglich ab, dass die Sensorik untauglich ist, über diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede objektive Daten zu erhalten (und ohne Sensorik kann ich mich zwar selbst bewusst wahrnehmen, jedoch nicht dich, d.h. die Daten sind unvollständig).
Helfen Spiegelneuronen (innere Sensorik) nicht, sich in das Vis a vis (inklusive Qualia) hinein zu versetzen.

https://isofee.eu/spiegelneuronen-empathie/
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Ge?ndert von Geku (14.01.22 um 14:28 Uhr)
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  #3  
Alt 14.01.22, 14:30
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Geku Beitrag anzeigen
Helfen Spiegelneuronen (innere Sensorik) nicht, sich in das Vis a vis (inklusive Qualia) hinein zu versetzen.
Auch das ist eine rein funktionale Ebene.
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  #4  
Alt 14.01.22, 21:58
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Ein Experiment, um zu unterscheiden, ob Wesensverschiedenheit deines und meines Bewusstseins vorliegt, oder ob beide in etwa gleich funktionieren und sich introspektiv gleich anfühlen, kann nicht über die Sensorik laufen, denn dabei mische ich bei der Beobachtung von dir Effekte der Sensorik dazu, die ich bei der reinen Introspektion nicht habe. Es ist jedenfalls ein Unterschied, ob ich einen Gedanken habe, ausspreche und dies höre (und mir dessen bewusst bin), oder ich ich nur deinen Gedanken ausgesprochen höre. Im ersten Fall ist es mein Gedanke und mein Bewusstseinsinhalt, der sich nur unwesentlich dadurch ändert, dass ich ihn ausspreche, im zweiten Fall ist es nicht mein Gedanke sondern deiner. Im ersten Fall ist meine Aktorik und Sensorik verzichtbar, im zweiten nicht.

Daraus leite mich nicht ab, dass dein Bewusstsein für dich völlig anders funktioniert als meines für mich, ich leite lediglich ab, dass die Sensorik untauglich ist, über diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede objektive Daten zu erhalten (und ohne Sensorik kann ich mich zwar selbst bewusst wahrnehmen, jedoch nicht dich, d.h. die Daten sind unvollständig).

Damit scheitert m.E. die wissenschaftliche Methode bereits im Ansatz. Sorry, wenn die Erklärung nicht passt; für mich fühlt sich das einfach offensichtlich an.
Ich habe das Gefühl dass du hier den komischen Philosophen nacheiferst, die von Zeit zu Zeit das Physikerboard heimsuchen. Du machst m. E. (und sorry, wenn ich das so krass sage) aus einem Mangel an Phantasie eine vermeintliche Denknotwendigkeit.

Natürlich wird man "dem Geheimnis des Bewusstseins" nicht auf die Schliche kommen, indem man jemand anderen anschaut und fertig. Dann wird man feststellen, dass man nicht jemand anders ist und sonst nicht wahnsinnig viel lernen.

Man kann in naher Zukunft schon einiges lernen, weil Lebewesen so wundervoll Top-Down organisiert sind. Wenn du z.B. ein bisschen Lysergsäurediethylamid dazugibst, dann geht nicht einfach alles kaputt, sondern es eröffnen sich vollkommen neue Bewusstseinszustände (weiß ich natürlich nur aus Berichten). Ähnlich aufschlussreich sind manche Läsionen. Allein durch Beobachtung der Effekte kann man vieles lernen über das Bewusstsein oder was man dafür hält.

In ferner Zukunft kann man vielleicht Gehirne kopieren und auf deterministischer Hardware laufen lassen. Dann kann man sehen, wie Bewusstseinszustände und das "Programm" zusammenhängen, und man kann reproduzierbare Untersuchungen anstellen, welcher Zustand wodurch repräsentiert wird. Man kann in einem Gehirn Muster identifizieren, die bestimmten Aspekten von "Bewusstsein" zuzuordnen sind, in andere Gehirne übertragen und nachprüfen, ob die selben Introspektionsergebnisse berichtet werden. Man kann sogar die Grenzen zwischen Individuen aufweichen, indem man zwischen Gehirnen interpoliert. Oder aus einem Individuum verschiedene machen, indem man kontrolliert extrapoliert.

Die Evolutionsbiologie wird vermutlich auch noch das "Warum" liefern, wieso also ein intelligentes soziales Wesen wie der Mensch Introspektion entwickelt und sich selbst als Betrachter wahrnimmt. Und auch aus welchen ursprünglichen Gehirnfunktionen das entstanden ist.

Und nochmal: Ich sage nicht, dass das alles passieren wird, und ich rede auch nicht von ethischen Fragen. Ich zeige nur auf, dass sehr viel mehr möglich ist als "ich beobachte dich und wundere mich". Und ich argumentiere nicht, dass man auf diese oder ähnliche Weise zu einem vollständigen Verständnis des Bewusstseins gelangen wird, das muss ich auch nicht. Aber ich denke, es ist offensichtlich, dass man heute keine prinzipiellen Hürden für ein solches Unterfangen belegen kann.


Zitat:
Ich habe nie behauptet, dass diese Kategorien wissenschaftlich wären. Aber nicht alles, was unwissenschaftlich ist, ist auch prinzipiell Mumpitz; es ist nur im wissenschaftlichen Kontext Mumpitz. Deswegen kann ich sie im wissenschaftlichen Kontext verwerfen, aber nicht, weil ich sie für nicht existent halte, sondern weil ich mir klar mache, dass sie der wissenschaftlichen Methode nicht zugänglich sind.

Damit habe ich die Argumentation hoffentlich geliefert.
Nein. Wenn etwas im wissenschaftlichen Kontext Mumpitz ist, dann ist es Mumpitz. Vermutlich, weil es nicht existiert. Wenn nachgewiesen dass in allen Gehirnen dasselbe vor sich geht, wenn man die Farbe Rot sieht, und die Funktion davon verstanden ist, dann ist es gut. Kein Mensch braucht dann irgendwelche "Qualia".
Es wird noch Leute geben, die damit nicht zufrieden sind und behaupten, dass das nur Beschreibungen wären und man nicht erklären könne, was der Eindruck "Rot" "wirklich ist". Genau so, wie das heute auch Leute von der Gravitationstheorie, den Relativitätstheorien oder der klassischen Mechanik behaupten. Das ist nichts neues.
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  #5  
Alt 15.01.22, 05:56
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Ich habe das Gefühl dass du hier den komischen Philosophen nacheiferst, die von Zeit zu Zeit das Physikerboard heimsuchen. Du machst m. E. (und sorry, wenn ich das so krass sage) aus einem Mangel an Phantasie eine vermeintliche Denknotwendigkeit.
Das ist nun derart ad hominem, dass es ich es eigentlich nicht nötig habe, darauf zu antworten. Da ich aber immer noch davon ausgehe, dass es nicht mein Mangel an Phantasie ist sondern nur meine unzureichende Darstellung meiner Gedankengänge (nicht dein Mangel an Phantasie, sich Rechenschaft über einen blinden Fleck abzulegen) versuche ich es nochmal.

Nur so viel: ich habe mich über Jahre recht intensiv mit dem Phänomen Bewusstsein auseinandergesetzt und dazu tatsächlich einige komische Philosophen gelesen; Popper und Searle zum Beispiel. Dass die auch im Physikerboard schreiben, wusste ich nicht.

Ok. Jetzt wieder normal?

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Man kann in naher Zukunft schon einiges lernen, weil Lebewesen so wundervoll Top-Down organisiert sind. Wenn du z.B. ein bisschen Lysergsäurediethylamid dazugibst, dann geht nicht einfach alles kaputt, sondern es eröffnen sich vollkommen neue Bewusstseinszustände (weiß ich natürlich nur aus Berichten). Ähnlich aufschlussreich sind manche Läsionen. Allein durch Beobachtung der Effekte kann man vieles lernen über das Bewusstsein oder was man dafür hält.

In ferner Zukunft kann man vielleicht Gehirne kopieren und auf deterministischer Hardware laufen lassen. Dann kann man sehen, wie Bewusstseinszustände und das "Programm" zusammenhängen, und man kann reproduzierbare Untersuchungen anstellen, welcher Zustand wodurch repräsentiert wird. Man kann in einem Gehirn Muster identifizieren, die bestimmten Aspekten von "Bewusstsein" zuzuordnen sind, in andere Gehirne übertragen und nachprüfen, ob die selben Introspektionsergebnisse berichtet werden. Man kann sogar die Grenzen zwischen Individuen aufweichen, indem man zwischen Gehirnen interpoliert. Oder aus einem Individuum verschiedene machen, indem man kontrolliert extrapoliert.

Die Evolutionsbiologie wird vermutlich auch noch das "Warum" liefern, wieso also ein intelligentes soziales Wesen wie der Mensch Introspektion entwickelt und sich selbst als Betrachter wahrnimmt. Und auch aus welchen ursprünglichen Gehirnfunktionen das entstanden ist.
Völlig richtig, stelle ich nicht in Abrede. Diese rein funktionale Ebene des Bewusstseins ist sehr wahrscheinlich biochemisch und mathematisch erfassbar und objektivierbar. In Teilen ist das bereits heute der Fall.

All das erfasst jedoch nicht die Essenz des Phänomens Bewusstsein, wie es sich für mich anfühlt, sich meiner bewusst zu sein. Dieses Phänomen entzieht sich den von dir genannten Methoden, und es ist prinzipiell rein subjektiv und nicht objektivierbar. Wenn zur wissenschaftlichen Methode jedoch die Objektivierbarkeit gehört, dann entzieht sich dieses rein subjektive Phänomen dieser Methode; das sagt wenig über das Phänomen aus, sondern vielmehr etwas über einen blinden Fleck der Methode im Falle der Introspektion. Damit bleibt für einen Naturwissenschaftler die Möglichkeit der logischen Konsequenz, dass Bewusstsein vollumfänglich als emergentes Phänomen auf biochemischen Prozessen basiert und mathematischen Algorithmen in gewisser Weise vollständig äquivalent ist, sich jedoch gerade im Falle der subjektiven Wahrnehmung - das, was im Kern für mich mein Bewusstsein ausmacht - gleichzeitig der wissenschaftlichen Erkenntnis entzieht.

Bitte denke mal darüber nach.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wenn etwas im wissenschaftlichen Kontext Mumpitz ist, dann ist es Mumpitz.
Nicht logisch zwingend.

Es kann sich um ein Phänomen handeln, das sich im blinden Fleck dieser Methode befindet. Und dass so ein blinder Fleck existiert, legt deine Argumentation ja nahe, solange du dich weigerst, ihn zumindest als mögliche Hypothese zu akzeptieren und zu überlegen, was sich dann eventuell anders darstellen würde.

  • Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können.
  • Es ist die Methode, kühne Hypothesen aufzustellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Versuche mal, dies auf Introspektion und Qualia anzuwenden. Wenn es dir gelingt, lasse ich mich gerne davon überzeugen, dass “kein Mensch dann irgendwelche Qualia braucht”. Mir ist es bisher nicht gelungen, und ich habe keine Argumente gesehen, die nicht einen Kategoriefehler oder blinden Fleck enthalten hätten. Für mich ist daher die Aussage, dass es keine Qualia gäbe, im Popperschen Sinne unwissenschaftlich und dogmatisch. Deswegen mache ich sie mir nicht zu eigen und akzeptiere lieber die logisch mögliche Konsequenz, dass der Platzhalter “Qualia” für das stehen könnte, was sich unserem wissenschaftlichen Verständnis insofern entzieht, als es uns als rein subjektiv als irreduzibel erscheint.
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Ge?ndert von TomS (15.01.22 um 08:03 Uhr)
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  #6  
Alt 15.01.22, 08:52
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Geku Geku ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Dieser Linke passt sehr gut zu dieser Diskussion: https://www.spektrum.de/magazin/wie-...stsein/1432030

Interessantes Interview mit Giulio Tononi on Consciousness and Phi: https://youtu.be/huxh9YCL5nM © 2019 www.dasGehirn.info
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Ge?ndert von Geku (15.01.22 um 17:30 Uhr)
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  #7  
Alt 15.01.22, 09:09
Hawkwind Hawkwind ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Geku Beitrag anzeigen
Dieser Linke passt sehr gut zu dieser Diskussion: https://www.spektrum.de/magazin/wie-...stsein/1432030
Interessanter Link auf eine Einschätzung aus dem Jahr 1872:
"Wie das Bewusstsein entsteht, so argumentiert du Bois-Reymond, könne nie vollständig aus den materiellen Gegebenheiten heraus verstanden werden. Dabei appelliert er an die Intuition seiner Zuhörerschaft: Subjektive Erlebnisse wie das Fühlen eines Schmerzes, die Wahrnehmung eines bestimmten Geruchs oder unser Ich-Empfinden könnten unmöglich nur durch physikalische Vorgänge im Gehirn entstehen. Daher stoße man bei Fragen nach Bewusstsein und Subjektivität an eine prinzipielle Grenze wissenschaftlicher Erkenntnis. ..."
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  #8  
Alt 15.01.22, 09:17
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TomS TomS ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von Geku Beitrag anzeigen
Dieser Linke passt sehr gut zu dieser Diskussion: https://www.spektrum.de/magazin/wie-...stsein/1432030
Danke!

Zitat:
Wie das Bewusstsein entsteht, so argumentiert du Bois-Reymond, könne nie vollständig aus den materiellen Gegebenheiten heraus verstanden werden.
Das ist genau die Ansicht, die ich oben versucht habe darzulegen.

Zitat:
Subjektive Erlebnisse wie das Fühlen eines Schmerzes, die Wahrnehmung eines bestimmten Geruchs oder unser Ich-Empfinden könnten unmöglich nur durch physikalische Vorgänge im Gehirn entstehen.
Und das ist logisch nicht zwingend. Es ist durchaus möglich und meiner Meinung nach sogar plausibel, das subjektives Erleben nur aus physikalischen Vorgänge im Gehirn entsteht, dass wir jedoch nie in der Lage sein werden, dies im wissenschaftlichen Sinne zu verstehen.

Mit anderen Worten: mir geht es nicht um eine unabhängige Res Cogitans sondern um die Einsicht in mögliche - meiner Meinung nach naheliegende Existenz eines blinden Flecks, letztlich begründet in Introspektion und Selbstbezüglichkeit.

Ich denke, man kann das noch anders plausibilisieren. Nehmen wir an, unser Verstand sei letztlich ein genügend mächtiger Algorithmus. Dann ist es nach Gödel klar, dass er sich selbst in seiner Funktionalität nicht bzw. zumindest nicht vollständig verstehen kann.
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Ge?ndert von TomS (16.01.22 um 10:40 Uhr)
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  #9  
Alt 17.01.22, 16:12
Ich Ich ist offline
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Standard AW: Abweichungen und Möglichkeiten in einem Multiversum?

Zitat:
Zitat von TomS Beitrag anzeigen
Das ist nun derart ad hominem, dass es ich es eigentlich nicht nötig habe, darauf zu antworten. Da ich aber immer noch davon ausgehe, dass es nicht mein Mangel an Phantasie ist sondern nur meine unzureichende Darstellung meiner Gedankengänge (nicht dein Mangel an Phantasie, sich Rechenschaft über einen blinden Fleck abzulegen) versuche ich es nochmal.
Da muss ich dir schon Recht geben, dich mit denen in einen Topf zu werfen war ungerecht und unnötig.
Der Kern des Vorwurfs: Seit Jahrhunderten hören wir aus der Philosopie von "denknotwendigen" Dingen. Für Kant z.B. der euklidische Raum, und die Rezepztion der SRT in den verschiedenen philosophischen Denkrichtungen spricht Bände - von Aristoteles ganz zu schweigen. Mit dem vorgeworfenen "Mangel an Phantasie" bist du also in bester Gesellschaft. Dass man sich keinen gekrümmten Raum oder relative Gleichzeitigkeit vorstellen konnte - der "Mangel an Phantasie" - ist auch kein Vorwurf. Da halte ich mich natürlich auch nicht für schlauer.
Aber es ist ja gerade das schöne an der Physik, dass uns die Natur wieder und wieder eines Besseren belehrt, wenn wir glauben, das Unvorstellbare sei unmöglich.
Und in dieser Frage hatte ich eben den Eindruck, dass du aus einer philosophischen Tradition heraus argumentierst, nicht einer physikalisch-wissenschaftlichen. Ich denke, da wirst du mir auch zustimmen. Ich wollte darauf hinweisen, dass in dieser Tradition die größten Geister in schöner Regelmäßigkeit ins Klo gegriffen haben, wenn sie etwas kategorisch ausschlossen.
Zitat:
All das erfasst jedoch nicht die Essenz des Phänomens Bewusstsein, wie es sich für mich anfühlt, sich meiner bewusst zu sein. Dieses Phänomen entzieht sich den von dir genannten Methoden, und es ist prinzipiell rein subjektiv und nicht objektivierbar.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Wir reden von Eigenschaften eines Algorithmus - und die sollen der wissenschaftlichen Methode nicht zugänglich sein?
Mal folgenden denkbare Szenario:
Man kann identische Subjekte beliebig oft parallel laufen lassen. Man kann Aspekter der postulierten Eigenschaft "Bewusstsein" identifizieren, verstehen, modifizieren und ggf. quantifizieren. Man diese Aspekte auf ähnliche Algorithmen übertragen, so wie mit dem Zauberstab bei Harry Potter. Man kann die Subjekte in ihren Eigenschaften verändern, vielleicht z.B. Interpolationen zwischen verschiedenen Menschen schaffen, was die Überrtragbarkeit von Erfahrungen auch zwischen nicht so ähnlichen Menschen/Algorithmen möglich macht.
Wo in diesem Szenario ist das Subjektive nicht Gegenstand der wissenschaftlichen Methode? Natürlich kann diese Forschung nicht auf Atome und Moleküle runterreduziert werden, das hat hier genau so wenig Sinn wie bei vielen anderen Froschungszweigung. Und das "vollumfängliche" Verstehen eines Bewusstseinsaspekts mag für ein menschliches Gehirn zu komplex sein, das könnten vielleicht nur AIs. Aber Gefühle und Erlebnisse wären definitiv Gegenstand der Forschung - bis auf eine Untermenge der Größe Null, die sich durch das nicht präzisierbare Attribut, dass es das "wirkliche" Erleben sei, auszeichnet.


Zitat:
Für mich ist daher die Aussage, dass es keine Qualia gäbe, im Popperschen Sinne unwissenschaftlich und dogmatisch. Deswegen mache ich sie mir nicht zu eigen und akzeptiere lieber die logisch mögliche Konsequenz, dass der Platzhalter “Qualia” für das stehen könnte, was sich unserem wissenschaftlichen Verständnis insofern entzieht, als es uns als rein subjektiv als irreduzibel erscheint.
Langsam: Allein die Forderung, die Nichtexistenz einer (ausgedachten oder auch echten) Entität zu beweisen, ist unwissenschaftlich, nach Russell und auch nach Popper. Und ich habe auch nicht vor, die Nichtextstenz schwammig definierter, der wissenschaftlichen Methode angeblich nicht zugänglicher Entitäten zu widerlegen. Ich bis es ja nicht, der diese Dinge kategorisch ausschließst*, aber du bist es der ihre Existenz behauptet, du bist in der Beweispflicht. Meine Gegenbeispiele sollen nur dazu dienen, anschaulich zu machen, dass auch das Subjektive grundsätzlich wissenschaftlich erforscht (also objektivierbar gemacht) werden kann.

*Natürlich schließe ich sie aus, keine Frage. Aber nicht kategorisch: Wenn man mir irgendwie beweisen könnte, dass da 1) tatsächlich etwas ist, das 2) nicht der wissenschaftlichen Methode zugänglich ist, dann bin ich bereit zu folgen. Aber dazu müsstest du (nicht ich) dieses Etwas präzise genug formulieren, dass man ausschließen kann, dass es nicht nichts ist. Und trotzdem nicht wissenschaftlich untersucht werden kann.
Dieser Existenzbeweis kann m.E. zum jetzigen Zeitpunkt nicht geführt werden, wo man noch fast gar keine Ahnung von diesen Dingen hat.
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  #10  
Alt 18.01.22, 01:01
Benutzerbild von TomS
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Zitat:
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Da muss ich dir schon Recht geben, dich mit denen in einen Topf zu werfen war ungerecht und unnötig.
Danke

Zitat:
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Der Kern des Vorwurfs: Seit Jahrhunderten hören wir aus der Philosophie von "denknotwendigen" Dingen. Für Kant z.B. der euklidische Raum, und die Rezeption der SRT in den verschiedenen philosophischen Denkrichtungen spricht Bände - von Aristoteles ganz zu schweigen … in dieser Frage hatte ich eben den Eindruck, dass du aus einer philosophischen Tradition heraus argumentierst, nicht einer physikalisch-wissenschaftlichen. Ich denke, da wirst du mir auch zustimmen.
Nein

Ich habe zwei Gründe genannt, die nicht auf Traditionen zurückgehen.

Das erste Argument noch eher; es ist sicher nicht neu, entspringt jedoch nicht nur der Tradition, sondern auch eigenem gründlichen Nachdenken: Essentielle Aspekte und Phänomene meines Bewusstseins sind ausschließlich mir persönlich zugänglich und daher rein subjektiv. Man kann zwar (möglicherweise) eine objektive, mathematisch präzise Theorie formulieren, man kann jedoch gewisse Aussagen im Rahmen der Theorie, die sich auf diese rein subjektiven Phänomene beziehen, nicht objektiv testen; das kann nur jeder einzelne für sich selbst.

Alles weitere siehe die folgende Argumentation.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Wir reden von Eigenschaften eines Algorithmus - und die sollen der wissenschaftlichen Methode nicht zugänglich sein?
Ein Algorithmus und einige seiner Eigenschaften sind der wissenschaftlichen Methode natürlich zugänglich.

Aussagen über das Bewusstsein können aus zwei Perspektiven untersucht werden, der objektiven funktionalen Außensicht sowie der subjektiven Innensicht. Zu letzterer gehören Aussagen wie „diese KI hat Bewusstsein“ oder „diese KI empfindet Scham“; zu erster dagegen Aussagen wie „diese KI verhält sich entsprechen unseres algorithmischen Modells, wenn dessen Zustand das Attribut Scham enthält“.

Alleine die KI selbst kann – möglicherweise – ihre eigenen „mentalen Zustände“ in den Blick nehmen und uns über ihre Zustände Informationen zukommen lassen. Wir können aus der Außensicht jedoch nicht überprüfen, ob die KI tatsächlich Scham empfindet, d.h. ob es sich für sie so anfühlt wie für uns, Scham zu empfinden.

Nun gibt es Philosophen, die ein „Sein hinter den Erscheinungen“ schlicht leugnen. Der von dir kritisierte Kant hat dafür aber – m.E. zurecht – den Begriff „Ding an sich“ geprägt, sozusagen als Platzhalter; in ähnlicher Weise verwendet man in der Philosophie des Geistes den Begriff „Quale“ für dieses „ich empfinde Scham“. Dass mir diese mentalen Zustände ausschließlich subjektiv zugänglich sind, ist m.E. naheliegend; objektiv zugänglich sind dagegen nur Phänomene wie „er verhält sich, als ob er Scham empfindet“.

Da man die Existenz dieser mentalen Zustände oder „Qualia“ weder logisch noch empirisch ausschließen kann, halte ich es für sinnvoll, sie zunächst als Platzhalter in einer Theorie zu behalten und sie später möglicherweise als inhaltsleer zu entlarven; ich kann jedoch keine Argumente erkennen, die dies logisch konsistent oder plausibel bewerkstelligen. Im Gegenteil, ich sehe eine dogmatische Position des Positivismus, aus der heraus „nicht objektiv erscheinende Phänomene“ schlicht geleugnet werden. Ich sehe Sprachphilosophen, die die Ablehnung eines – noch – unpräzisen Terminus mit seiner Nichtexistenz verwechseln. Ich sehe die Behauptung, „mentale Zustände seien mit neurobiologischen Zuständen identisch“, daher könne man den Begriff der „mentalen Zustände“ oder „Qualia“ getrost eliminieren. Allein, es bleibt eine Behauptung oder Hypothese.

Hätten wir ein vollumfänglich entwickeltes algorithmisches Modell des Bewusstseins, das alle Aspekte mentaler Zustände abbildet, so würde sich an der prinzipiellen nicht-Testbarkeit nicht das geringste ändern. Das Zuschreiben subjektiver mentaler Zustände aufgrund objektiv sichtbarer Phänomene ist rein logisch nicht zu rechtfertigen. Daher bleibt die These der Identität von mentalen und neurobiologischen Zuständen auch dann unbeweisbar und unwiderlegbar.

Beispiel Äther: dieser Begriff wurde nicht dogmatisch verworfen, sondern auf Basis eines präzisen Formalismus sowie dessen Überprüfung eliminiert. Nun haben wir jedoch für mentale Zustände wie „ich empfinde Scham“ weder einen präzisen Formalismus noch einen objektiven Test. Also hat ein Platzhalter wie „mentale Zustände“ oder „Qualia“ zunächst durchaus seine Berechtigung.

Beispiel Proton: dieser Begriff wird auch nach Entwicklung der QCD und dem Nachweis von Quarks und Gluonen gerne verwendet.

Wie weiter oben beschrieben bedeutet dies alles keineswegs, dass die simple Hypothese „geeignete künstliche neuronale Netze entwickeln Bewusstsein und haben mentaler Zustände wie Scham“ falsch sein muss. Sie ist für mich sogar plausibel, jedoch in wesentlichen Aspekten eben nicht testbar. Dies gilt analog für die Hypothese „das menschliche Bewusstsein entsteht alleine auf Basis biochemischer Prozesse“.

Umgekehrt ist für mich als Naturwissenschaftler die Hypothese „künstliche neuronale Netze können prinzipiell kein Bewusstsein entwickeln und haben keine mentalen Zustände wie Scham“ unplausibel, jedoch nicht widerlegbar. Dies gilt analog für die Hypothese „das menschliche Bewusstsein entsteht nicht alleine auf Basis biochemischer Prozesse“.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Gefühle und Erlebnisse wären definitiv Gegenstand der Forschung – bis auf eine Untermenge der Größe Null, die sich durch das nicht präzisierbare Attribut, dass es das "wirkliche" Erleben sei, auszeichnet.
Aber für Gefühle und Erlebnisse hast du ein auf einer sigma-Algebra definiertes Maß

Es kommt doch auf die Perspektive an. Wenn ich Bewusstsein aus der Innenperspektive verstehen möchte, dann streite ich deine Aussage der "Untermenge der Größe Null" rundweg ab. Wenn ich die Außenperspektive einnehme, dann stimme ich dir eher zu.

Nur – ganz persönlich interessiert mich im Falle des Bewusstseins ganz besonders die Innenperspektive.

Zitat:
Zitat von Ich Beitrag anzeigen
Und ich habe auch nicht vor, die Nichtexistenz schwammig definierter, der wissenschaftlichen Methode angeblich nicht zugänglicher Entitäten zu widerlegen. Ich bin es ja nicht, der diese Dinge kategorisch ausschließt*, aber du bist es der ihre Existenz behauptet, du bist in der Beweispflicht.
Ich behaupte nicht ihre Existenz, ich lasse sie als Denkmöglichkeit zu und verwende sie als Platzhalter. Ich hoffe, das ist nun klar geworden.

Hätten wir ein vollumfängliches mathematisches Modell unseres Bewusstseins, ausgehend von physikalischen Prozessen bis hin zu mentalen Zuständen, so wären „Qualia“ der Platzhalter für uns subjektiv irreduzibel erscheinende Zustände wie „ich empfinde Scham“, die jedoch gemäß Modell reduzibel sind.

Selbst dann würden wir wahrscheinlich gut daran tun, diese Begriffe nicht zu eliminieren (siehe oben das arme Proton).

Zitat:
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*Natürlich schließe ich sie aus, keine Frage. Aber nicht kategorisch: Wenn man mir irgendwie beweisen könnte, dass da 1) tatsächlich etwas ist, das 2) nicht der wissenschaftlichen Methode zugänglich ist, dann bin ich bereit zu folgen. Aber dazu müsstest du (nicht ich) dieses Etwas präzise genug formulieren, dass man ausschließen kann, dass es nicht nichts ist.
Ich hoffe, meine Position ist klar geworden. Es geht nicht um den Beweis der Existenz einer neuartigen Entität, sondern um einen Begriff, der bestimmte mentale Zustände bezeichnet, die uns gegeben sind, für die wir jedoch keine Erklärung haben.

Eine Diskussion um ein ungelöstes Problem kann nur dann zu vernünftigen Ergebnissen führen, wenn man Probleme benennt, jedoch nicht, wenn man bereits Pickel bekommt, wenn man Problemen Namen gibt – „Qualia“, „Messproblem“ …

Nun zum zweiten Argument: unter der Annahme, dass der Verstand einer universellen Turingmaschine äquivalent ist – das wäre für den Verstand einer auf RNNs basierenden KI sogar beweisbar – ist nach Gödel nicht jede Frage, die dieses Bewusstsein formulieren kann, auch im Kontext dieses Verstandes beantwortbar. Wenn also die Hypothese bzgl. des Verstandes der KI zutrifft, und wenn wir diese Diskussion so präzise formalisieren können, dass unser Verstand bzw. eine KI sie parsen kann, dann haben wir diese Diskussion zugleich einer objektiven Methode zugänglich gemacht und sie in ein formales System übersetzt, von dem wir sicher wissen, dass darin bestimmte Fragen bzgl. dieses formalen Systems unbeantwortbar sind, sich also aller durch das formale System zugänglichen Methoden entziehen. Kurz: wenn unser Verstand algorithmisch arbeitet, kann er seinen Algorithmus nicht vollumfänglich verstehen. Bingo.

Natürlich kann ich ohne Kenntnis des formalen Systems nicht mal ansatzweise Aussagen konstruieren, die anfällig für dieses Problem sind; auch in der Mathematik sind wenige derartige Aussagen bekannt, und sie sind beileibe nicht einfach zu verstehen. Die Argumentation soll lediglich dazu dienen, zu zeigen, dass für einen algorithmischen Verstand Grenzen der Erkenntnis existieren, und dass es plausibel ist, dass diese gerade das Wesen des Verstandes betreffen. Bewusstseins als selbstbezügliche funktionale Einheit eines solchen Verstandes ist dafür wohl besonders anfällig.

Es bleibt – zumindest für mich – die Einsicht, dass Bewusstsein zugleich vollständig algorithmisch formalisierbar sein kann, der Algorithmus selbst dennoch nicht ermittelbar und für uns verstehbar ist. Das ist für mich die momentan plausibelste Einkreisung des Themenkomplexes. Eine dualistische Sichtweise mit einer unabhängigen Instanz „Geist“ lehne ich ab, obwohl ich sie nicht logisch ausschließen kann. Diverse verkürzende Sichtweisen lehne ich ebenfalls ab, insofern sie Problemen eher verbieten denn diskutieren wollen.
__________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.

Ge?ndert von TomS (18.01.22 um 07:29 Uhr)
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