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Der Apfel hüpft nicht weit vom Stamm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Birgit Bomfleur, ScienceUp Sturm und Bomfleur GbR,
In jüngster Zeit haben zwei Forschergruppen in Aufnahmen weit entfernter Galaxien nach
Zeichen gesucht, welche die Quantelung von Raum und Zeit belegen sollten. Diese Quantelung ist
das Resultat des Versuchs, eine Brücke zwischen Quantentheorie und Einsteins allgemeiner
Relativitätstheorie zu schlagen. Die neue Theorie nennt man Quantengravitation. Danach
fließt die Zeit nicht wie bisher angenommen stetig, sondern in kleinen Sprüngen,
und der Raum besitzt eine körnige Struktur. Ergebnis der Untersuchung: negativ. Die
Forscher stellten somit die Quantelung von Raum und Zeit in Frage. Kritiker dieser Schlussfolgerung
reagierten sofort. Vorneweg: die Gravitation
Ein Wasserstoff-Atom, in dem nur Gravitationskräfte wirken, wäre etwa 100-mal
größer als das sichtbare Universum. So wundert es keinen, dass die Gravitation in der
Quantentheorie vernachlässigt wird. Doch ein Atom kommt selten allein. Haben sich erst mal
genügend Atome und Moleküle zusammengetan, macht sich die Gravitation deutlich bemerkbar.
Zum Glück - sonst würden wir alle reihenweise von der Erde plumpsen. Mit steigender Anzahl
der Atome werden die Quanteneffekte kleiner - so winzig klein, dass wir sie in unserer Alltagswelt
schon nicht mehr wahr nehmen. Haben wir uns in die unendlichen Weiten des Weltalls vorgewagt, gelten
die Gesetze der allgemeinen Relativitätstheorie zur Beschreibung der Gravitation. Die Theorie der Quantengravitation ist der Versuch, die Quantentheorie mit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie in Einklang zu bringen. Es gibt dafür verschiedene Ansätze. Und die meisten sagen Erstaunliches voraus: Auch Raum und Zeit sind gequantelt. Die Zeit läuft nicht kontinuierlich, sondern hüpft in kleinen Intervallen - vergleichbar mit den rieselnden Körnern einer Sanduhr. Nach der Aussage von Fotini Markopoulo, einer jungen Theoretikerin, die an der vordersten Front der Quantengravitation forscht [1], besteht die Zeit aus winzigen, unteilbaren Zeitatomen [2]. Der Raum hingegen ist körnig wie eine schlechte Fotografie - oder löchrig wie ein Sieb. Ein Objekt bewegt sich also hüpfend durch die gequantelte Raumzeit. In der Praxis: Die Maß Bier, die ich jetzt im Biergarten trinken würde, säße ich nicht an diesem Artikel, würde in kleine Portionen, den Bierquanten, meine trockene Kehle herunter rieseln. Die Quanten von Raum und Zeit sind winzig klein, deshalb sieht unser Weltall auch nicht wie einer schlechten Fotografie aus. Sie sind so klein, dass ihre Existenz bisher experimentell nicht bestätigt werden konnte. Gravitation ist aber nicht alles, es gibt noch weitere Kräfte - auch wenn die Gravitation auf den ersten Blick die schmerzhafteste sein mag. Eine gute Theorie sollte alle Kräfte beschreiben. Um uns in dem Dschungel aus Relativität und Quanten, Gravitation und anderen Kräften nicht zu verirren, wollen wir uns einen Überblick verschaffen. Und jetzt: alle vier KräfteZuerst einmal ein kurzer Überblick über die verschiedenen Kräfte, die durch die physikalischen Theorien beschrieben werden sollen. Wir kennen heute vier verschiedene Kräfte - man spricht im Allgemeinen von Wechselwirkungen. Die elektromagnetischen Wechselwirkungen beschreiben Kraftwirkungen und Umwandlungen, die von elektrischen Ladungen ausgehen und über das elektromagnetische Feld übertragen oder auch verursacht werden. Für radioaktive Prozesse oder Umwandlungen bei der Energieerzeugung im Inneren von Sternen ist die schwache Wechselwirkung verantwortlich. Die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung können zur elektroschwachen Wechselwirkung vereint werden. Die dritte Kategorie ist die starke Wechselwirkung, welche die Quarks im Proton und Neutron sowie die Protonen und Neutronen im Atomkern zusammenhält. Die Gravitation ist eigentlich die schwächste aller Kräfte. Dabei nehmen wir diese am deutlichsten wahr - man erinnere sich nur an die Schmerzen, die wir bei einen Sturz vom Fahrrad spüren. Der Grund ist, dass die Gravitation als einzige Kraft nur anziehend wirkt. Da es nur eine Gravitationsladung - die Masse - gibt, können sich diese auch nicht gegenseitig kompensieren, wie z.B. die positiven und negativen Ladungen der elektromagnetischen Wechselwirkung. Zusammen mit ihrer relativ großen Reichweite bestimmt die Gravitation somit den Aufbau unseres Universums im Großen.
Doch welche Theorie beschreibt nun welche Wechselwirkung? Unsere heutige Physik basiert im Wesentlichen
auf zwei Theorien: der Relativitätstheorie und der Quantentheorie. Dabei agiert die
Relativitätstheorie überwiegend im Großen, bei der Beschreibung des Universums
oder der Planetenbewegung. Die Quantentheorie hingegen beschreibt überwiegend das Kleine,
also Atome oder Moleküle. Die Existenz zweier Theorien deutet schon darauf hin, dass keine
alleine die endgültige Beschreibung aller Naturphänomene liefern kann. Eine solche
Theorie muss vielmehr die Quantentheorie und die Relativitätstheorie vereinen. Bei allen
Wechselwirkungen außer der Gravitation ist eine Vereinigung schon gelungen. RelativitätstheorieSpezielle Relativitätstheorie (1905)Nach der von Einstein entwickelten speziellen Relativitätstheorie müssen die physikalischen Gesetze für alle Beobachter in freier Bewegung gleich erscheinen. Die Lichtgeschwindigkeit c ist - unabhängig von der Bewegung des Beobachters und der Ausbreitungsrichtung des Lichts - konstant. Die Relativitätstheorie unterscheidet nicht zwischen Raum- und Zeitkoordinaten. Raum und Zeit bilden ein vierdimensionales Kontinuum, die Raumzeit. Aus der speziellen Relativitätstheorie ergibt sich z.B. die Zeitdilatation (jeder hat seine eigene Zeit) oder die Äquivalenz von Energie und Masse, ausgedrückt durch die berühmte Formel E = mc2. Die spezielle Relativitätstheorie liefert eine gute Beschreibung des Elektromagnetismus, steht aber im Widerspruch zur Newtonschen Gravitationstheorie. Nach Newton bewirkt eine Veränderung der Massenverteilung im Universum eine gleichzeitige Änderung des Gravitationsfeldes. Die Wirkung würde sich also schneller als Lichtgeschwindigkeit übertragen - das ist aber in der Relativitätstheorie ausgeschlossen. Allgemeine Relativitätstheorie (1916)
Die Erweiterung der speziellen Relativitätstheorie beschreibt auch die Gravitation. In der
allgemeinen Relativitätstheorie ist die Geometrie der Raumzeit nicht flach, sondern
gekrümmt. Masse und Energie verzerren die Raumzeit. Raum und Zeit sind sozusagen Produkte der
Materie, die Gravitation ist das Resultat der Raumzeitkrümmung.
Einsteins allgemeine Relativitätstheorie beschreibt die Schwerkraft und den Aufbau des Universums
im Großen und ist vor allem bei großen Geschwindigkeiten oder großen Massen wichtig.
Sie sagt voraus, dass sich unser Universum entweder ausdehnt oder zusammenzieht. Aufgrund von
Experimenten wissen wir, dass es sich ausdehnt. Andere Galaxien bewegen sich umso schneller
von uns fort, je weiter sie entfernt sind. Die am weitesten sichtbaren Objekte sind zirka 10
Milliarden Lichtjahre von uns entfernt und rasen mit etwa 90% der Lichtgeschwindigkeit von uns
fort. Quantentheorie (1900)Die Quantentheorie beschäftigt sich mit Erscheinungen in Bereichen sehr geringer Ausdehnung. Statt Sterne oder Planeten bestehen die Zutaten aus Elektronen, Protonen oder so exotischen subatomaren Partikeln wie Quarks und Leptonen. Auslöser für die Entwicklung der Quantentheorie war Max Planck: Er stellte die Auffassung von Licht als Welle in Frage. Die Eigenschaften der Strahlung eines rot glühenden Körpers lassen sich erklären, wenn Licht nur in diskreten Portionen (Quanten) abgegeben werden kann. Diese Lichtquanten nennt man Photonen. Wie sich später herausstellte, besitzt nicht nur Licht Teilcheneigenschaften. Umgekehrt besitzen auch typische Teilchen wie Elektronen Welleneigenschaften (Wellen-Teilchen-Dualismus). Das volle Ausmaß der Quantentheorie wurde erst deutlich, nachdem Heisenberg seine berühmte Unschärferelation formulierte. Sie besagt, dass der Ort x und der Impuls px eines Teilchens nicht gleichzeitig exakt gemessen werden können. Das Produkt der Unschärfe des Ortes und des Impulses ist immer größer als das Plancksche Wirkungsquantum . Je genauer man den Ort bestimmt, desto unbestimmter ist der Impuls und umgekehrt. Sie legt der Genauigkeit der Messung einer einzelnen Eigenschaft, z.B. dem Ort, jedoch keine untere Grenze auf. QuantenmechanikDie Quantenmechanik ist ein Teilgebiet der Quantentheorie und beschreibt die Bewegung kleiner Teilchen wie z.B. der Elektronen in den Atomen. Sie eignet sich gut, um den Aufbau von Atomen oder Molekülen zu beschreiben. Die Wechselwirkung von Atomen oder Molekülen mit Licht wird jedoch halbklassisch beschrieben, indem das Licht weiterhin als Welle behandelt wird. Außerdem ist sie eine nichtrelativistische Theorie und kann somit nicht für schnelle Teilchen gelten. Eine korrekte Beschreibung der elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen mehreren Elementarteilchen erfolgt erst in den Quantenfeldtheorien. Relativistische Quantenfeldtheorie
Bei gleichzeitige Berücksichtigung von Quanteneffekten und spezieller Relativitätstheorie
gelangt man zu den relativistischen Quantenfeldtheorien.
Quantenfeldtheorien enthalten gleichzeitig die Naturkonstanten c und
. Im Gegensatz zur Quantenmechanik
werden auch die Felder quantisiert, also z.B. bei der Beschreibung der elektromagnetischen
Wechselwirkung das elektromagnetische Feld, das Licht. Die Wechselwirkungen zwischen den
Teilchen werden durch die Wechselwirkung von Austauschteilchen, den Feldquanten, vermittelt. Quantengravitation
Etwas schwieriger sieht es bei der Gravitation aus. Dickköpfig wehrt sie sich dagegen, ausgehend
von der allgemeinen Relativitätstheorie Quanteneffekte an sich heranzulassen. Aber ist das
überhaupt nötig? Schließlich finden die Krümmungen der Raumzeit - dies ist ja
die Ursache der Gravitation - auf einer riesigen und die Quanteneffekte auf einer winzigen
Größenskala statt. Doch es gibt auch Überschneidungen. Viele Physiker sind nun auf der Suche nach dieser Theorie der Quantengravitation. Zwar gehören der Urknall oder schwarze Löcher nicht gerade zu unserem Alltag, aber schließlich wollen wir wissen, ob wir in einem Universum leben, in dem sich Äpfel hüpfend bewegen. Hauptkandidaten für die neue Theorie sind die String-Theorie sowie die "Loop"-Quantengravitation. String-TheorieDie fundamentalen Objekte sind keine Teilchen, sondern eindimensionale Fäden, sogenannte Strings. Die Strings können Linien- oder Schleifenform haben. Ihre verschiedenen Schwingungszustände werden als unterschiedliche Teilchen interpretiert. Die String-Theorie, von der es mehrere Varianten gibt, wirft ein Problem auf: Wir leben nicht in einer vierdimensionalen (inklusive Zeit), sondern in einer zehn- oder höherdimensionalen Welt. Fragt sich, wo die restlichen Dimensionen abgeblieben sind. Man nimmt an, dass diese so stark gekrümmt sind, dass wir sie einfach nicht wahrnehmen. "Loop"-QuantengravitationUnsere Welt ist aus Schleifen aufgebaut, die zu Netzwerken verknüpft sind. Zeitliche Veränderungen entstehen dadurch, dass sich diese Netze umknüpfen. Auch hier gibt es mehrere vorläufige Varianten.
Die moderne Quantengravitation räumt mit unserer Vorstellung einer strukturlosen Raumzeit auf:
Raum und Zeit sind gequantelt. Danach hätte die Messgenauigkeit dieser Größen eine
untere Schranke. Die Quanten von Raum und Zeit lassen sich aus den Naturkonstanten c,
und G - diese ergeben sich aus der
Kombination der allgemeinen Relativitätstheorie (c und G) mit Quanteneffekten
() - berechnen.
G ist die Gravitationskonstante. Schon Planck entdeckte,
dass eine Kombination dieser drei Größen eine natürliche Skala ergibt. Man spricht
deshalb von der Planck-Skala. Mein Vorschlag zum Testen der Quantelung: schrumpfen. Ein normaler Heißwaschgang würde allerdings nicht ausreichen - wir müssten uns schon sehr heiß waschen. Erst wenn wir eine Größe von etwa 10-35m haben, könnten wir die Planck-Zeit als lang empfinden. Und dann könnten unsere Uhren die Quantelung der Zeit auch anzeigen.... Fotini Markopoulou setzt auf ein realistischeres Experiment [7]. In 2006 soll ein Satellit starten, um Gamma-Strahlen zu untersuchen, die von den größten bekannten Explosionen stammen. Ihr Ursprung liegt in sehr, sehr weit entfernten Galaxien, einige Milliarden Lichtjahre weit weg. Gemäß der Relativitätstheorie breiten sich alle Komponenten des Lichtes im Vakuum mit gleicher Geschwindigkeit aus. Wenn Raum-Zeit-Atome existieren, so scheinen die Photonen langsamer als Licht zu reisen, so Markopoulou. Je nach ihrer Energie werden die Photonen der Gamma-Strahlung durch die körnige Struktur mehr oder weniger beeinflusst - vergleichbar mit großen und kleinen Billardkugeln auf einem holprigen Billardtisch. Birgit Bomfleur
Literatur: Sie können auch eine PDF-Version dieses Artikels abrufen.
© 2003 ScienceUp Sturm und Bomfleur GbR, Alle Rechte vorbehalten. Nichtkommerzieller Nachdruck und Wiedergabe gestattet bei Quellenangabe
ScienceUp Sturm und Bomfleur GbR, www.ScienceUp.de Interesse bekommen? Als leichte Einführung in die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie empfehle ich folgendes Buch:
Frank Vermeulen:
"Lehrbücher sind langweilig! Und trotzdem wollen Sie endlich die
Relativitätstheorie verstehen? Dann "lauschen" Sie doch mal den
Gesprächen von Esther und Nils. Die 15jährige Esther ist nämlich ganz begierig,
alles über Albert Einsteins Theorie zu erfahren. Und dabei hilft ihr Nils. Nils ist einer der
Beobachter Einsteins. Diese wurden von Einstein in seinen Gedankenexperimenten in dahin rasende
Züge oder Raketen gesetzt, um die Aussagen seiner Theorie zu untersuchen. Nils kennt sich also
aus. In vielen spannenden Gesprächen macht er Esther mit
der Theorie vertraut. Esther versteht natürlich nicht alles auf Anhieb und stellt viele
Fragen - glüchlicherweise sind das meist genau die Fragen, auf die man selber gerade stieß. |